Das BAG hatte über die Auslegung einer Freistellungserklärung im Zusammenhang mit der Anrechnung von Urlaubstagen zu entscheiden.
Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Bankunternehmen, als Angestellter mit einem jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen beschäftigt. Mit Schreiben vom 13. November 2006 erklärte die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 31. März 2007. Mit Schreiben vom 13. November 2006 erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2007. In dem Schreiben heißt es unter anderem wie folgt:
„Sie werden ab sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubstage von Ihrer Arbeit unter Fortzahlung Ihrer Bezüge freigestellt.“
In dem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess entschied das Arbeitsgericht mit rechtskräftigem Urteil, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung der Beklagten nicht beendet worden. Der Kläger macht Resturlaub aus dem Jahr 2007 geltend. Er vertritt die Auffassung, die Beklagte habe ihm während der Kündigungsfrist neben dem aus 2006 resultierenden Urlaub allenfalls 7,5 Tage Urlaub für das Jahr 2007 gewährt. Dies entspreche dem Teilurlaub, den er nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 erworben habe.
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch die Entscheidung des LAG aufgehoben und der Klage stattgegeben.
Die Freistellung des Arbeitnehmers zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub erfolgt durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers. Die Erklärung muss für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennen lassen, in welchem Umfang der Arbeitgeber die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers erfüllen will. Zweifel gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Denn als Erklärender hat er es in der Hand, den Umfang der Freistellung eindeutig festzulegen (BAG, Urteil vom 17. Mai 2011 – 9 AZR 189/10).
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG legt der Arbeitgeber den Urlaub zeitlich fest. Die Erklärung eines Arbeitgebers, einen Arbeitnehmer unter Anrechnung auf dessen Urlaubsansprüche nach der Kündigung von der Arbeitsleistung freizustellen, ist nach den §§ 133, 157 BGB aus Sicht des Arbeitnehmers auszulegen.
Im Streitfall konnte der Kläger nach Ansicht des BAG der Freistellungserklärung der Beklagten nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, ob die Beklagte unter anderem den vollen Urlaubsanspruch für das Jahr 2007 oder lediglich den auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 entfallenden Teilurlaubsanspruch erfüllen wollte.
Hierzu führt das BAG wie folgt aus:
Die Freistellungserklärung lässt nicht hinreichend deutlich erkennen, ob die Beklagte dem Kläger neben dem Resturlaub für das Jahr 2006 den gesamten Jahresurlaub für 2007, den er am 1. Januar 2007 erwarb, oder lediglich den auf den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 entfallenden Teilurlaub gewähren wollte.
Mit der Freistellung erklärte die Beklagte auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2007. Sie brachte für den Kläger erkennbar zum Ausdruck, sie gehe davon aus, der Kläger werde mit Wirkung zum 31. März 2007 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und infolgedessen für das Jahr 2007 lediglich einen Teilurlaubsanspruch erwerben. Denn nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG hat ein Arbeitnehmer, der nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, lediglich Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Auf der Grundlage eines arbeitsvertraglichen Gesamturlaubsanspruchs im Umfang von 30 Arbeitstagen sind dies unter Außerachtlassung der Rundungsvorschrift des § 5 Abs. 2 BUrlG 7,5 Arbeitstage (3 Monate x 1/12 von 30 Arbeitstagen). Unter diesen Umständen war für den Kläger nicht zweifelsfrei zu erkennen, ob die Beklagte über den in jedem Fall geschuldeten Teilurlaubsanspruch hinaus den ihrer Rechtsauffassung nach nicht geschuldeten Urlaub, der sich aus der Differenz zwischen dem Teilurlaub und dem gesamten Jahresurlaub ergibt, gewähren wollte. Dieser Zweifel geht zulasten der Beklagten. Ihr oblag es, durch eine eindeutige Erklärung gegenüber dem Kläger klarzustellen, dass sie unabhängig von der mit der Kündigung zum Ausdruck gebrachten Ansicht, der Kläger habe nur Anspruch auf den gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG gekürzten Vollurlaub, vorsorglich dennoch den Anspruch des Klägers auf den vollen Jahresurlaub erfüllen wolle.
Im Zeitraum vom 8. Oktober bis zum 2. November 2007 erteilte die Beklagte dem Kläger für die Monate Juni bis Dezember anteilig 17, 5 Arbeitstage Urlaub und berechnete für die Zeit von Januar bis März 2007 je 2, 5 Urlaubstage, das sind insgesamt 7, 5 Urlaubstage, an. Der restliche Anspruch beträgt damit fünf Tage.
Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 17. Mai 2011 – 9 AZR 189/10
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