Monatsarchiv 2. Mai 2015

VonRA Moegelin

Die Beleidigung des Arbeitgebers als Verteidigungsstrategie vor Gericht

Share

Black_is_not_always_bad_v2Ein Arbeitnehmer bewies vor Gericht, dass es nicht immer eine gute Idee ist, auf anwaltliche Vertretung zu verzichten. Seine Verteidigungs-„Strategie“ bestand vor allem aus Verunglimpfungen des Arbeitgebers. Am Ende der zweiten Instanz zeigte sich, dass die Kündigung die zum Arbeitsgerichtsprozess führte, das Arbeitsverhältnis nicht beendet hatte, sondern erst die gerichtlichen Schriftsätze des Arbeitnehmers, mit denen er sich vor Gericht versuchte zu verteidigen.

Der Kläger ist als Kranführer für die beklagte Firma tätig. Mit Fax-Schreiben vom 11.02.2013, an seinen Vorgesetzten, Abteilungsleiter „M“, an einem innerhalb des Betriebs für mehrere Personen zugänglichen Fax-Anschluss gesandt, hat der Kläger sich über die Führungsqualitäten des Abteilungsleiters schriftlich wie folgt ausgelassen: „…Herr M., Sie sind mein Abteilungsleiter, nach der Zusammenarbeit in der Praxis musste ich sehr oft feststellen, wenn es um Entscheidungen geht, entziehen Sie sich aus der Verantwortung und rufen immer eine dritte Person. Sie schreien ihre Arbeitskollegen an, teilen Anweisungen in Worten mit, später sagen Sie, das Sie so was nicht gesagt haben. Bitte ich um schriftliche Mitteilung, Ihre Anweisungen, Antworten Sie mit drohenden Worten, Personalbüro, mit schriftlicher Abmahnung, Kündigungsdrohungen….Ich kann bestätigen … dass Sie Gastarbeiter und deren Kinder als zweite Klasse Menschen behandeln.…. als Personalführer fügen Sie Ihren Kollegen mehr Schaden an und entziehen Sie sich aus der Verantwor­tung. Bitte lesen Sie das Buch mit der ISBN: 978-3-499-61351-7 von Rowohlt Verlag, wie die Verantwortlichen Entscheidungen treffen….“

Nachdem wegen dieser Einlassungen ein Personalgespräch mit dem Kläger geführt wurde, erhielt er  schriftlich die fristlose Kündigung und mit einem weiteren Schreiben wurde das Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt.

Der Kläger hat sich hiergegen durch Einreichung einer Klage bei der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts Saarbrücken zunächst selbst zur Wehr gesetzt. Im Verlauf des Rechtsstreits ließ er sich durch einen von ihm beauftragten Rechtsanwalt vertreten, dem aber entsprechend seiner dem Gericht gegenüber gefertigten Anzeige seitens des Klägers das Mandat entzogen wurde. Der Kläger seinerseits hatte bereits unter dem 10.04.2013, beim Arbeitsgericht Neunkirchen am 12.04.2013 eingegangen, einen eigenen siebenseitigen Schriftsatz mit Anlagen verfasst.

Er führte aus, dass bei einem Arbeitsunfall bei der Beklagten ein Mensch gestorben sei. Sodann zog der Kläger Parallelen zum Einsturz der Dachkonstruktion einer Eissporthalle in Bad Reichenhall und verwies darüber hinaus auf einen Flugtag in Remscheid sowie das Unglück beim Flugtag am 27.07.2002 in Lemberg. Nach seiner Ansicht sei es „immer das gleiche“. Wenn es zu spät sei, dann werde immer etwas unternommen, nicht jedoch vorher. Seine Verbesserungsvorschläge würden erst dann umgesetzt, wenn etwas passiert sei, nicht jedoch vorher. Konflikte würden nicht gelöst, vielmehr werde der Arbeitsplatz zum Mobbingplatz. Er solle an seine Abfindung denken, da man irgendetwas finden werde, ihm zu kündigen. Er solle sich nicht widersetzen, sondern tun, was ihm gesagt werde. Sodann ergänzte er seine Ausführungen mit dem Satz, dass die vorgesetzten Kollegen bewusst ausgesucht worden seien, um das „Personalführungswerkzeug der Angst“ in der Praxis umzusetzen. Und die Hierarchie bei der Beklagten sei von Kollegen besetzt, die ihre Macht missbrauchen. Danach werde wieder das „Personalführungsinstrument der Angst“ gebraucht.

Bei Konflikten sei es manchmal notwendig, sich an die Gewerkschaft zu wenden. Man sei als Arbeitnehmer dabei allerdings ein Tischtennisball, wobei sich der Vorgesetzte auf der linken Seite befinde und auf der rechten Seite der Betriebsrat mit der Gewerkschaft. Der Kläger bezeichnete dies als „dunkle Machenschaften“ der Arbeitnehmervertreter.

Nachdem dieser Schriftsatz der Beklagten zugegangen war, entschied sie sich am 25.04.2013 dazu, den Kläger erneut fristlos und hilfsweise fristgerecht zu kündigen.

Der Kläger verfasste unter dem 22.04.2013 einen weiteren Schriftsatz und führte unter anderem wie folgt aus: Bei dem Produktionsstandort der Beklagten in H. handele sich um ein Unternehmen mit durchgeführter Demokratie ohne Meinungsfreiheit. Das Vier-Augen-Prinzip sei das Schrecklichste eines Betriebsablaufs. Gebe es nämlich einen Fehler, würden die guten Freunde helfen, um den Fehler zu unterdrücken. Es sei wie ein Computer-Betriebssystem mit Virus, der schädlich für das System sei. Derjenige, der sich der Autorität nicht beuge, der also nicht immer der gute Kollege sei und alles unterschreibe, was von oben kommt, werde zum Mobbingopfer. Der Arbeitsplatz werde dann zum Mobbingplatz. Gegen eine ihm erteilte Leistungsbeurteilung für 2012 habe er deshalb keinen schriftlichen Widerspruch mehr eingelegt, da es sinnlos sei, immer wieder einen Anwalt zu beauftragen, wenn in einem Unternehmen die Demokratie nicht funktioniere und man unterdrückt werde mit Mobbingfällen. Auf der gleichen Seite setzte sich der Kläger mit sozialpsychologischen Aspekten auseinander, in dem er ausführte, dass es die Macht des sozialen Umfelds und weniger die Persönlichkeit eines Menschen sei, die zum üblen Verhalten führe.  Der Kläger stellte die Frage, was man aus Katastrophen wie dem ICE-Unglück von Eschede, der Explosion eines Kesselwagens in der BASF sowie dem Tankerunglück der Exxon-Valdez usw. lernen könne. Er habe seine Erkenntnisse aus dem Selbst-Studium angewendet mit der Folge, fristlos gekündigt worden zu sein. Der Kläger vertiefte diese Darstellung noch weiter, indem auch zu anderen Unfällen außerhalb des Betriebs der Beklagten (Einsturz des Daches einer Eissporthalle in Bad Reichenhall sowie Flugtagunglück und Zugunglück) Verbindungen hergestellt werden zur Arbeit mit den Lastkränen bei der Beklagten, wörtlich wie folgt: „Ein Bild sagt 1000 Worte, was dem Kollege Herr F., passiert ist wird uns auch passieren, keine Zivilcourage zeigen. Die Gefahren nicht mitteilen, wegschauen. Nach Professor Zimbardoist es die Macht der sozialen Umfelds, die zum üblen Verhalten führt“

Wegen dieses Schriftsatzes erhielt der Kläger am 07.05.2013 eine weitere fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung

Der Kläger verfasste einen weiterenSchriftsatz, und führte aus, dass Kollegen, die lange im Unternehmen gearbeitet hätten und den Abteilungsleiter M.gut kennen würden, sich jetzt aber im Ruhestand befänden, Geschichten erzählt hätten, dass dieser Vorgesetzte Gastarbeiter als Menschen zweiter Klasse behandelt habe.

Und wiederum erhielt der Kläger dafür eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung

Das Landgericht Saarland hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die fristlos ausgesprochene außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 07.05.2013 aufgelöst worden ist. In Zusammenschau, insbesondere mit dem Inhalt des Fax-Schreibens vom 11.02.2013 und des Schriftsatzes vom 10.04.2013 erachtete das Gericht es für die Beklagte als unzumutbar, das Arbeitsverhältnis weiter fortzusetzen.

Grundsätzlich sind grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder anderer Betriebsangehöriger, insbesondere von Vorgesetzten durchaus geeignet, einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs.2 BGB darzustellen, soweit nach Form oder Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung damit verbunden ist. Die Ausübung der grundgesetzlich in Art. 5 Abs.1 GG garantierten Meinungsfreiheit wird durch den Schutz des Rechts der persönlichen Ehre anderer Personen gem. Art. 5 Abs.2 GG beschränkt und muss mit diesem in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden. In grobem Maße unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber nicht mehr hinnehmen. Der Ausspruch mehrerer Kündigungen, die zwar rechtlich nicht zu Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben, kann im konkreten Einzelfall mit herangezogen werden als abmahnungsgleiche Warnung an den Arbeitnehmer, sein Verhalten für die Zukunft zu überdenken, um so einen späteren Kündigungsausspruch zu vermeiden (Landesarbeitsgericht Saarland, Urteil vom 16. Juli 2014 – 2 Sa 162/13).

Seine Entscheidung begründet das Gericht wie folgt: Nach Einreichung des gerichtlichen Schriftsatzes vom 22.04.2013 ist endgültig das Maß des noch durch mildere Mittel zu steuernden Verhaltens des Klägers in der Art seiner Kritikführung an direkten Vorgesetzten, Betriebsrat, Personalleitung und Arbeitgeber überschritten. Seine Kritik an der Einhaltung der Arbeitssicherheit erfolgt durch unpassende und plakative Vergleiche (z.B. eingestürzten Decke der Eissporthalle in Bad Reichenhall / ICE Unglück von Eschede). Der Kläger versteigt sich auch in der Folge in seinem Schreiben in eine ebenfalls durch Angabe von konkreten Tatsachen nicht näher belegte Anschuldigung, dass im Unternehmen die Demokratie nicht funktioniere, Auch hier zieht der Kläger wieder eine per­sönliche Schlussfolgerung, die sich in dieser Weise nicht aus von ihm vorgetragenen Sachverhalten belegen lässt. Er stellt vielmehr nur sinnentstellend verkürzt dar, dass er nach diesem Selbststudium das dort gelernte angewendet habe und daraufhin fristlos gekündigt worden sei. Zudem hat sich der Kläger ohne jegliche Darstellung eines hierzu passenden Beispiels dazu verstiegen, das Vier-Augen-Prinzip als das schädlichste eines Betriebsablaufes zu bezeichnen. Damit hat der Kläger einen ganz erheblichen Vorwurf gegen namentlich nicht näher gekennzeichnete Mitarbeiter der Beklagten erhoben, der geeignet ist, diese in ihrer Ehre zu kränken und deren Art und Weise des Umgangs mit Fehlern ggfls. sogar als ein strafrechtlich relevantes Verhalten im weitesten Sinne darzustellen. Diese Anschuldigungen muss sich ein Arbeitgeber jedenfalls dann nicht gefallen lassen, wenn sie nur pauschaliert in den Raum gestellt werden, ohne auch nur den geringsten Hinweis auf einen konkreten Einzelfall zu geben, aus welchem der Arbeitnehmer diesen geschilderten Eindruck glaubt zu Recht gewonnen haben zu dürfen.

Nimmt man diese insgesamt von mangelnder Sachlichkeit geprägte Darstellung, die geeignet ist, die Beklagte als Unternehmen wie auch einzelne ihrer Funktionsträger in Misskredit zu bringen, und die letztlich auch über das Maß der von der freien Meinungsäußerung gedeckten Formulierung von Kritik hinausgehende Angriffe auf die (Berufs-)Ehre beinhaltet, zu den Äußerungen im Fax-Schreiben vom 11.02.2013 und im Schriftsatz vom 10.04.2013 hinzu, ist die Fortführung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien auch nicht mehr bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar gewesen.

Die erstmals im Rahmen der Berufungsbegründung von seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten vorgetragenen psychischen Erkrankung, wonach der Kläger nicht für die Inhalte und Tragweite seiner selbst verfassten Schreiben und Schriftsätze in gleicher Weise verantwortlich zu machen sei wie ein vergleichbarer Arbeitnehmer ohne schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen, ist schon unter Verspätungsgesichtspunkten nicht mehr zu verwerten ist.

Eine Abmahnung als milderes Mittel zur Kündigung kommt nicht in Betracht. Es kann daher nicht mehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich durch den Ausspruch einer Abmahnung in seiner Haltung gegenüber seinem Vorgesetzten, dem Betriebsrat, der paritätischen Kommission, der Perso­nallei­tung oder gar dem beklagten Arbeitgeber selbst ändern würde. Es kann der Beklagten auch nicht weiter zugemutet werden, durch unsachliche Äußerungen in ein bestimmtes Licht gedrängt zu werden als Arbeitgeberin, die es mit der Arbeitssicherheit nicht so genau halte, anders denkende und aufmerksame Arbeitnehmer mit Mobbingverhalten unterdrücke und zudem dulde, dass Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund von Vorgesetzten wie Menschen zweiter Klasse behandelt würden, wobei dabei vom Kläger auch noch Vergleiche zu nationalsozialistischen Verhaltensmustern herangezogen werden.

Share
VonRA Moegelin

Verkürzung von Verjährungsfristen im Gebrauchtwagenhandel

Share

Unbenannt_auto - KopieEine Autokäuferin hat mit ihrer Klage wegen Rostschäden am Wagen beim Bundesgerichtshof einen Sieg errungen. Betreffende Käuferin und späterer Klägerin erwarb beim beklagten Autohändler einen gebrauchten Pkw, an dem aufgrund von Produktionsfehlern Korrosionsschäden auftraten. Mit ihrer Klage verlangt sie die Kosten für eine Beseitigung dieser Schäden. Dem Kaufvertrag liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten zugrunde, die der „Unverbindlichen Empfehlung des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (ZDK)“ mit Stand 3/2008 entsprechen. Sie lauten auszugsweise wie folgt:

VI. Sachmangel

1.Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden. […]

5.Abschnitt VI Sachmangel gilt nicht für Ansprüche auf Schadensersatz; für diese Ansprüche gilt Abschnitt VII Haftung.

VII. Haftung

1.Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt:

Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten, etwa solcher, die der Kaufvertrag dem Verkäufer nach seinem Inhalt und Zweck gerade auferlegen will oder deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Kaufvertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Käufer regelmäßig vertraut und vertrauen darf. Diese Haftung ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt. […]

5.Die Haftungsbegrenzungen dieses Abschnitts gelten nicht bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit.“

Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 2.158,73 € (Reparaturkosten ohne Mehrwertsteuer) gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die vom Landgericht zugelassene Revision hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Die Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des ZdK (Zentralverband des Kraftfahrzeuggewerbes) Stand 3/2008 ist unwirksam (Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. April 2015 – VIII ZR 104/14).

Der Bundesgerichtshof hält die Verjährungsverkürzung gemäß Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) für unwirksam, so dass der beklagte Autohändler wegen Verletzung seiner Pflicht zur Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB zur Zahlung des von der Klägerin begehrten Schadensersatzes verpflichtet ist.

Hierzu führt der BGH wie folgt aus: Ein durchschnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Kunde kann den – widersprüchlichen – Regelungen in Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 und VI Nr. 5, VII nämlich nicht entnehmen, ob er Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung bereits nach einem Jahr oder aber erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren nicht mehr geltend machen kann. Denn einerseits sollen nach Abschnitt VI Nr. 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Ansprüche wegen Sachmängeln nach einem Jahr verjähren. Danach darf der Verkäufer nach Ablauf dieser Zeit die Nacherfüllung wegen eines Sachmangels verweigern, so dass auch für einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Nacherfüllungspflicht kein Raum mehr wäre. Andererseits ergibt sich aus den Regelungen des Abschnitts VI Nr. 5 und VII, dass für sämtliche Schadensersatzansprüche die Verjährungsfrist nicht verkürzt ist und die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren gilt. Danach kann der Käufer einen Schadensersatzanspruch erst nach Ablauf von zwei Jahren nicht mehr mit Erfolg geltend machen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geben somit – aus der maßgeblichen Sicht des Kunden – keine eindeutige Antwort darauf, binnen welcher Frist er vom Verkäufer Schadensersatz wegen Verletzung einer Nacherfüllungspflicht verlangen kann.

Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs –  BGH VIII ZR 104/14

Share
VonRA Moegelin

Anspruch auf Schadensersatz gegen Putzfrau wegen MRT-Quench

Share

20140930-225320-PictomagoEine Reinigungskraft, die in einer Gemeinschaftspraxis für radiologische Diagnostik und Nuklearmedizin angestellt ist, verursachte einen schweren Schaden an einem medizinischen Gerät in einer ärztlichen Praxis. Nach Besuchsende hörte sie einen Alarmton, der von einem Magnetresonanztomographen (MRT) verursacht wurde. Um den Alarm auszuschalten, drückte die Putzfrau statt des hierfür vorgesehenen blauen Knopfes „alarm silence“ den roten Schaltknopf „magnet stop“ und löste hierdurch einen so genannten MRT-Quench aus. Die Kosten der Reparatur betrugen 30.843,01 Euro netto. Unter Berücksichtigung des vertraglich vereinbarten Selbstbehalts zahlte die Betriebsunterbrechungs-Schadensversicherung der Praxis für einen Ausfalltag Schadensersatz von 10.289,34 €. Neben den Reparaturkosten machen die Ärzte der Praxis gegen die Putzfrau einen weitereren, von der Versicherung nicht abgedeckten Nutzungsausfallschaden iHv. 18.390,00 € netto geltend. Den Klägern wurde zweitinstanzlich ein Schadensersatz von 12 Bruttomonatsgehälter (320 € x 12 ) zugesprochen. Mit der Revision fordern sie weitere 46.775,81 Euro nebst Zinsen von der beklagten Putzfrau.

Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Gerichts, als sie statt des Schaltknopfes „alarm silence“ fehlerhaft den Schaltknopf „magnet stop“ drückte, ihre arbeitsvertragliche Nebenpflicht, den Arbeitgeber nicht zu schädigen, verletzt. Der Schaden am  für die Dauer der Reparatur, ist eine Verletzung des Eigentums gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Da die Beklagte nach Ansicht des BAG schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig handelte und die fehlerhafte Bedienung unstreitig kausal für den entstandenen Schaden war, sind die Kläger grundsätzlich als Mitgläubiger berechtigt, von der Beklagten Schadensersatz zu verlangen gemäß § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Das Handeln der Beklagten erfolgte nach Meinung des BAG auf Grundlage des Arbeitsvertrages und war betrieblich veranlasst.

Als betrieblich veranlasst gelten nach der Rechtsprechung solche Tätigkeiten, die arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die der Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Das Handeln braucht dabei nicht zum eigentlichen Aufgabengebiet des Beschäftigten gehören, ausreichend ist, wenn er im wohl verstandenen Interesse des Arbeitgebers tätig wird. Das Handeln ist betrieblich veranlasst, wenn bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Schädigers im Betriebsinteresse zu handeln war, sein Verhalten unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch war und keinen Exzess darstellte, auch wenn der Arbeitnehmer ggf.  grob fahrlässig oder vorsätzlich seine Verhaltenspflichten verletzt, auch wenn ein solches Verhalten grundsätzlich nicht im Interesse des Arbeitgebers liegt.

Die Handlung der Beklagten erfolgte außerhalb ihrer Arbeitszeit und damit nicht in direkter Verfolgung ihrer Hauptleistungspflicht. Aber gemäß ihrer allgemeinen Sorgfalts- und Obhutspflichten als Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis hatte sie Schaden von den Klägern abzuwenden, also auch  bei der Betriebsstörung zu helfen, so dass eine betrieblich veranlasste Tätigkeit zu bejahen ist (BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 8 AZR 418/09).

Nach der Rechtsprechung hat ein Arbeitnehmer vorsätzlich verursachte Schäden in vollem Umfang zu tragen, wobei es eine feste, summenmäßig beschränkte Obergrenze der Haftung nicht gibt. Bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen nicht. Bei normaler Fahrlässigkeit ist der Schaden in aller Regel zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu verteilen, bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer in aller Regel den gesamten Schaden zu tragen, jedoch können Haftungserleichterungen, die von einer Abwägung im Einzelfall abhängig sind, in Betracht kommen.

Nach den richterlichen Feststellungen liegt ein Höchstmaß an grober Fahrlässigkeit vor durch die wahllose Bedienung ohne die Bedeutung der einzelnen Schaltknöpfe zu kennen. Trotz der grob fahrlässigen Beschädigung des MRT beschränkt sich der Ersatzanspruch auf ein Jahresgehalt von 3.840 €.

Bei grober Fahrlässigkeit ist im Einzelfall eine Entlastung des Arbeitnehmers nicht ausgeschlossen. Abzuwägen sind gemäß der Rechtsprechung auf Seiten des Arbeitnehmers insbesondere die Höhe des Arbeitsentgelts, seine weitere Leistungsfähigkeit und der Grad des Verschuldens. Ein hoher Vermögensverlust wird um so mehr dem Betriebsrisiko zuzurechnen sein, als dieser einzukalkulieren oder durch Versicherungen ohne Rückgriffsmöglichkeit gegen den Arbeitnehmer abzudecken ist.

Nach der Abwägung des BAG wirkt der erhebliche Grad des Verschuldens der Beklagten haftungserhöhend, ebenso wie die wenig gefahrgeneigte Tätigkeit als Reinigungskraft.

Haftungsbegrenzend steht dagegen die geringe Vergütung der Beklagten gegenüber. Der eingetretene Schaden beläuft sich auf mehr als das Hundertfache eines Monatslohns der Beklagten, ist also ungewöhnlich groß. Bereits eine Haftungsbeschränkung auf zwölf Monatsgehälter für die Beklagte eine sehr große finanzielle Belastung darstellt, da sie bei ihrem „Mini-Job“ von 320 € brutto monatlich regelmäßig der gesamte Verdienst zur Existenzerhaltung braucht. Nach alldem war die Revision der Kläger zurückzuweisen.

Share
VonRA Moegelin

Kündigung wegen Forderung nach Mindestlohn

Share

Anonymous-fire-1Wer den Mindestlohn fordert, kann schon mal gefeuert werden. So erging es einem Hausmeister, der aufgrund seines Arbeitsvertrages mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 14 Stunden bei einer Vergütung von monatlich 315,00 EUR beschäftigt war, was einen Stundenlohn von 5,19 € ergab. Er forderte von dem Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € worauf der Arbeitgeber eine Herabsetzung der Arbeitszeit auf monatlich 32 Stunden bei einer Monatsvergütung von 325,00 (Stundenlohn 10,15 EUR) anbot. Nachdem der Arbeitnehmer die Änderung der Vertragsbedingungen abgelehnt hatte, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist unwirksam, wenn sie von dem Arbeitgeber als Reaktion auf eine Geltendmachung des gesetzlichen Mindestlohnes ausgesprochen wurde (Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 17.04.2015 – 28 Ca 2405/15).

Gemäß § 1 Abs. 1 Mindestlohngesetz (MiLoG) beträgt der Mindestlohn 8,50 €. Nach § 22 Abs. 1 MiLoG findet das Gesetz auf Arbeitsverhältnisse -wie das hier einschlägige- Anwendung.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigung als eine verbotene Maßregelung angesehen. Das in § 612a BGB geregelte Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob er ein Recht ausüben will oder nicht. Diese Entscheidung soll er ohne Furcht vor wirtschaftlichen oder sonstigen Repressalien des Arbeitgebers treffen können.

Die Forderung des Hausmeisters nach dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt zu werden, ist zulässig. Nach § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht deshalb benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Der Arbeitgeber hat nach zutreffender Ansicht des Gerichts das Arbeitsverhältnis gekündigt weil der Hausmeister in zulässiger Weise das Recht auf den Mindestlohn gefordert hat und ihn damit benachteiligt. Die Kündigung ist daher unwirksam, so dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Falls der Arbeitgeber zukünftig die Zahlung des Mindestlohns verweigern sollte, wäre dieser gesondert mit der Leistungsklage einzufordern.

Weitergehende Infos zum Maßregelungsverbot finden Sie hier.

Share
Blogverzeichnis TopBlogs.de das Original - Blogverzeichnis | Blog Top Liste Blogverzeichnis Bloggerei.de