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VonRA Moegelin

Vergeblicher Faxversuch kurz vor zwölf – Wiedereinsetzung?

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deathandthehourglassDer aktuelle Poststreik nötigt Anwälte zur Versendung von Schriftsätzen per Fax um sicherzugehen, dass Fristen gewahrt werden. Immer wieder mal gerät man als Anwalt in Zeitnot, z.B. weil Mandanten sehr spät mit erforderlichen Infos rüberkommen. In dem hier einschlägigen Fall hat ein Anwalt nach seinen Angaben am 18. Februar 2015 -Tag des Fristablaufs- die Berufungsbegründung erstellt und ab 23:50 Uhr via Sipgate-Fax an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gesendet. Ab diesem Zeitpunkt sei auf dem Computerbildschirm angezeigt worden: „Ihr Fax wird nun versendet. Bitte haben Sie etwas Geduld!“ Bei der Übertragung des Faxes von dem Webaccount von sipgate sei es zu einem Fehler in dem für die Verarbeitung der Faxe verantwortlichen Server (FaxD) bei sipgate gekommen.

Fakt ist, dass am 10. März 2015 eine 15 Seiten umfassende Berufungsbegründung dem LAG per Fax zuging und die Übertragung von 21:37 Uhr bis 21:50 Uhr dauerte. Da der Anwalt bei dieser Übersendung anfangs kein Antwortsignal erhalten habe, gehe er davon aus, dass das gerichtliche Faxgerät am 18. Februar 2015 gegen 23.50 Uhr nicht empfangsbereit gewesen sei.

Die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin hat das LAG wegen Nichteinhaltung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist war keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da die Verhinderung schuldhaft erfolgte.

Ein vergeblicher Faxversuch um zehn Minuten vor zwölf ist jedenfalls dann nicht unentschuldbar, wenn es zuvor schon zu zeitlichen Unregelmäßigkeiten bei der Faxversendung mittels Voice over IP (VoIP) kam (Beschluss des  Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. März 2015 – 15 Sa 11/15).

Das Versenden von Faxen mittels Voice over IP (VoIP) erachtet das Gericht als nicht sicher. Dafür spricht der auf der Homepage des Fax-Providers des Anwalts enthaltene Hinweis: „Falls Sie ein per Adapter angeschlossenes Faxgerät verwenden, können wir leider keine Angaben zur Zuverlässigkeit machen und entsprechend keine Garantie für eine zuverlässige Übertragung übernehmen.“

Obwohl von gerichtlicher Seite zweimal nachgefragt wurde, welche Hardware (insbesondere Faxgerät, Adapter) am 18.02.15 benutzt wurden, verhalte sich der Vortrag des Bevollmächtigten hierzu nicht. Wenn die Möglichkeit eigenen Verschuldens offen gelassen wird, kann auch nicht festgestellt werden, dass eine Frist unverschuldet versäumt wurde, wie aus BVerfG – 2 BvR 359/07 folge.

Der vergebliche Faxversuch um zehn Minuten vor zwölf ist jedenfalls dann nicht unverschuldet, wenn es zuvor schon zu zeitlichen Unregelmäßigkeiten bei der Faxversendung mittels Voice over IP (VoIP) kam.

Das Gericht geht davon aus, dass es beim betroffenen Anwalt vor dem 28.02.15 schon zu zeitlichen Unregelmäßigkeiten bei der Faxversendung mittels Voice over IP (VoIP) kam. Er hat lediglich behauptet, dass der Administrator ausgeführt hat, dass es vorher keine Probleme gegeben habe.

Der Beklagtenvertreter selbst hat hierzu keine Stellungnahme abgegeben. Der von ihm beauftragte Administrator hat in der Mail vom 20. März 2015 ausgeführt, dass es vorher keine Probleme gegeben habe (Bl. 603 d. A.). Dies trifft schon nach der hiesigen Aktenlage nicht zu.

Denn am 28.08.14 ging dem Gericht ein dreiseitige Schriftsatz des Anwalts zu, der von 13:52 Uhr bis 14:13 Uhr gesendet wurde. Angesichts solcher zeitlicher Verzögerungen hätte er am 18.2.2015 nicht erst um 23:50 Uhr mit einem Versuch beginnen dürfen, einen 15-seitigen Berufungsbegründungsschriftsatz mit seiner Technik (VoIP, s.) zu faxen. Tatsächlich hat auch am 10. März 2015 die Übertragung dieses Textes 13 Minuten gedauert, also deutlich länger als die einkalkulierten 10 Minuten.

Mangelnde Betriebsbereitschaft am Faxgerät des Landesarbeitsgerichts am 18. Februar 2015, so dass sich ein möglicher Fehler des Anwalt nicht habe auswirken können, konnte das LAG nicht erkennen. Aus den Protokollen der Poststelle ergebe sich, dass am 18. Februar 2015 das letzte Fax um 23:31 Uhr und das erste Fax am 19. Februar 2015 um 7:00 Uhr jeweils fehlerfrei eingingen.

Volltext des Beschlusses: LAG Berlin-Brandenburg – 15 Sa 11/15

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VonRA Moegelin

Die Unterschrift, die keine war – Berufung unzulässig

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signatureGnadenlos abgestraft hat das BAG einen Anwalt, der einen Berufungsschriftsatz in einer Weise unterzeichnet hat, der die volle Unterschriftsleistung angeblich nicht erkennen ließ.

In dem zugrunde liegenden arbeitsbeitsgerichtlichen Verfahren über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay legte der Anwalt des Arbeitgebers gegen das abweisende Urteil Berufung ein.

Die Berufungsschrift schließt wie folgt ab: Magical Snap - 2015.04.24 09.39 - 001

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision hat das Bundesarbeitsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg als unzulässig verworfen wird.

Trägt die Berufungsschrift keine Unterschrift, fehlt es an einem von Amts wegen zu prüfenden, für die Zulässigkeit des Rechtsmittels zwingenden und unverzichtbaren Formerfordernis (§ 295 Abs. 2 ZPO), das nicht durch rügelose Einlassung geheilt werden kann (§ 295 Abs. 1 ZPO) (BAG, Urteil vom 25. Februar 2015 – 5 AZR 849/13).

Die Revision ist unbegründet, da die Beklagte gemäß § 66 Abs. 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519 Abs. 1 ZPO nicht innerhalb der gesetzlichen Frist formgerecht Berufung eingelegt hat, so dass das BAG die Revision deshalb – unter Verwerfung ihrer Berufung als unzulässig – zurückgewiesen hat

Eine Unterschrift setzt einen individuellen Schriftzug voraus, der sich – ohne lesbar sein zu müssen – als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter, von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichneter Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein. Im einschlägigen Fall erkannte das BAG die den Berufungsschriftsatz abschließende Linienführung nicht als Absicht, die eine volle Unterschriftsleistung erkennen lässt. Sie weise zudem (selbst wenn man die darunter gesetzte maschinenschriftliche Namensangabe und die Nennung des Nachnamens im Aktenzeichen berücksichtigt) keine Merkmale auf, die auch nur in Teilen oder einzelnen Buchstaben einer Unterschrift gleichen.

Die Berufungsschrift trägt somit keine Unterschrift iSv. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519 Abs. 4, § 130 Nr. 6 ZPO. Damit fehlt es an einem von Amts wegen zu prüfenden zwingenden und unverzichtbaren Formerfordernis der Berufungsschrift als bestimmender Schriftsatz.

Die Beklagte, bzw. ihr Anwalt, hat obendrein unterlassen, einen vorsorglichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen. Unterstellt man zu ihren Gunsten, ihr Prozessbevollmächtigter habe, weil seine Art der Unterzeichnung bislang von Gerichten und im Rechtsverkehr nicht beanstandet worden sei, trotz entgegenstehender höchstrichterlicher Rechtsprechung darauf vertrauen können, diese werde – auch bei bestimmenden Schriftsätzen – als ordnungsgemäß bewertet, hätte ein solcher Antrag erfolgreich sein können.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 25. Februar 2015 – 5 AZR 849/13

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