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VonRA Moegelin

Betriebsratswahl unzulässig wegen Smiley in Vorschlagsliste

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Ein Bildzeichen als Bestandteil eines Kennworts ist unzulässig, wenn es wie ein Smiley lediglich einen Stimmungs- oder Gefühlszustand ausdrückt, keine eindeutige Wortersatzfunktion hat und demgemäß üblicherweise nicht mit ausgesprochen wird.

Volltext der Pressemitteilung des Landesarbeitsgericht K̦lns vom 01.12.2023 Р9 TaBV 3/23

Eine Vorschlagsliste für die Betriebsratswahl, die in ihrem Kennwort ein Smiley enthält, ist ungültig. Dies hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln heute in einem Wahlanfechtungsverfahren entschieden.

Fünf Arbeitnehmer eines weltweit tätigen Logistikunternehmens mit einem Betrieb am Flughafen Köln/Bonn und einer weiteren Betriebsstätte im benachbarten Troisdorf hatten die Wahl des 25köpfigen Betriebsrats angefochten und dies u.a. damit begründet, dass der Wahlvorstand ihren Wahlvorschlag zu Unrecht wegen des verwendeten Listenkennworts zurückgewiesen und stattdessen mit den Familien- und Vornamen der beiden in der Liste an erster Stelle benannten Wahlbewerbern versehen habe.

Die Arbeitnehmer hatten beim Wahlvorstand zunächst einen Wahlvorschlag mit dem Kennwort „fair.die“ eingereicht. Nachdem der Wahlvorstand den Vorschlag wegen einer phonetischen Verwechslungsgefahr mit der Gewerkschaft ver.di zurückgewiesen hatte, teilten die Arbeitnehmer mit, dass ihr Wahlvorschlag das Kennwort „FAIRSmile die Liste“ tragen solle. Dieses Kennwort sowie drei weitere Alternativvorschläge, die ebenfalls ein Smiley enthielten, lehnte der Wahlvorstand wiederum ab.

Wie das Landesarbeitsgericht Köln entschieden hat, ist ein Bildzeichen als Bestandteil eines Kennworts unzulässig, wenn es wie das Smiley lediglich einen Stimmungs- oder Gefühlszustand ausdrückt, keine eindeutige Wortersatzfunktion hat und demgemäß üblicherweise nicht mit ausgesprochen wird. Zudem hätte auch bei dem Kennwort „FAIRSmile die Liste“ eine Verwechslungsgefahr bestanden, da es lautsprachlich wie „ver.di-Liste“ klingt.

Gleichwohl hat das Landesarbeitsgericht die Betriebsratswahl für unwirksam erklärt, weil der Wahlvorstand für die Betriebsstätte Troisdorf trotz ihrer räumlichen Nähe zum Hauptbetrieb unzulässigerweise die generelle Briefwahl angeordnet hatte.

Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.

LAG K̦ln, Beschluss vom 01.12.2023 Р9 TaBV 3/23

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Erste Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (Wahlordnung – WO)

§ 7 Prüfung der Vorschlagslisten

…

(2) Der Wahlvorstand hat die eingereichten Vorschlagslisten, wenn die Liste nicht mit einem Kennwort versehen ist, mit Familienname und Vorname der beiden in der Liste an erster Stelle Benannten zu bezeichnen. Er hat die Vorschlagsliste unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste die Listenvertreterin oder den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten.

§ 24 Voraussetzungen

…

(3) Für Betriebsteile und Kleinstbetriebe, die räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt sind, kann der Wahlvorstand die schriftliche Stimmabgabe beschließen. …

Die Entscheidung kann demnächst unter www.nrwe.de abgerufen werden.
Az.: 9 TaBV 3/23

Abou Lebdi
Die Pressedezernentindes Landesarbeitsgerichts Köln

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VonRA Moegelin

Kündigung TV-Moderatorin Wettbewerbstätigkeit

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Die Online-Kolumne einer TV-Moderatorin für eine Tageszeitung ist ein unzulässige Wettbewerbstätigkeit. Es liegt ein Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers vor und rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung.

Volltext der Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Köln vom 30.11.2023 – 9 Ca 5402/22:

Das Arbeitsgericht Köln hat entschieden, dass die Kündigung einer TV-Moderatorin wirksam ist, die trotz Abmahnungen eine Online-Kolumne für eine im Wettbewerb stehende Tageszeitung verfasst.

Die Klägerin war langjährig im Bereich Finanz- und Börsenberichterstattung für die Beklagte, die einen Nachrichtensender mit TV- und Onlineberichterstattung betreibt, tätig. Der Arbeitsvertrag schränkt die Möglichkeit von Nebentätigkeiten ein und sieht vor, dass zuvor eine Genehmigung erfolgen muss. Die Klägerin hat unter anderem am 29.09.2022 eine Online-Börsenkolumne für eine Tageszeitung verfasst, wegen der sie am 4.10.2022 abgemahnt wurde. Dennoch veröffentlichte die Klägerin dort am 1.1.2023 eine weitere Kolumne, aufgrund der die Beklagte die streitgegenständliche Kündigung aussprach. Zuvor war die Klägerin auch vor dem Arbeitsgericht Köln in einem einstweiligen Verfügungsverfahren unterlegen, in dem sie ihren Arbeitgeber verpflichten wollte, die Nebentätigkeit zum Verfassen einer wöchentlichen Kolumne zu genehmigen (Urteil vom 7.10.2022 in dem Verfahren 12 Ga 57/22). Hier hatte das Arbeitsgericht geurteilt, dass die begehrte Nebentätigkeit eine nicht genehmigungsfähige Konkurrenztätigkeit darstelle.

Die 9. Kammer des Arbeitsgerichts Köln hat die Kündigung bestätigt. Bei der Online-Kolumne handele es sich um Wettbewerbstätigkeit, da sowohl der Arbeitgeber als auch der Zeitungsverlag Unternehmen sind, die sowohl im Bereich der TV-wie auch der Onlineberichterstattung aktiv seien. Zudem betreffe die Börsenkolumne der Klägerin den fachlichen Kernbereich ihrer Tätigkeit für die Beklagte. Gerade in diesen Themen hat die Klägerin sich in der Vergangenheit eine große Reputation aufgebaut mit der sie bislang für die Beklagte in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten ist. Ein Arbeitnehmer, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Wettbewerbstätigkeiten entfaltet, verstoße gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers. Dies könne eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Hier sei der Arbeitgeberin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar. Das Vertrauen der Beklagten in einen störungsfreien Verlauf des Arbeitsverhältnisses sei nach den bewussten, fortgesetzten, groben Pflichtverletzungen der Klägerin gänzlich aufgebraucht.

Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.
Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 11.10.2023 – 9 Ca 5402/22.

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VonRA Moegelin

Flug-Annullierung wegen Leerflug

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Ein Leerflug -wie hier von Tegel nach Schönefeld (nunmehr BER)- ist zumutbar, da Bereitstellungsflüge im Betrieb eines Luftfahrtunternehmens kein ungewöhnliches Ereignis sind.

Volltext des Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 16.11.2023 – 64 S 34/21:

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Wedding vom 04.12.2020, Aktenzeichen 19a C 221/20, wird zurückgewiesen. Das angefochtene Urteil ist ab sofort ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.500,00 € festgesetzt.

Gründe

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I. Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Wedding vom 04.12.2020, Aktenzeichen 19a C 221/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung der Kammer das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

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Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweisbeschluss der Kammer vom 12.07.2023 Bezug genommen. Mit den dort niedergelegten Erwägungen setzt sich die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 13.09.2023 schon nicht vollständig, sondern nur punktuell auseinander. Ihr Vortrag bleibt lückenhaft. Insgesamt gebieten ihre Ausführungen keine Abkehr von der darin angekündigten Zurückweisung der Berufung.

Randnummer3

1. Dies gilt zum einen für die Frage, ob überhaupt ein außergewöhnlicher Umstand kausal für die eingetretene Annullierung des streitgegenständlichen Fluges von … nach Berlin-Tegel war.

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Es ist auch weiterhin nicht ersichtlich, warum es der Beklagten nicht möglich gewesen sein soll, die streitgegenständliche Maschine XX-XXX am frühen Morgen des 28.07.2019 von Schönefeld aus – notfalls ohne Passagiere – direkt nach … zu überführen, um pünktlich den hier streitgegenständlichen Flug der Zedenten der Klägerin durchzuführen. Denn streitgegenständlich ist hier nicht der erste Flug des Tages von Tegel nach …, sondern erst der anschließende Retourflug von … nach Tegel. Ein solcher Leerflug wäre der Beklagten auch zumutbar gewesen, da Bereitstellungsflüge im Betrieb eines Luftfahrtunternehmens kein ungewöhnliches Ereignis sind (Schmid, a.a.O., Rn. 205). Gegebenenfalls wäre die von ihr erwähnte Ersatzmaschine aus … zeitgleich nach Tegel zu überführen gewesen, um den Vorflug – wiewohl verspätet – ab Tegel nach … durchzuführen. Insoweit liegen bereits die Ausführungen zu dem anderweitigen Einsatz etwaiger Ersatzmaschinen in … oder … neben der Sache, da es für solch eine Rotation von Schönefeld direkt nach … und von dort zurück nach Tegel offenkundig keiner Ersatzmaschine bedurft hätte. Auch eine Verspätung der Folgeflüge der Maschine XX-XXX mit Auswirkungen auf 664 Fluggäste wäre dann nicht ohne weiteres zu befürchten gewesen.

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2. Zum anderen ist die Stellungnahme der Beklagten auch zu der Frage, ob die Beklagte alles zumutbare zur Vermeidung der Annullierung getan habe, in gleicher Weise unzureichend und die Berufung nach wie vor zurückzuweisen.

Randnummer6

a) Bereits am Nachmittag des Vortages des hier streitgegenständlichen Fluges war unstreitig für die Beklagte absehbar, dass das Flugzeug am Ende des letzten Umlaufs des Tages statt in Tegel in Schönefeld würde landen müssen. Diese Einsicht musste bei der Beklagte auch nicht erst um 19:08 Uhr UTC reifen, sondern – bei der von der Beklagten jederzeit zu erwartenden verantwortungsvollen und vorausschauenden Planung – allerspätestens um 14:31 Uhr UTC, als nämlich der erste Flug der letzten Rotation des Tages von Tegel nach … mit übergroßer Verspätung zu diesem Zeitpunkt erst startete. Die Ausführungen der Beklagten zu angeblich zu kurzen Aktivierungs- und Vorbereitungszeiten gehen daher schon von vornherein fehl, weil sie sich nicht mit ihrem eigenen Vortrag zu den Abläufen am Vortag, dem 27.07.2019 überein bringen lassen.

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b) Zudem wird aus ihren Ausführungen zu der Möglichkeit der früheren Überführung der Maschine XX-XXX deutlich, dass die Beklagte schon gar keine Anstalten unternommen zu haben scheint, das am Vorabend außerplanmäßig am Flughafen Berlin-Schönefeld geendete Flugzeug zu einem ausreichend frühen Zeitpunkt am Morgen des 28.07.2019 nach Berlin-Tegel umzupositionieren. Die Beklagte zieht sich nämlich wiederholt auf – auch nicht näher bestimmte – Erfahrungswerte („erfahrungsgemäß“, „ohnehin nicht zu erwarten gewesen“) zurück, ohne aber vorzutragen, welche Versuche sie denn nun tatsächlich unternommen haben will. Der diesbezügliche Beweisantritt zu Erfahrungswerten ist daher dementsprechend untauglich, da es auf Erfahrungen nach Ansicht der Kammer nicht ankommt, sondern auf das tatsächlich Ergreifen von Ausweichmöglichkeiten, auch wenn sie letzten Endes erfolglos bleiben sollten.

Randnummer8

c) Auch weiterhin weicht die Beklagte dem schon vom Amtsgericht erhobenen Einwand aus, dass nicht ersichtlich ist, warum derselbe Pilot und derselbe Co-Pilot nacheinander zwei Maschinen am Morgen des 28.07.2019 von Tegel nach Schönefeld überführen und also zweimal von Tegel aus mit dem Taxi nach Schönefeld fahren mussten. Es tut nichts zur Sache, ob die zur Ãœberführung eingesetzten Mitarbeiter am Vortag regulär keinen Dienst hatten. Insbesondere folgt daraus nicht, dass sie nicht früher nach Schönefeld verbracht werden konnten, und zwar augenscheinlich selbst dann noch nicht (5:30 bis 5:45 Uhr UTC), als sie sich nach regulären Flugplanung schon längst auf dem Flug nach … hätten befinden müssen, stattdessen aber unerklärlicherweise nach dem Vortrag der Beklagten in Tegel verweilten.

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d) Die Beklagte verhält sich auch nicht zu dem bereits vom Amtsgericht und auch mit dem hiesigen Hinweisbeschluss eingebrachten Einwand, die Passagiere für den ersten Flug des 28.07.2019 von Tegel nach … hätten auch mit Bussen morgens von Tegel nach Schönefeld gebracht werden können.

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3. Auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofes in seinem Urteil vom 06.04.2021 (Az. X ZR 11/20) kommt es angesichts des zuvor Aufgezeigten schon gar nicht an, sodass die Revision nicht zuzulassen ist.

Randnummer11

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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III. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 544 Abs. 2, §§ 713, 708 Nr. 10 ZPO.

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IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der § 63 Abs. 2, §§ 48, 47 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO bestimmt.

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VonRA Moegelin

Arbeit auf Abruf nach TzBfG – BAG 5 AZR 22/23

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Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer Arbeit auf Abruf, gilt nach TzBfG eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich vereinbart im Fall der Nicht-Festlegung.

Volltext der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts – 5 AZR 22/23 vom 18.10.2023:

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer Arbeit auf Abruf, legen aber die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht fest, gilt grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 Satz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eine Arbeitszeit von 20 Stunden wöchentlich als vereinbart. Eine Abweichung davon kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nur dann angenommen werden, wenn die gesetzliche Regelung nicht sachgerecht ist und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, die Parteien hätten bei Vertragsschluss übereinstimmend eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit gewollt.

Die Klägerin ist seit dem Jahr 2009 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Druckindustrie, als „Abrufkraft Helferin Einlage“ beschäftigt. Der von ihr mit einer Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossene Arbeitsvertrag enthält keine Regelung zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit. Die Klägerin wurde – wie die übrigen auf Abruf beschäftigten Arbeitnehmerinnen – nach Bedarf in unterschiedlichem zeitlichen Umfang zur Arbeit herangezogen. Nachdem sich der Umfang des Abrufs ihrer Arbeitsleistung ab dem Jahr 2020 im Vergleich zu den unmittelbar vorangegangenen Jahren verringerte, hat die Klägerin sich darauf berufen, ihre Arbeitsleistung sei in den Jahren 2017 bis 2019 nach ihrer Berechnung von der Beklagten in einem zeitlichen Umfang von durchschnittlich 103,2 Stunden monatlich abgerufen worden. Sie hat gemeint, eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe, dass dies die nunmehr geschuldete und von der Beklagten zu vergütende Arbeitszeit sei. Soweit der Abruf ihrer Arbeitsleistung in den Jahren 2020 und 2021 diesen Umfang nicht erreichte, hat sie Vergütung wegen Annahmeverzugs verlangt.

Das Arbeitsgericht hat, ausgehend von der gesetzlichen Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG angenommen, die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit im Abrufarbeitsverhältnis der Parteien betrage 20 Stunden. Es hat deshalb der Klage auf Zahlung von Annahmeverzugsvergütung nur in geringem Umfang insoweit stattgegeben, als in einzelnen Wochen der Abruf der Arbeitsleistung der Klägerin 20 Stunden unterschritten hatte. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin, mit der sie an ihren weitergehenden Anträgen festgehalten hat, blieb vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos.

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf), müssen sie nach § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG arbeitsvertraglich eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festlegen. Unterlassen sie das, schließt § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG diese Reglungslücke, indem kraft Gesetzes eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden als vereinbart gilt. Eine davon abweichende Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit kann im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nur dann angenommen werden, wenn die Fiktion des § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG im betreffenden Arbeitsverhältnis keine sachgerechte Regelung ist und objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer hätten bei Vertragsschluss bei Kenntnis der Regelungslücke eine andere Bestimmung getroffen und eine höhere oder niedrigere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart. Für eine solche Annahme hat die Klägerin jedoch keine Anhaltspunkte vorgetragen.

Wird die anfängliche arbeitsvertragliche Lücke zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit bei Beginn des Arbeitsverhältnisses durch die gesetzliche Fiktion des § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG geschlossen, können die Parteien in der Folgezeit ausdrücklich oder konkludent eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbaren. Dafür reicht aber das Abrufverhalten des Arbeitgebers in einem bestimmten, lange nach Beginn des Arbeitsverhältnisses liegenden und scheinbar willkürlich gegriffenen Zeitraum nicht aus. Allein dem Abrufverhalten des Arbeitgebers kommt ein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert dahingehend, er wolle sich für alle Zukunft an eine von § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG abweichende höhere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit binden, nicht zu. Ebenso wenig rechtfertigt allein die Bereitschaft des Arbeitnehmers, in einem bestimmten Zeitraum mehr als nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG geschuldet zu arbeiten, die Annahme, der Arbeitnehmer wolle sich dauerhaft in einem höheren zeitlichen Umfang als gesetzlich vorgesehen binden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Oktober 2023 – 5 AZR 22/23 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 29. November 2022 – 6 Sa 200/22 –

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VonRA Moegelin

Reservierungsgebühren in Makler-AGB

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Reservierungsgebühren in Makler-AGB benachteiligen dessen Kunden unangemessen und sind daher unwirksam. Denn die Rückzahlung dieser Gebühr ist ausgeschlossen ist und für den Kunden ohne nennenswerte Vorteile und ohen Gegenleistung des Immobilienmaklers zu erbringen.

Volltext der Pressemitteilung Nr. 070/2023 des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20.04.2023:

Der unter anderem für das Maklerrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Verpflichtung eines Maklerkunden zur Zahlung einer Reservierungsgebühr unwirksam ist.

Sachverhalt:

Die Kläger beabsichtigten den Kauf eines von der Beklagten als Immobilienmaklerin nachgewiesenen Grundstücks mit Einfamilienhaus. Die Parteien schlossen einen Maklervertrag und im Nachgang dazu einen Reservierungsvertrag, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, das Grundstück gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für die Kläger vorzuhalten. Die Kläger nahmen vom Kauf Abstand und verlangen von der Beklagten die Rückzahlung der Reservierungsgebühr.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Der Reservierungsvertrag sei wirksam. Er stelle eine eigenständige Vereinbarung mit nicht nach den §§ 307 ff. BGB kontrollfähigen Hauptleistungspflichten dar.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Beklagte auf die Revision der Kläger zur Rückzahlung der Reservierungsgebühr verurteilt.

Der Reservierungsvertrag unterliegt der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil es sich dabei nach dem Inhalt der getroffenen Abreden nicht um eine eigenständige Vereinbarung, sondern um eine den Maklervertrag ergänzende Regelung handelt. Dass der Reservierungsvertrag in Form eines gesonderten Vertragsdokuments geschlossen wurde und später als der Maklervertrag zustande kam, steht dem nicht entgegen.

Der Reservierungsvertrag benachteiligt die Maklerkunden im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen und ist daher unwirksam, weil die Rückzahlung der Reservierungsgebühr ausnahmslos ausgeschlossen ist und sich aus dem Reservierungsvertrag weder für die Kunden nennenswerte Vorteile ergeben noch seitens des Immobilienmaklers eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist. Außerdem kommt der Reservierungsvertrag der Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision zugunsten des Maklers gleich. Das widerspricht dem Leitbild der gesetzlichen Regelung des Maklervertrags, wonach eine Provision nur geschuldet ist, wenn die Maklertätigkeit zum Erfolg geführt hat.

Vorinstanzen:

AG Dresden – Urteil vom 23. April 2021 – 113 C 4884/20

LG Dresden – Urteil vom 10. Juni 2022 – 2 S 292/21

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB

Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB

Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist …

Karlsruhe, den 20. April 2023

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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VonRA Moegelin

Hinweispflicht Reiseveranstalter zu Regenzeit

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Ein Reiseveranstalter muss nicht darauf hinweisen, dass im Dezember in Ecuador Regenzeit herrscht. Denn dies hätte bereits durch eine einfache Internetrecherche des Reisenden erkannt werden können. Wetterbedingungen sind nicht Leistungsbestandteil der gebuchten Reise.

Volltext der Pressemitteilung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.07.2023 – 2-24 O 51/22:

Die Klägerin hatte für sich und ihren Partner eine einwöchige Pauschal-Rundreise nach Ecuador Ende Dezember 2021 für einen Gesamtpreis von rund 18.000 € gebucht. Nach Durchführung der Reise verlangte sie eine Minderung von rund 6.000 € des Reisepreises. Sie begründete dies insbesondere damit, bei einer Rundwanderung um einen laut Reiseankündigung „traumhaft schönen Kratersee“ sei von dem See wegen Nebels nichts zu sehen gewesen. Starkregen und Nebel hätten außerdem bei einer Fahrt durch die Westkordilleren die Aussicht auf die Landschaft verhindert. Auch während einer zweitätigen Durchquerung des Amazonas Dschungels hätte wegen des starken Regens von der versprochenen Tierwelt nichts erblickt werden können. Der auf dem Programm stehende Besuch einer Fledermaushöhle habe wegen Überflutung nicht stattfinden können. Darüber hinaus habe es in einem Hotel kein warmes Wasser geben. Bei einer späteren mehrtätigen Fahrt auf einem Katamaran sei der Lärm durch einen defekten Generator so erheblich gewesen, dass sich die Reisenden in der zweiten Nacht entschlossen, an Deck zu schlafen. Der Katamaran habe dann nicht in Santa Cruz, sondern in Baltra geankert und zwar mit Blick auf die örtliche Tankstelle und den Flughafen. Schließlich sei ein Tagesausflug ausgefallen.

Die Reiserechtskammer gab der Klage teilweise statt. Entgegen der Ansicht der Klägerin habe der Reiseveranstalter zwar nicht darauf hinweisen müssen, dass im Dezember in Ecuador Regenzeit herrscht. Denn dies hätte bereits durch eine einfache Internetrecherche erkannt werden können. Wetterbedingungen seien nicht Leistungsbestandteil der gebuchten Reise. Demgegenüber erkannte das Gericht aber eine Minderung von 10 % des errechneten Tagesreisepreises für den unterbliebenen Besuch der Fledermaushöhle, in Höhe von 20 % des Tagesreisepreises für die fehlende Warmwasserversorgung in einem Hotel, von 30 % für die Lärmbelästigung auf dem Katamaran und 40 % für den entfallenen Tagesausflug sowie die Anfahrt von Baltra statt Santa Cruz mit Blick auf Tankstelle und Flughafen. Diese Reduzierungen der Tagesreisepreise führten zu einer Verurteilung des Reiseveranstalters auf Zahlung von rund 800 € an die Klägerin.

Das Urteil vom 15.3.2023 (Aktenzeichen 2-24 O 102/22) ist nicht rechtskräftig.

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