Schlagwort-Archiv Mutterschutz

VonRA Moegelin

Diskriminierende Kündigung einer Schwangeren durch Anwalt

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molumen-pregnancy-silhouet-1Auch einem Rechtsanwalt kann es passieren, dass er rechtlich unhaltbare Kündigungen ausspricht. Sogar im zweiten Anlauf hat es für einen Anwalt mit der Kündigung seiner schwangeren Angestellten nicht geklappt.

Der beklagte Rechtsanwalt, hatte die bei ihm beschäftigte Klägerin bereits während der Probezeit gekündigt. Diese Kündigung hatte das Arbeitsgericht in einem vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren nach § 9 MuSchG für unwirksam erklärt, weil die Klägerin ihrem Arbeitgeber gleich nach der Kündigung unter Vorlage des Mutterpasses mitgeteilt hatte, dass sie schwanger sei und der Arbeitgeber keine Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde zur Kündigung eingeholt hatte. Einige Monate später kündigte der Beklagte ein weiteres Mal ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde.

Das LAG hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Kündigung einer schwangeren Frau ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde kann eine verbotene Benachteiligung wegen des Geschlechts gemäß § 1 AGG darstellen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer Geldentschädigung verpflichten (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.09.2015 – 23 Sa 1045/15).

Durch die erneute Kündigung sei die Klägerin wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Der Einwand des Arbeitgebers, er habe angenommen, die Schwangerschaft sei bereits beendet, hat das Gericht für unberechtigt gehalten. Es hätten keine Anhaltspunkte für ein Ende der Schwangerschaft vorgelegen; auch sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, den Arbeitgeber stets von dem Fortbestand der Schwangerschaft in Kenntnis zu setzen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen. (vgl. Pressemitteilung Nr. 28/15 vom 16.09.2015)

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VonRA Moegelin

Kündigung nach In-vitro-Fertilisation

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Mad_scientistEine Arbeitnehmerin die als Versicherungsvertreterin angestellt war, teilte ihrem Arbeitgeber mit, dass sie seit mehreren Jahren einen bisher unerfüllten Kinderwunsch hege und ein erneuter Versuch einer künstlichen Befruchtung anstehe. Der Embryonentransfer erfolgte am 24. Januar 2013. Am 31. Januar 2013 sprach ihr Arbeitgeber – ohne behördliche Zustimmung – eine ordentliche Kündigung aus. In der Folge besetzte er die Stelle mit einer älteren Arbeitnehmerin. Am 7. Februar 2013 wurde bei der Klägerin eine Schwangerschaft festgestellt. Hierüber informierte sie den Beklagten am 13. Februar 2013.

Die Klägerin hatte in allen Instanzen Erfolg. Die Kündigung war unwirksam und der Kündigungsschutzklage daher stattzugeben. Im Wesentlichen stützt das BAG seine Entscheidung auf folgende Erwägungen:

Die Kündigung verstößt gegen § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG, wonach eine ohne behördliche Zustimmung ausgesprochene Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft unzulässig ist, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft bekannt war oder sie ihm innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.

Die Klägerin genoss bei ihrem Zugang wegen des zuvor erfolgten Embryonentransfers den besonderen Kündigungsschutz des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG. Im Fall einer Schwangerschaft nach einer Befruchtung außerhalb des Körpers (In-vitro-Fertilisation) greift das mutterschutzrechtliche Kündigungsverbot bereits ab dem Zeitpunkt der Einsetzung der befruchteten Eizelle (sogenannter Embryonentransfer) und nicht erst mit ihrer erfolgreichen Einnistung (Nidation).

Die Kündigung verstößt zudem gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG iVm. §§ 1, 3 AGG. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 26. Februar 2008 (C-506/06) entschieden, es könne eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegen, wenn eine Kündigung hauptsächlich aus dem Grund ausgesprochen werde, dass die Arbeitnehmerin sich einer Behandlung zur In-vitro-Fertilisation unterzogen habe. Im Streitfall durfte das Landesarbeitsgericht nach den gesamten Umständen davon ausgehen, dass die Kündigung wegen der (beabsichtigten) Durchführung einer solchen Behandlung und der damit einhergehenden Möglichkeit einer Schwangerschaft erklärt wurde.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 26. März 2015 – BAG 2 AZR 237/14

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