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VonRA Moegelin

BAG zur Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Rechtsanwalts

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BagIst ein monatliches Bruttogehalt von 1.200 € für einen in einer Kanzlei angestellten Rechtsanwalt wegen Sittenwidrigkeit nichtig? Er erachtet aufgrund seiner Qualifikation ein Gehalt von 3. 612, 50 € brutto als angemessen. In den ersten beiden Instanzen scheiterte der Anwalt mit seiner Klage auf Zahlung des Differenzlohns.

Vereinbart war eine 20-Stunden-Arbeitswoche. Dementsprechend beziehen sich die zuvor anführen Beträge auch auf betreffende Arbeitszeit. Zu seinem Tätigkeitbereich des Klägers gehörten die üblichen Anforderungen in einer Kanzlei und zwar die Anfertigung von Schriftsätzen, das Verfassen von Gutachten, das Führen von Mandantengesprächen sowie die Wahrnehmung von Gerichtsterminen.

Bei der Bemessung des Wertes seiner Leistung seien insbesondere zu berücksichtigen: die Anstellung in einer Sozietät, eine siebeneinhalbjährige Assessoren-Eigenschaft, das Prädikat im ersten Staatsexamen und der Titel LL. M. Der Kläger legte 1999 das erste juristische Staatsexamen mit der Note „befriedigend“ und im November 2001 das zweite juristische Staatsexamen mit einem schwachen „ausreichend“ ab. Seit März 2002 ist er als Rechtsanwalt im OLG-Bezirk Hamm zugelassen.

Nach der Rechtsprechung liegt ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Wert der Arbeitsleistung und der Vergütungshöhe vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel der üblicherweise gezahlten Vergütung erreicht. Dem Kläger ist es nicht gelungen, ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem objektiven Wert seiner Arbeitsleistung und der gezahlten Vergütung darzulegen. Die Revison war daher zurückzuweisen.

Ein Anlass, von dieser Richtgröße (2/3)  wegen der Besonderheiten in der Beschäftigung angestellter Rechtsanwälte abzuweichen, bestand für das BAG nicht. Die in § 26 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) enthaltene Vorgabe, Rechtsanwälte nur zu angemessenen Bedingungen zu beschäftigen, insbesondere eine der Qualifikation, den Leistungen und dem Umfang der Tätigkeit des Beschäftigten und den Vorteilen des beschäftigenden Rechtsanwalts aus dieser Tätigkeit entsprechende Vergütung zu gewährleisten, stelle selbst keine Anspruchsgrundlage dar und führe zu keinem anderen Ergebnis.

Zur Ermittlung des Vergleichsentgelts sind nach Ansicht des Klägers personalwirtschaftliche Spezialkenntnisse erforderlich, so dass deshalb ein Sachverständigengutachten einzuholen sei. Dem hat das BAG eine Abfuhr erteilt. Dies sei mit dem das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren beherrschenden Beibringungsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Demnach sind die entscheidungserheblichen Tatsachen von den Parteien dem Gericht vorzutragen, nicht jedoch vom Gericht zu ermitteln.

Das BAG verlangt, als Vergleichsentgelt die übliche Vergütung von Rechtsanwälten in vergleichbaren Anstellungsverhältnissen am Beschäftigungsort oder an einem Ort vergleichbarer wirtschaftlicher Prägung des OLG-Bezirks heranzuziehen. Zu diesen Vergleichsgrößen hat der Kläger keinen hinreichend konkreten Sachvortrag geleistet.

Erforderlich gewesen wäre der Vortrag von Tatsachen, aus denen darauf geschlossen werden könnte, die in den Erhebungen zum Teil differenziert nach Region, Kanzleigröße, Einzelkanzlei und Sozietät sowie nach Berufserfahrung, Arbeitszeit und Qualifikation (zB Examensnoten, Zusatzqualifikationen) der angestellten Rechtsanwälte angegebenen Werte ließen sich auf seine Verhältnisse übertragen und ermöglichten einen Rückschluss auf die im OLG-Bezirk Hamm übliche Vergütung.

Die vom Kläger vorgetragene Untersuchung azur 2/2008 differenziere überhaupt nicht nach Standort, Kanzleigröße, Arbeitszeit und Qualifikation der angestellten Rechtsanwälte. Das Gutachten der Rechtsanwaltskammer Hamburg treffe keine Aussagen, die auf die Verhältnisse im OLG-Bezirk Hamm schließen lassen könnten. Auch die Studie des Instituts für Freie Berufe Nürnberg erlaube keine Schlüsse auf die am Beschäftigungsort des Klägers übliche Vergütung.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – 5 AZR 663/13

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