Schlagwort-Archiv Schmerzensgeld

VonRA Moegelin

Sturz im Supermarkt – Erste Hilfe mit Tiefkühlfisch

Share

Fish-silhouette-by-RonesDas Amtsgericht Schöneberg hatte zu entscheiden, ob ein Supermarktbetreiber die Verkehrssicherungspflicht verletzt hat,  weil sich eine Kundin im Bereich der Getränkeregale durch einen Sturz verletzt hatte. Auslöser soll eine Pfütze gewesen sein. Eine andere Kundin übernahm die Erstversorgung der Klägerin, indem sie mit einem herbeigeholten Tiefkühlfisch den Blutfluss linderte.

Als eine Supermarkt-Mitarbeiterin hinzukam, um den Unfall aufzunehmen, äußerte diese sinngemäß, dass ja nicht ein so teurer Tiefkühlfisch hätte benutzt werden müssen.

Die Kundin verlangt vom beklagten Supermarkt-Betreiber deswegen ein Schmerzensgeld von 1.000,00 EUR, weitere 128,33 EUR Schadensersatz für beschädigte Kleidung und Medikamente sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 85,68 EUR. Nach Ansicht ihres Anwalts sei in so einem Fall in den USA zwei Millionen Dollar üblich.

Das Amtsgericht Schöneberg hat den Supermarktbetreiber antragsgemäß zu Schmerzensgeld und Schadensersatz verurteilt.

Wurden zumutbare Maßnahmen für die Erkennung und Beseitigung einer am Boden eines Supermarkts befindlichen Pfütze, die objektiv eine Gefahr für den Kundenverkehr darstellt, nicht ergriffen, so führt der Supermarktbetreiber die dem Kunden durch den Sturz entstandenen Schaden zumindest fahrlässig herbei (Amtsgericht Schöneberg, Urteil vom 17. April 2015 – 17 C 113/14).

Der beklagte Supermarktbetreiber hat nach den Feststellungen des Gerichts seine Pflichten verletzt, indem er es unterlassen hat, zumutbare Kontrollmaßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit seiner Kunden zu gewährleisten. Der Beklagte hätte erkennen müssen, dass die auf dem Fußboden des Supermarktes befindliche Pfütze, die den Sturz der Klägerin vermutlich – und vom Beklagten nicht widerlegt – verursacht hat, eine Gefahr für den Kundenverkehr bedeutet habe.

Unter Berücksichtigung aller Umstände, unter anderem der von der Klägerin erlittenen Verletzungen und des am eigenen wirtschaftlichen Vorteil orientierten Verhaltens der Beklagten nach dem Unfall, erachtet das Gericht ein Schmerzensgeld von 1.000,00 EUR für angemessen, um die von der Klägerin erlittenen immateriellen Schäden auszugleichen. Für die beschädigten Kleidungsstücke könne sie den Neupreis verlangen, da Gebrauchsspuren nicht zu erkennen gewesen seien.

Volltext des Urteils des Amtsgerichts Sch̦neberg: AG Sch̦neberg, Urteil vom 17. April 2015 Р7 C 113/14

Share
VonRA Moegelin

Der „grobe“ zahnprothetische Behandlungsfehler

Share

teeth-whiteningIn welcher Höhe die erwiesene Fehlerhaftigkeit einer zahnprothetischen Behandlung ein Schmerzensgeld rechtfertigt, lag dem OLG Hamm zur Entscheidung vor. Dabei führte das OLG aus, was unter einem „groben“ Behandlungsfehler zu verstehen ist.

Die 1937 geborene Klägerin aus Bielefeld begab sich zwecks prothetischer Versorgung ihres Oberkiefers im Jahre 2002 in zahnärztliche Behandlung. Nachdem für 6 Zähne Implantate eingesetzt und zwei weitere Zähne überkront worden waren, suchte die Klägerin die seinerzeit in der Praxis des beklagten Zahnarztes in Nijmwegen tätige, mitverklagte Zahnärztin auf. Die Beklagte versorgte die Klägerin im Jahre 2003 mit einem festsitzenden Zahnersatz im Oberkiefer, in den sie die beiden überkronten Zähne einband. Dieser Zahnersatz musste im Jahre 2007 entfernt werden, nachdem sich einer der überkronten Zähne erheblich entzündet hatte. Die Klägerin musste zunächst ein Langzeitprovisorium tragen, die prothetische Versorgung ihres Oberkiefers war unter Entfernung der beiden überkronten Zähne zu erneuern. Von den Beklagten hat sie Schadensersatz verlangt, u.a. den Ersatz weiterer Behandlungskosten von ca. 4.000 Euro und ein Schmerzensgeld von 20.000 Euro. Dabei hat sie gemeint, dass die Planung und Ausführung ihrer prothetischen Versorgung durch die Beklagten grob fehlerhaft gewesen sei.

Das Landgericht Bielefeld hat der Klägerin unter anderem neben Behandlungskosten zudem 4.000 € Schmerzensgeld zugesprochen. Ihre Klage hinsichtlich der darüber hinausgehenden Forderung von weiteren 16.000 € Schmerzensgeld wurde abgewiesen. Das OLG Hamm hat ihre Berufung zurückgewiesen.

Ist eine zahnprothetische Behandlung fehlerhaft, weil sie nicht dem fachärztlichen Standard für eine langfristige Versorgung entspricht, muss kein grober Behandlungsfehler vorliegen, der ein Schmerzensgeld von mehr als 4.000 Euro rechtfertigt (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 16.12.2014 – 26 U 81/14).

Nach der Anhörung eines zahnmedizinischen Sachverständigen hat das OLG zwar zahnärztliche Behandlungsfehler feststellen können, aber keine Fehler, die als grob zu bewerten waren und ein deutlich höheres Schmerzensgeld gerechtfertigt hätten. Zwar seien die Schraubenköpfe mehrerer Implantate beim Präparieren der Abutments (Stützpfeiler) beschädigt worden, was bereits eine neue Konstruktion der prothetischen Versorgung erforderlich gemacht habe. Außerdem hätten die überkronten Zähne nicht in eine langfristige Versorgung einbezogen werden dürfen, weil sie parodontal geschwächt gewesen sein. Darüber, dass die von den Beklagten gewählte Lösung eine zeitlich begrenzte Haltbarkeit gehabt habe, sei die Klägerin zudem nicht hinreichend aufgeklärt worden.

Mit dem zahnmedizinischen Sachverständigen stufte das Gericht die Fehler aber nicht als grobe Behandlungsfehler ein. Ein grober Behandlungsfehler liege erst dann vor, wenn ein Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen habe und einen aus objektiv ärztlicher Sicht nicht mehr verständlichen Fehler gemacht habe, der einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfe. In diesem Sinne seien die vorliegenden Behandlungsfehler nicht zu bewerten. So seien die beiden überkronten Zähne bei der Behandlung durch die Beklagten erst leicht vorgeschädigt gewesen und hätten nicht in jedem Fall sofort entfernt werden müssen. Wenn ihre parodontale Nachbehandlung sichergestellt worden wäre, hätten sie sogar in eine prothetische Versorgung einbezogen werden können. Lediglich im Fall einer optimalen prothetischen Versorgung wären sie von Anfang an zu entfernen gewesen. Der spätere Verlust der beiden Zähne rechtfertige deswegen auch kein höheres Schmerzensgeld, ebenso nicht die von der Klägerin erlittenen Schmerzen, die bereits nach den Angaben der Klägerin nicht als für eine Zahnbehandlung außergewöhnlich einzustufen sein.

Share
VonRA Moegelin

Der Sturz an der Bordsteinkante

Share

cybergedeon_AL_slippingKommunen können sich schadensersatzpflichtig machen, wenn sie die Verkehrssicherungspflichten im öffentlichen Straßenraum vernachlässigen. Das passiert in letzter Zeit immer öfters durch Schlaglöcher, wodurch Autos Schäden erleiden und Warnschilder nicht auf die Gefahren hinweisen. Im Fall der Klägerin ging es um den Sturz an einer Bordsteinkante im Innenstadtbereich, als sie dort zu Fuß unterwegs war. Am Übergang eines Fußgängerwegs zu einer Zufahrtsstraße zu einem Parkhaus befand sich eine lockere Stelle im Bordstein.

Die Klägerin behauptet, bei der Überquerung der Zufahrtsstraße am gelockerten Bordstein gestürzt und gestolpert zu sein. Sie erlitt eine Fraktur am linken Ellbogen. Hierfür verlangt sie mehrere Tausend Euro Schmerzensgeld. Die Klägerin meinte, dass sie an diesem Sturz nur zu einem Drittel selbst schuld sei. Die überwiegende Verantwortung trage die Kommune.

Die beklagte Stadt behauptet, dass im Unfallbereich regelmäßig kontrolliert werde. Die Einfahrt zum Parkhaus sei 12 Tage vor dem Sturz der Klägerin überprüft worden. Ein lockerer Bordstein sei nicht vorhanden gewesen. Es sei aber möglich, dass sich der Bordstein in der Zwischenzeit infolge von Frosteinwirkung oder Überfahrens gelockert haben könnte. Die Stadt meinte, sie habe ausreichend kontrolliert und zudem habe der hochaufstehende Bordstein durch seine Offensichtlichkeit vor sich selbst gewarnt.

Das Landgericht Coburg wies die Klage ab. Eine Pflichtverletzung der beklagten Kommune konnte das Gericht nicht feststellen.

Das Gericht ging aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder davon aus, dass der hochstehende, lockere Bordstein deutlich zu erkennen war. Zudem befand sich die Stolperstelle nicht in einer Gehfläche sondern an der Kante des Gehwegs zur Straße. Ein umsichtiger Fußgänger hätte sich in diesem Bereich ohnehin auf einen Höhenunterschied einstellen müssen. Der Bordstein an der Sturzstelle ist optisch abgegrenzt und der Höhenunterschied war gut zu erkennen.

Ein Verstoß der Verkehrssicherungspflicht seitens der Kommune konnte nicht festgestellt werden.

Die Klage einer Fußgängerin wegen eines Sturzes an einer Bordsteinkante wurde abgewiesen. Das Gericht konnte keine Pflichtverletzung der Kommune erkennen.

Sicherungserwartungen eines Verkehrsteilnehmers gegenüber Gefahren, die einem jeden ins Auge fallen müssen, sind nach Ansicht des Gerichts gering anzusetzen. Bei solchen Gefahren gehe die Eigenverantwortung des Verkehrsteilnehmers möglichen Verkehrssicherungspflichten vor. Um eine solche offensichtliche Gefahr handelte es sich nach Meinung des Gerichts auch im einschlägigen Fall. Daher trug die Fußgängerin die Verantwortung für ihren Sturz selbst und die Klage blieb erfolglos.

(vgl.: Pressemitteilung Nr.538/14 des LG Coburg vom 21. November 2014)

Share
Blogverzeichnis TopBlogs.de das Original - Blogverzeichnis | Blog Top Liste Blogverzeichnis Bloggerei.de