Schlagwort-Archiv Kündigung

VonRA Moegelin

Keine fristlose Kündigung wegen Änderung des XING-Profils

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Die falsche Angabe des beruflichen Staus als „Freiberufler“ kann ohne Hinzutreten weiterer Umstände   keine   fristlose   Kündigung   wegen   einer   unerlaubten   Konkurrenztätigkeit rechtfertigen. Dies hat die 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln in einem am 07.02.2017 verkündeten Urteil entschieden.

Der Kläger war Mitarbeiter einer Steuerberaterkanzlei. Die Parteien vereinbarten im Wege eines Aufhebungsvertrages die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit mehrmonatiger Auslauffrist. Kurz vor Ende des Arbeitsverhältnisses stellte die beklagte Arbeitgeberin fest, dass der Kläger in seinem privaten XING-Profil bereits angegeben hatte, als „Freiberufler“ tätig zu sein. Sie sprach die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus, weil sie hierin eine unzulässige Konkurrenztätigkeit sah. Aufgrund der überwiegend beruflichen Nutzung des sozialen Netzwerks XING sei davon auszugehen, dass der Kläger hiermit aktiv eine freiberufliche Tätigkeit in Konkurrenz zur Arbeitgeberin beworben und Mandanten habe abwerben wollen.

Die   Berufungskammer   hat wie   bereits   das   Arbeitsgericht   als   Vorinstanz die außerordentliche Kündigung als rechtsunwirksam angesehen. Einem Arbeitnehmer ist zwar grundsätzlich während des gesamten rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses eine Konkurrenztätigkeit untersagt. Zulässig sind jedoch Handlungen, mit denen eine spätere Konkurrenztätigkeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses lediglich vorbereitet wird. Die Grenze der noch zulässigen Vorbereitungshandlung wird erst bei einer aktiv nach außen tretenden   Werbung   für   eine   Konkurrenztätigkeit   überschritten.   Dies   kann   bei   der fehlerhaften Angabe, der aktuelle berufliche Status sei „Freiberufler“, ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht angenommen werden. Entscheidend war für die Kammer auch, dass der Name der Arbeitgeberin im XING-Profil weiterhin als aktuelle Tätigkeit genannt war und   unter   der   XING Rubrik „Ich suche“ gerade keine Angaben durch den Kläger dahingehend vorgenommen worden waren, dass freiberufliche Mandate gesucht werden.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

(Landesarbeitsgericht Köln – Urteil vom 07.02.17 – 12 Sa 745/16; vgl. Pressemitteilung 1/2017 des Pressedezernenten des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Köln)

Dem LAG Köln ist beizupflichten, dass es schon an einem wichtigen Gründ für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung fehlt. Eine vom Arbeitgeber angenomme unzulässige Konkurrenztätigkeit ist tatbestandlich nicht einschlägig. Der im XING-Profil fehlerhaft eingetragene Status „Freiberufler“ ist nicht nicht ausreichend für einen Kündigungsgrund. Erforderlich gewesen wäre, wenn der Kläger über sein XING-Profil eine aktive, entgegen seinen arbeitsvertraglichen Pflichten stehende Tätigkeit entfaltet hätte, die auf Bewerbung einer konkurrierenden Tätigkeit oder auf Abwerbung von Kunden gerichtet ist.

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VonRA Moegelin

Entlassungsverlangen des Betriebsrats nach § 104 BetrVG

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104 BetrVG greift in massiver Weise in die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit des Art. 12 GG ein, indem der Betriebsrat den Arbeitgeber zur Entlassung missliebiger Arbeitnehmer zwingen kann.

104 BetrVG regelt, dass in dem Fall in dem ein Arbeitnehmer durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört hat, der der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung verlangen kann. Gibt das Arbeitsgericht einem Antrag des Betriebsrats statt, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Entlassung oder Versetzung durchzuführen, und führt der Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zuwider nicht durch, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Entlassung oder Versetzung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.

Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Entfernung aus § 104 BetrVG, soweit es sich das Anliegen auf einen Geschäftsführer bezieht. Denn der Geschäftsführer ist kein Arbeitnehmer im Sinne des § 104 BetrVG (LAG Hamm, Beschluss vom 02.08.2016 – 7 TaBV 11/16)

In dem folgenden Fall hat das BAG ging es um die Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin, wobei in einem vorausgegangenen Verfahren auf Antrag des Betriebsrats dem Arbeitgeber aufgegeben wurde, die Arbeitnehmerin zu entlassen.

Ist einem Arbeitgeber auf Antrag des Betriebsrats in einem Verfahren nach § 104 Satz 2 BetrVG rechtskräftig aufgegeben worden, eine Arbeitnehmerin zu entlassen, liegt für eine ordentliche Kündigung dieses Arbeitnehmers ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor.

Die Klägerin war bei dem beklagten Versicherungsunternehmen langjährig als Sachbearbeiterin beschäftigt. Ende April 2015 forderte der Betriebsrat die Beklagte auf, die Klägerin zu entlassen, hilfsweise sie zu versetzen. Zur Begründung verwies er auf Vorfälle, die sich zwischen der Klägerin und ihren Arbeitskollegen im Oktober 2014 und Januar 2015 ereignet haben. Die Beklagte kam dem Verlangen zunächst nicht nach. In dem daraufhin vom Betriebsrat eingeleiteten Beschlussverfahren gem. § 104 Satz 2 BetrVG gab das Arbeitsgericht der Beklagten antragsgemäß auf, die Klägerin „zu entlassen“. Die Klägerin war in dem Beschlussverfahren nach § 83 Abs. 3 ArbGG angehört worden. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2016.

Dagegen hat sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage gewandt. Sie hat gemeint, es liege weder ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für die außerordentliche Kündigung vor noch sei die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 KSchG. Beide Vorinstanzen haben festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zwar nicht durch die fristlose Kündigung aufgelöst worden ist, die gegen die ordentliche Kündigung gerichtete Klage wurde jedoch abgewiesen. Im Revisionsverfahren verfolgen die Parteien ihre ursprünglichen Anträge weiter.

Die Rechtsmittel beider Parteien blieben vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. Der Zweite Senat hat entschieden, dass aufgrund der – auch im Verhältnis zur Klägerin – rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts, wonach die Beklagte die Klägerin zu entlassen hatte, ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG für die ordentliche Kündigung gegeben war. Dagegen war der Beklagten durch den Beschluss nicht die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgegeben worden.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. März 2017 – 2 AZR 551/16; vgl. Pressemitteilung Nr. 19/17)

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VonRA Moegelin

Abgekürzte Kündigungsfrist in der Probezeit

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Sieht der Arbeitsvertrag eine Probezeit von längstens sechs Monaten vor, kann das Arbeitsverhältnis gemäß § 622 Abs. 3 BGB ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Ist jedoch in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer weiteren Klausel eine längere festgelegt, ohne unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll, ist dies vom Arbeitnehmer regelmäßig dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist kündigen kann.

Der Kläger war ab April 2014 bei der Beklagten als Flugbegleiter beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag, den die Beklagte vorformuliert hatte, war in § 1 pauschal bestimmt, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach einem Manteltarifvertrag richten; dieser sah während der Probezeit besondere Kündigungsfristen vor. In § 3 des Arbeitsvertrags war unter der Überschrift „Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses“ vorgesehen, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten. In § 8 des Vertrags, der mit „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ überschrieben war, war ohne Bezugnahme auf § 1 oder § 3 des Vertrags festgelegt, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelte. Am 5. September 2014 erhielt der Kläger eine Kündigung zum 20. September 2014. Er begehrt die Feststellung, das Arbeitsverhältnis habe erst mit Ablauf der in § 8 des Arbeitsvertrags vereinbarten Frist und damit zum 31. Oktober 2014 geendet. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, dass innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine kürzere Kündigungsfrist gelten solle.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Bestimmungen des von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrags sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht. Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmers lässt eine Vertragsgestaltung wie die im Arbeitsvertrag der Parteien nicht erkennen, dass dem Verweis auf den Manteltarifvertrag und der Vereinbarung einer Probezeit eine Bedeutung für Kündigungsfristen zukommt. Nach Wortlaut und Systematik des Vertrags ist vielmehr allein die Bestimmung einer sechswöchigen Kündigungsfrist maßgeblich. Diese Frist gilt auch für Kündigungen in der vereinbarten Probezeit.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. März 2017 – BAG 6 AZR 705/15, vgl. Pressemitteilung Nr. 17/17)

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VonRA Moegelin

Kündigung eines Zugführers wegen Foto auf Facebook von KZ

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Das LAG BW hatte über die Wirksamkeit der Kündigung eines Zugführers der Bahn AG wegen Fotos auf Facebook vom KZ Auschwitz zu entscheiden. In 1. Instanz wurde die Klage abgewiesen. Die an letzter Stellung der Prüfung erfolgende Interessenabwägung fiel nach Ansicht des Arbeitsgerichts zu Gunsten des Zugführers aus.

Das Arbeitsgericht Mannheim stellte in seinem Urteil folgenden Leitsatz auf:

Äußerungen eines Arbeitnehmers auf seinem privaten Facebook-Nutzerkonto, die einen rassistischen und menschenverachtenden Inhalt haben, können jedenfalls dann eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers rechtfertigen,wenn sich aus dem Facebook-Nutzerkonto ergibt, dass der Arbeitnehmer bei dem Arbeitsgeber beschäftigt ist und die Äußerung ruf- und geschäftsschädigend sein kann (vgl. Urteil im Volltext: Arbeitsgericht Mannheim vom 19. Februar 2016 – 6 Ca 190/15).

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist eine von der DB Regio AG ausgesprochene außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung eines Zugführers.

Der von der Arbeitgeberin angeführte Grund für die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ist ein Foto auf der Facebookseite des Arbeitnehmers, welches das Eingangstor des Konzentrationslagers in Auschwitz mit dem Schriftzug „Arbeit macht frei“ zeigt. Auf dem Bild befindet sich eine Textzeile in polnischer Sprache. Auf eine Anfrage eines Lesers der Seite hin übersetzte der Arbeitnehmer diesen Text mit „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“. Es folgten darauf weitere Anmerkungen zu Bild und Text von zwei weiteren Facebooknutzern. Weiter befindet sich auf der Facebookseite ein Foto des Zugführers in Uniform vor einem Zug der DB Regio AG. Sein Steckbrief enthält überdies die Angabe, dass er bei der DB Regio AG/S-Bahn Rhein-Neckar und DB Bahn beschäftigt sei.

Die Arbeitgeberin hält das Verhalten des Fahrzeugführers vor dem Hintergrund, dass auch Flüchtlinge in ihren Zügen fahren, für untragbar.

Der Arbeitnehmer hat sich zunächst für die „unüberlegte dumme Tat“ vor Zugang der Kündigung entschuldigt. Als gebürtiger Pole habe er einen anderen Bezug zum Thema Auschwitz. Das Foto stamme aus einer polnischen Satirezeitschrift. Den Text habe er amüsant gefunden. Im weiteren Verlauf hat er erklärt, er habe Kritik am Umgang der polnischen Regierung mit der Flüchtlingsproblematik üben wollen. Das Arbeitsgericht hat am 19. Februar 2016 entschieden, dass sowohl die außerordentliche als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Zugführers unwirksam sei. Zwar liege in dem Verhalten des Arbeitnehmers eine Pflichtverletzung. Die vom geschichtlichen Kontext losgelöste Verwendung des Eingangstors von Auschwitz oder des Satzes „Arbeit macht frei“ sei in Deutschland tabuüberschreitend und mute in Verbindung mit Flüchtlingen menschenverachtend an. Dass es sich dabei um Satire gehandelt habe, sei objektiv nicht erkennbar. Dennoch falle eine abschließend vorzunehmende Abwägung der Interessen der Parteien zu seinen Gunsten aus. Dies gelte insbesondere angesichts des ungestörten Verlaufs des Arbeitsverhältnisses über 14 Jahre hinweg und mit Blick auf den Umstand, dass sich der Arbeitnehmer noch vor Ausspruch der Kündigung entschuldigt und das Foto auf seiner Facebookseite gelöscht habe, zu seinen Gunsten aus.

Die Arbeitgeberin hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. Das Verfahren Az. 19 Sa 3/16 wurde durch Rücknahme der Berufung seitens der Beklagten in der Berufungsverhandlung vom 9. September 2016 erledigt.

(Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 06.09.2016)

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VonRA Moegelin

Kündigung auf Verlangen der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde

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bank-300pxDas Hessische Landesarbeitsgericht hat über eine Kündigung eines Arbeitsverhältnisses entschieden, welche die Commerzbank auf Verlangen der New Yorker Finanzaufsichtsbehörde (NYDFS) ausgesprochen hatte. Die Bank hat geltend gemacht, dass sie von der Finanzaufsichtsbehörde durch eine Vergleichsverpflichtung (Consent Order) gezwungen wurde, das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Nach Einschätzung der Finanzaufsichtsbehörde hatten insb. Mitarbeiter der Filiale Hamburg Zahlungen verschleiert. Bei deren Ausführung über die New Yorker Niederlassung der Bank habe daher nicht kontrolliert werden können, ob die US-amerikanischen Vorschriften zum Iran-Embargo eingehalten wurden. Die Aufsichtsbehörde hatte neben einer hohen Strafzahlung deshalb auch die Entlassung mehrerer Angestellter der Commerzbank in Deutschland verlangt. Damit habe sie Sanktionen gegen einzelne Personen zur Abschreckung durchsetzen wollen, wie sie dies auch bei Aufsichtsmaßnahmen in den USA forderte.

Die Berufung der Commerzbank hatte keinen Erfolg. Das Gericht hat offengelassen, unter welchen Bedingungen sich eine Bank wegen einer solchen Sanktion darauf berufen kann, ein Arbeitsverhältnis beenden zu müssen, das dem deutschen Recht untersteht. Die Verpflichtung der Commerzbank nach der Consent Order habe jedenfalls ausdrücklich unter dem Vorbehalt gestanden, dass eine Kündigung durch ein deutsches Gericht überprüft werden könne. Die Kündigung sei nach deutschem Arbeitsrecht nicht gerechtfertigt gewesen. Die bisher von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Voraussetzungen für eine so genannte Druckkündigung seien nicht erfüllt, wenn eine Aufsichtsmaßnahme eine Bestrafung bezwecke, die der Arbeitgeber umsetzen müsse.

Die Commerzbank sei jedoch vorerst nicht verpflichtet, den Mitarbeiter tatsächlich zu beschäftigen. Sie hatte gegenüber der Finanzaufsichtsbehörde vertraglich zugesagt, ihren Arbeitnehmer in bestimmten Bereichen nicht mehr einzusetzen, wenn das Arbeitsverhältnis     – wegen einer gerichtlichen Entscheidung – fortbestehe. Der klagende Arbeitnehmer konnte durch seinen Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Kündigungsrechtsstreits keine vorübergehende Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes erreichen, welche bisher von der Bank noch nicht vorgenommen wurde. Die Anschlussberufung des Angestellten ist ebenfalls zurückgewiesen worden.

Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. Daher ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

(Hess. LAG, Urteil vom 13.07.2016, Az. 18 Sa 1498/15; Pressemitteilung Nr. 04/2016; vorhergehend: Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 10.11.2015, Az. 5 Ca 2382/15)

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VonRA Moegelin

Massenentlassungen in der Elternzeit

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1305531477Nach der Erweiterung des Begriffs der Massenentlassung durch das Bundesverfassungsgericht, hat das BAG die Kündigung einer Arbeitnehmerin für unwirksam erklärt, die wegen Elternzeit erst nach Ablauf des 30-Tage-Zeitraums ausgesprochen wurde und somit eigentlich nicht dem erhöhten Schutz des § 17 KSchG unterfiel.

Massenentlassungen innerhalb von 30 Kalendertagen bedürfen nach Maßgabe von § 17 KSchG zu ihrer Wirksamkeit einer vorherigen ordnungsgemäßen Konsultation des Betriebsrats und einer vorherigen ordnungsgemäßen Anzeige an die Agentur für Arbeit. Dieser durch § 17 KSchG gewährleistete Schutz ist europarechtlich durch die Richtlinie 98/59/EG (Massenentlassungsrichtlinie) determiniert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (27. Januar 2005 – C-188/03 – [Junk]) ist unter „Entlassung“ die Kündigungserklärung zu verstehen.

Hiervon ausgehend hielt der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts die Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin vom 10. März 2010 für wirksam, die sich zur Zeit der wegen einer Betriebsstilllegung durchgeführten Massenentlassungen in Elternzeit befand und deren Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf des Zeitraums von 30 Kalendertagen gekündigt wurde, obwohl sich die Kündigungen der übrigen Arbeitsverhältnisse mangels einer ordnungsgemäßen Konsultation des Betriebsrats gemäß § 17 KSchG als unwirksam erwiesen hatten (BAG 25. April 2013 – 6 AZR 49/12 -).

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 8. Juni 2016 – 1 BvR 3634/13 – dieses Urteil aufgehoben, weil es die Klägerin in ihren Grundrechten aus Art. 3 iVm. Art. 6 GG verletze. Die Klägerin werde unzulässig wegen der von ihr in Anspruch genommenen Elternzeit und wegen ihres Geschlechts benachteiligt, wenn ihr der Schutz vor Massenentlassungen versagt werde, weil das Abwarten der wegen der Elternzeit notwendigen behördlichen Zustimmung zur Kündigung dazu geführt habe, dass die Kündigung erst nach Ablauf des 30-Tage-Zeitraums erklärt wurde. In diesen Fällen gelte der 30-Tage-Zeitraum auch dann als gewahrt, wenn die Antragstellung auf Zustimmung der zuständigen Behörde zu der Kündigung innerhalb dieses Zeitraums erfolgt sei.

An diese nationalrechtliche Erweiterung des Entlassungsbegriffs bei Massenentlassungen durch das Bundesverfassungsgericht ist der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts ungeachtet der Probleme gebunden, die ua. dann entstehen, wenn die behördliche Zustimmung erst außerhalb der 90-tägigen Freifrist des § 18 Abs. 4 KSchG erteilt wird oder wenn bei einer Arbeitnehmerin in Elternzeit die Kündigung als solche zugleich Teil einer zweiten, § 17 KSchG unterfallenden Welle von Kündigungen ist. Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat deshalb nun auf die Revision der Klägerin festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 10. März 2010 nicht aufgelöst worden ist.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Januar 2017 – BAG 6 AZR 442/16; vgl. Pressemitteilung Nr. 4/17)

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