Schlagwort-Archiv Kündigung

VonRA Moegelin

Betriebsbedingte Kündigung wegen Reduzierung des Arbeitsvolumens

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Das BAG hat in seinem Urteil vom 23.02.2012 – BAG 2 AZR 548/10 ausgeführt, unter welchen Umständen die Reduzierung des Arbeitsvolumens und Kurzarbeit eine Betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen.

Dringendes betriebliches Erfordernis der Kündigung

Eine Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers im Betrieb voraussichtlich dauerhaft entfallen ist. Auf der Grundlage der betrieblichen Dispositionen des Arbeitgebers müssen im Tätigkeitsbereich des Gekündigten mehr Arbeitnehmer beschäftigt sein, als zur Erledigung der anfallenden Arbeiten benötigt werden. Dieser Ãœberhang muss auf Dauer zu erwarten sein. Regelmäßig entsteht ein Ãœberhang an Arbeitskräften nicht allein und unmittelbar durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktions- oder Umsatzrückgang etc.), sondern aufgrund einer – oftmals durch diese Entwicklungen veranlassten – Organisationsentscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung).

Außerbetriebliche Umstände des betrieblichen Erfordernisses

Betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich aus außerbetrieblichen Umständen ergeben. Passt der Arbeitgeber im Fall eines Auftragsverlustes oder eines reduzierten Auftragsbestands die Anzahl der benötigten Arbeitnehmer unmittelbar an die verbliebene Arbeitsmenge an, kann sich daraus ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung ergeben, wenn der Arbeitsanfall – dauerhaft – so zurückgegangen ist, dass zukünftig für einen oder mehrere Arbeitnehmer kein Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung mehr besteht. Behauptet der Arbeitgeber, das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung sei wegen eines solchen Auftragsrückgangs entfallen, kann das Gericht in vollem Umfang nachprüfen, ob die außerbetrieblichen Umstände für die Kündigung zum Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich vorlagen und zu einem dauerhaften Rückgang des Beschäftigungsvolumens führen. Dabei reicht ein bloßer Hinweis auf auslaufende Aufträge und das Fehlen von Anschlussaufträgen regelmäßig nicht aus, um einen dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zu begründen. Der Arbeitgeber muss vielmehr anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen, warum nicht nur eine – kurzfristige – Auftragsschwankung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist.

Unternehmerische Organisationsentscheidung

Ein Rückgang des Arbeitskräftebedarfs kann sich auch daraus ergeben, dass sich eine im Betrieb tatsächlich umgesetzte unternehmerische Organisationsentscheidung auf die Anzahl der verbliebenen Arbeitsplätze auswirkt. Eine unternehmerische Organisationsentscheidung kann etwa in der Bestimmung der Zahl der Belegschaftsmitglieder liegen, mit denen die im Betrieb anfallende Arbeitsmenge erledigt werden soll. Unternehmerische Entscheidungen sind von den Gerichten nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind (BAG 2 AZR 770/09). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist.

Obliegenheiten des Arbeitgebers bei der Organisationsentscheidung

Führen die außer- oder innerbetrieblichen Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs im Betrieb, so besteht kein dringendes betriebliches Erfordernis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Erschöpft sich die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so ist sie vom Kündigungsentschluss selbst kaum zu unterscheiden. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Nur so kann das Gericht prüfen, ob sie missbräuchlich ausgesprochen worden ist. Das wäre der Fall, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führte oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird. Der Arbeitgeber muss deshalb konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, erledigt werden können .

Prognose zur künftigen Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse

Wird die Kündigung auf eine zu erwartende künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt, braucht diese bei Kündigungsausspruch noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet. Das ist der Fall, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit ein die Entlassung erforderlich machender betrieblicher Grund vorliegen. Dabei muss eine der entsprechenden Prognose zugrunde liegende eigene unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers aber bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen worden sein. Andernfalls kann eine zum Wegfall des Arbeitsplatzes führende Entscheidung nicht sicher prognostiziert werden.

Darlegung zum reduzierten Arbeitsvolumen

Der Arbeitgeber hat die Tatsachen näher darzulegen, aus denen sich ergeben soll, dass zukünftig auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist. Das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Produktions- oder Auftragsschwankungen muss ausgeschlossen sein. Dem muss der Inhalt und die Substanz des Sachvortrags Rechnung tragen. Der Arbeitgeber hat den dauerhaften Rückgang des Arbeitsvolumens nachvollziehbar darzustellen, indem er die einschlägigen Daten aus repräsentativen Referenzperioden miteinander vergleicht.

Zusammenhang zwischen Kündigung und Kurzarbeit

Für die Zukunftsprognose ist auch von Bedeutung, ob die Kündigung im zeitlichen Zusammenhang mit einer vereinbarten oder prognostizierten Kurzarbeit erfolgt. Wird Kurzarbeit geleistet, so spricht dies dafür, dass die Betriebsparteien nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel und nicht von einem dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf ausgehen. Ein nur vorübergehender Arbeitsmangel wiederum kann eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen. Dieses aus der Kurzarbeit folgende Indiz kann der Arbeitgeber durch konkreten Sachvortrag entkräften. Entfällt die Beschäftigungsmöglichkeit für einzelne von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer aufgrund später eingetretener weiterer Umstände oder veränderter wirtschaftlicher und/oder organisatorischer Rahmenbedingungen auf Dauer, so kann trotz der Kurzarbeit ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung bestehen.

Unvermeidbarkeit der Kündigung         

Da die betrieblichen Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers entgegenstehen, dringend sein müssen, die Kündigung im Interesse des Betriebs also unvermeidbar sein muss, hat der Arbeitgeber zuvor alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die mit dem Ziel geschaffen worden sind und bestehen, durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit betriebsbedingte Kündigungen in Zeiten geringeren Arbeitsanfalls zu vermeiden. Haben die Betriebsparteien durch die Einführung von Kurzarbeit den Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit auf ein Niveau abgesenkt, dass den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen gerade überflüssig macht, so kann ein dringendes betriebliches Kündigungserfordernis regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit zur Arbeitszeitreduzierung voll ausgeschöpft hat und gleichwohl noch ein Beschäftigungsüberhang besteht.

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VonRA Moegelin

Kündigung einer Geschäftsführerin wegen illoyalen Verhaltens

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Vorerst Glück hatte eine Geschäftsführerin, deren Kündigung wegen illoyalen Verhaltens zutreffend aus wichtigem Grund ausgesprochen werden konnte. Möglicherweise scheitert die Kündigung aber an der nicht eingehaltenen Kündigungserklärungsfrist. Zur weiteren Sachaufklärung hat das BAG die Sache an das LAG zurückverwiesen.

Betreibt die Geschäftsführerin eines Vereins auf intrigante Weise zielgerichtet die Abwahl des Vereinsvorsitzenden, kann dies die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Durch ein solch illoyales Verhalten wird die für eine weitere Zusammenarbeit erforderliche Vertrauensbasis zerstört und der Betriebsfriede erheblich gestört.

Die Klägerin war als Geschäftsführerin bei dem beklagten Verein beschäftigt. Dieser bildet den Dachverband für seine örtlichen Mitgliedsverbände. Nach Differenzen mit dem sog. Präsidenten des Vereins rief die Klägerin die Vereinsmitglieder dazu auf, die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung mit dem Ziel der Abwahl der Vereinsspitze zu fordern. Der als Präsidium bezeichnete Vorstand des Vereins beschloss daraufhin die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung der Klägerin. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage. Sie wendet ua. ein, der Präsidiumsbeschluss sei unwirksam, weil das Präsidium wegen des vorherigen Rücktritts eines Mitglieds nicht vollständig besetzt gewesen sei.

Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Der Kündigung liegt zwar ungeachtet des vorherigen Rücktritts eines Vizepräsidenten ein nach der Vereinssatzung wirksamer Beschluss des Präsidiums zugrunde. Wegen des illoyalen Verhaltens der Klägerin liegt auch ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses vor. Der Senat konnte aber nicht abschließend beurteilen, ob die fristlose Kündigung gemäß § 626 Abs. 2 BGB innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung von den maßgebenden Tatsachen erklärt wurde. Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, ob entsprechend dem Vortrag des Beklagten eine Anhörung der Klägerin den Fristbeginn gehemmt hat. Dies würde voraussetzen, dass der Klägerin bezogen auf den kündigungsrelevanten Sachverhalt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde. Ob dies der Fall war, ist zwischen den Parteien streitig geblieben.

(Pressemitteilung Nr. 24/17; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1. Juni 2017 – BAG 6 AZR 720/15; Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Juli 2015 – 9 Sa 15/15)

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VonRA Moegelin

Kündigung des Arbeitnehmers wegen Betriebsstilllegung

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Die Betriebsstilllegung stellt einen Kündigungsgrund für den Arbeitgeber zur betriebsbedingten Kündigung des Arbeitnehmers dar.

Begriff der Betriebsstillegung

Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können. Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen.

Zeitpunkt der Kündigung     

Der Arbeitgeber ist nicht gehalten, eine Kündigung erst nach Durchführung der Stilllegung auszusprechen. Neben der Kündigung wegen erfolgter Stilllegung kommt auch eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung in Betracht. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung muss die auf Tatsachen gestützte, betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt sein, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird. Erforderlich ist, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst hat, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen. Der Ernsthaftigkeit der Stilllegungsabsicht steht dabei nicht entgegen, dass sich der Arbeitgeber entschlossen hat, die gekündigten Arbeitnehmer in der jeweiligen Kündigungsfrist noch für die Abarbeitung vorhandener Aufträge einzusetzen. Der Arbeitgeber erfüllt damit gegenüber den tatsächlich eingesetzten Arbeitnehmern lediglich seine auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Beschäftigungspflicht. An einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung fehlt es, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in ernsthaften Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs steht oder sich noch um neue Aufträge bemüht. Bei einer Betriebsstilllegung ist ferner erforderlich, dass die geplanten Maßnahmen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits „greifbare Formen“ angenommen haben. Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt.

Abgrenzung der Betriebsveräußerung zur Betriebsstilllegung

Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus. Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich die geplante Maßnahme objektiv als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil etwa die für die Fortführung des Betriebs wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollten, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung wertet. An einer Stilllegung des Betriebs fehlt es nicht nur dann, wenn der gesamte Betrieb veräußert wird, sondern auch, wenn organisatorisch abtrennbare Teile des Betriebs im Wege eines Betriebsteilübergangs (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) veräußert werden. Dann liegt keine Betriebsstilllegung, sondern allenfalls eine Betriebsteilstilllegung vor. Wird ein Betriebsteil veräußert und der verbleibende Restbetrieb stillgelegt, kommt es darauf an, ob der gekündigte Arbeitnehmer dem auf einen Erwerber übergehenden Betriebsteil zugeordnet war. Ist dies nicht der Fall, so kann die Stilllegung des Restbetriebs einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellen, wenn die Arbeitnehmer diesem Betriebsteil zugeordnet waren.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.03.2013 – BAG 8 AZR 153/12).

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VonRA Moegelin

Arbeitszeitbetrug wegen Nichteinhaltung der Pausenzeit

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Ein sogenannter Arbeitszeitbetrug z.B. durch Nichteinhaltung der Pausenzeit kann die außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Das Arbeitsgericht Siegburg ist in einem entsprechend gelagerten Fall zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht jede Nichteinhaltung der Pausenzeit gleich einen kündigungsrelevanten Arbeitszeitbetrug darstellt.

In seiner Pressemitteilung hat das Gericht den Fall folgendermaßen bewertet.

Wer schläft, sündigt nicht (immer). Nicht jede Nichteinhaltung der Pausenzeit ist Arbeitszeitbetrug. Das Arbeitsgericht Siegburg hatte über den Antrag eines Arbeitgebers zu entscheiden, die Zustimmung des Betriebsrats (BR) zur Kündigung eines seiner Mitglieder ersetzen zu lassen. Der Arbeitgeber beabsichtigte, diesem wegen Arbeitszeitbetrugs fristlos zu kündigen. Die dafür erforderliche Zustimmung erteilte der BR nicht. Der Arbeitgeber warf dem Arbeitnehmer vor, während der Arbeitszeit im Pausenraum tief und fest geschlafen zu haben und sah darin einen Arbeitszeitbetrug. Einige Tage zuvor sei er ebenfalls beim Schlafen erwischt und abgemahnt worden. Der Mitarbeiter hatte angegeben, sich wegen starker Knieschmerzen zwei Minuten früher in den Pausenraum begeben zu haben, um dort auf der Krankenliege kurz das Bein hochzulegen.

Die 4. Kammer des Arbeitsgerichts hat den Antrag des Arbeitgebers zurückgewiesen. Die Zustimmung des BR war ihrer Auffassung nach nicht zu ersetzen, da ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht vorliege. Selbst wenn der Arbeitnehmer sich zweimal einige Minuten vor Beginn der Pause hingelegt habe, rechtfertige das nach Auffassung des Gerichts auch nach einschlägiger Abmahnung nicht die außerordentliche Kündigung. Eine solche stehe bei einem seit über 20 Jahren bestehenden Arbeitsverhältnis außer Verhältnis zur Schwere der Pflichtverletzung. Nicht jede Nichteinhaltung der Pausenzeit sei ein Arbeitszeitbetrug. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

(Stefanie Hölscher, Pressedezernentin, Pressemitteilung 1/2017 vom 17.05.2017 des Arbeitsgerichts Siegburg, Aktenzeichen 4 BV 56/16 vom 03.05.2017)

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VonRA Moegelin

Kündigung wegen Attrappe einer Kofferbombe am Arbeitsplatz

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Die Kündigung eines Arbeitnehmers der die Attrappe einer Kofferbombe am Arbeitsplatz augelegt hat, führte vor dem LAG Hamm zum Abschluss eines widerruflichen Vergleichs. In erster Instanz hatte das Arbeitsgericht Herne seine Kündigungsschutzklage noch abgewiesen. Beim Kläger handelt es sich um einen technischen Angestellten der RAG AG, einem Bergbaukonzern.

In einer Abteilung des Bergwerks platzierte der Kläger – nach seiner Einlassung aus Spaß – einen mit einem Absperrhahn und einem Manometer versehenen Koffer, aus dem Drähte herausragten. Er brachte in weißer Farbe Schriftzüge mit Fantasiewörtern auf. Diese waren anscheinend nach Ansicht des Gerichts geeignet, den Eindruck islamistischer Parolen zu erwecken. In den Koffer legte er Süßwaren ein, die als Belohnung für „mutige“ Kofferöffner dienen sollten. Nachdem jemand den Koffer aufgefunden hatte, erfolgten polizeilichen Ermittlungen und es wurde eine Sprengstoffeinheit angefordert. Bis zur Sicherung des Koffers musste das Gebäude abgesperrt und geräumt werden.

Der Arbeitgeber sieht in dem Verhalten des Klägers eine grobe Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten. Insbesondere habe der Kläger psychische Belastungen für die Belegschaft und eine gravierende Störung der Betriebsabläufe verursacht. Außerdem sei der Betriebsfrieden gestört worden. Das Verhalten sei geeignet gewesen, Beschäftigte mit türkischem oder arabischem Migrationshintergrund in Misskredit zu bringen.

Es scheint einiges dafür zu sprechen, dass das Gericht der Ansicht des Arbeitgebers folgt, da der Vergleich eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Abfindung vorsieht. Statt fristloser Beendigung ist lediglich die fristgerechte Beendigung vereinbart.

Grundsätzlich hat einer Kündigung als milderes Mittel eine Abmahnung vorauszugehen. Nur in Ausnahmefällen kann auf eine Abmahnung verzichtet werden, insbesondere, wenn wegen der Schwere der Pflichtverletzung eine Fortsetzung des Abeitsverhältnisses unzumutbar erscheinen würde. Ein solch schwerer Fall einer Pflichtverletzung kann hier durchaus unterstellt werden. Hier liegt jedenfalls der objektive Tatbestand des Vortäuschens einer schweren Straftat vor. Es ist naheliegend, dass der Kläger erhebliche Unruhe und Angst unter der Belegschaft verbreitet hat. Sicher ist auch eine nicht unerhebliche Beeiträchtigung arbeitgeberseitiger Interessen am störungsfreien Betriebsablauf anzunehmen, zumal eine Sprengstoffeinheit angerückt ist.

Bemerkenswert ist der letzte Satz in der Pressemitteilung vom 05.04.17: „Späße dieser Art gehören nicht an den Arbeitsplatz, schon gar nicht in der heutigen Zeit.“ Damit will das Gericht sagen, dass es zum Alltag in Deutschland gehört, dass wir mit islamischen Terrorakten zu rechnen haben. Anzumerken ist, dass wir dieses erhöhte Sicherheitsrisiko in unserem Land Merkel und ihrer Bundesregierung zu verdanken haben, die seit 2015 unkontrollierte Masseneinwanderung betreibt. Merkels Vorgensweise ist verfassungswidrig, da Wesentliches vom Gesetzgeber zu regeln ist und nicht -wie hier geschehen- durch einfache Weisung erfolgen kann.

Pressemitteilung des LAG Hamm vom 05.04.17 im Wortlaut:

Die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm hat am Mittwoch, den 5. April 2017, in zweiter Instanz über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung verhandelt, die einem Beschäftigten der RAG Aktiengesellschaft im Januar 2016 ausgesprochen worden ist (Az.: 3 Sa 1398/16). Diese steht im Zusammenhang mit dem Fund einer Kofferbombenattrappe auf dem Gelände des Bergwerks Prosper-Haniel am 8. Januar 2016, an deren Herstellung der Kläger maßgeblich beteiligt war (zu den Einzelheiten: Pressemitteilung des LAG Hamm vom 3. April 2017). Die Parteien einigten sich im Termin auf Vorschlag der Kammer darauf, ihr Arbeitsverhältnis anknüpfend an die ordentliche Kündigung zum 30. September 2016 zu beenden. Die außerordentliche Kündigung wäre damit aufgehoben. Eine Abfindung erhält der Kläger – der am Termin nicht persönlich teilnahm und dort durch seinen Anwalt vertreten worden ist – aber nicht. Der Vergleich kann von beiden Parteien binnen einer Woche widerrufen werden. In diesem Fall wird die Kammer in Abhängigkeit vom Ergebnis ihrer geheimen Beratungen die Berufungsverhandlung entweder fortsetzten oder ohne weiteren Termin ein Urteil verkünden.

Im konkreten Fall ganz offensichtlich ein ungefährlicher Spaßkoffer, argumentierte der Anwalt des Klägers. Der Koffer habe von Vorgesetzten und Kollegen ohne weiteres als solcher erkannt werden können. Polizeieinsatz und Kündigung deshalb eine Überreaktion? Eine für den Arbeitgeber unkalkulierbare Gefährdungslage, auf die aus Fürsorge gegenüber der Belegschaft reagiert werden musste, konterte die Gegenseite. Wer so etwas – sei es auch im Scherz – initiiere, verletzte seine arbeitsvertraglichen Pflichten in erheblicher Weise. In diesem Fall müsse auch ohne vorausgehende Abmahnung mit Kündigung gerechnet werden, hielt die Anwältin der RAG dagegen. Ein Austausch von Argumenten, der letztlich den Boden für einen Vergleichsabschluss bereitete. Losgelöst von der Bewertung des konkreten Einzelfalls waren sich Berufungskammer und Anwälte in einem Punkt aber völlig einig: Späße dieser Art gehören nicht an den Arbeitsplatz, schon gar nicht in der heutigen Zeit.

Pressemitteilung des LAG Hamm vom 03.04.17 im Wortlaut:

Die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm verhandelt am Mittwoch, den 5. April 2017, 11.00 Uhr in zweiter Instanz über die Kündigungsschutzklage eines Mitarbeiters der RAG Aktiengesellschaft (Az.: 3 Sa 1398/16). Grund für die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 18. Januar 2016 ist das Fertigen und Auslegen der Attrappe einer Kofferbombe während einer Nachtschicht Anfang Januar 2016. Dabei habe es sich – so der Kläger – jedoch ganz offensichtlich nicht um einen gefährlichen Gegenstand, sondern eher um einen merkwürdigen Spaßkoffer gehandelt. Dieser Lesart folgte die 2. Kammer des Arbeitsgericht Herne mit Urteil vom 11. Oktober 2016 (2 Ca 269/16) nicht und wies die Klage ab. Dagegen wendet sich der Kläger mit dem Rechtsmittel der Berufung.

Zum Hintergrund: Der 49-jährige Kläger ist technischer Angestellter und seit dem Jahr 1984 bei der RAG beschäftigt. Sein Einsatz erfolgte zuletzt in der Maschinenabteilung des Bergwerks Prosper-Haniel. Nach eigener Einlassung fand der Kläger während der Nachtschicht am 7. Januar 2016 in der Nähe der Maschinenhalle einen ungewöhnlichen, mit einem Absperrhahn und einem Manometer versehenen Koffer. Auf diesem Koffer, aus dem auch Drähte herausragten, brachte er in weißer Farbe Schriftzüge mit Fantasiewörtern auf. Diese waren geeignet, den Eindruck islamistischer Parolen zu erwecken. In den Koffer legte er Süßwaren ein, die als Belohnung für „mutige“ Kofferöffner dienen sollten. Der Koffer wurde am 8. Januar 2016 im Bereich der Aufbereitung Proper II aufgefunden, wobei ungeklärt blieb, auf welche Weise der Koffer dorthin gelangt ist. Die Arbeitgeberin erstatte Strafanzeige. Im Rahmen der unmittelbar aufgenommenen polizeilichen Ermittlungen wurde eine Sprengstoffeinheit angefordert. Bis zur Sicherung des Koffers musste das Gebäude abgesperrt und geräumt werden. Die Arbeitgeberin sieht in dem Verhalten des Klägers eine grobe Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten. Insbesondere habe der Kläger psychische Belastungen für die Belegschaft und eine gravierende Störung der Betriebsabläufe verursacht. Außerdem sei der Betriebsfrieden gestört worden. Das Verhalten sei geeignet gewesen, Beschäftigte mit türkischem oder arabischem Migrationshintergrund in Misskredit zu bringen.

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VonRA Moegelin

Kündigung eines Betriebsratsmitglieds wegen Datenmanipulation

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Ein Betriebratsmitglied kann nur unter besonderen Voraussetzungen gekündigt werden. § 15 Abs. 1 KSchG besagt, dass die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats unzulässig ist, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und dass die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. In dem hier einschlägigen Fall erteilte der Arbeitgeber (Bonner Stadtwerke) seinem Betriebsrat die fristlose Kündigung wegen Manipulation einer Computer-Software und zog vor das Arbeitsgericht, um die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen.

Vor dem Arbeitsgericht Bonn war der Antrag der Bonner Stadtwerke auf Zulassung der Kündigung   eines   Betriebsratsmitglieds   erfolgreich,   dem   Datenmanipulation   bei   einer Schulungssoftware für Arbeitssicherheit vorgeworfen wird. Das 31-jährige Betriebsratsmitglied ist bereits seit 15 Jahren bei den Bonner Stadtwerken beschäftigt. Diese wollen das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fristlos kündigen. Der Betriebsrat, dessen Zustimmung für die Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes erforderlich ist, verweigerte jedoch seine Zustimmung. Daher zogen die Stadtwerke vor das Arbeitsgericht. Dem Betriebsratsmitglied, das als IT-Techniker seit seiner Ausbildung bei den Stadtwerken beschäftigt ist,   wird vorgeworfen, Daten unter Ausnutzung seiner Administratorenrechte verändert und hierdurch seinen Arbeitgeber getäuscht zu haben. Bei den Stadtwerken werden Arbeitsschutzunterweisungen der Mitarbeiter mithilfe eines webbasierten Dokumentationssystems durchgeführt. Änderte ein Mitarbeiter seinen Namen, konnten die bereits durchgeführten Schulungen nicht unter dem neuen Namen als „erledigt“ angezeigt werden. Das Betriebsratsmitglied arbeitete an einer Lösung dieses Problems und erstellte ein Skript, das es jedoch auch für sich und weitere Kollegen der IT-Abteilung nutzte. Statt die Schulungen durchzuführen, erzeugte es in dem Programm mithilfe des Skripts lediglich den Anschein, ein ordnungsgemäßes Durchlaufen der Schulung sei erfolgt.

Das Arbeitsgericht folgte der Einordnung des Vorwurfs durch den Arbeitgeber als eine gravierende Pflichtverletzung, die bei einem Administrator mit weitreichenden Zugriffsrechten eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Es gab dem Antrag des Arbeitgebers statt und ersetzte die Zustimmung des Betriebsrates.

Gegen   die   Entscheidung   des   Bonner   Arbeitsgerichts   ist   die   Beschwerde   vor   dem Landesarbeitsgericht Köln möglich.

(Arbeitsgericht Bonn, Beschluss vom 14.03.2017 – Aktenzeichen 6 BV 100/16; Pressemitteilung 1/2017 vom 14.03.2017)

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