Schlagwort-Archiv Insolvenz

VonRA Moegelin

Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit beim GmbH-Geschäftsführer in der Insolvenz

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Vulture_Die Arbeitsgerichte sind nur in Ausnahmefällen bei Rechtsstreitigkeiten des GmbH-Geschäftsführers zuständig. Auch wenn ein Anstellungsverhältnis zwischen der juristischen Person (z.B. GmbH) und dem Mitglied des Vertretungsorgans (GmbH-Geschäftsführer) wegen dessen starker interner Weisungsabhängigkeit als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist und deshalb materielles Arbeitsrecht zur Anwendung kommt, sind zur Entscheidung eines Rechtsstreits aus dieser Rechtsbeziehung nach der Rechtsprechung die ordentlichen Gerichte berufen.

Das BAG hat klargestellt, dass sich an der Unzuständigkeit der Arbeitsgerichte nichts ändert, wenn zwischen den Prozessparteien streitig ist, wie das Anstellungsverhältnis zu qualifizieren ist  oder sogar wenn objektiv feststeht, dass das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist.

Eine Ausnahme besteht nach der Rechtsprechung, wenn und soweit der Rechtsstreit nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis betrifft, sondern eine weitere Rechtsbeziehung besteht, z.B. wenn der Organvertreter Rechte auch mit der Begründung geltend macht, nach der Abberufung als Geschäftsführer habe sich das nicht gekündigte Anstellungsverhältnis – wieder – in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt (BAG, Beschluss vom 4. Februar 2013 – 10 AZB 78/12).

Das gleiche gilt für Ansprüche aus einem auch während der Zeit als Geschäftsführer nicht aufgehobenen Arbeitsverhältnis, die nach Abberufung als Organmitglied geltend macht werden. Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ändert an der organschaftlichen Stellung des GmbH-Geschäftsführers nichts, da nach dem BAG die Organstellung des Organs einer juristischen Person durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt bleibt

Volltext der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:  BAG, Beschluss vom 4. Februar 2013 – 10 AZB 78/121

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VonRA Moegelin

Betriebsvereinbarung zu Lasten Dritter

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Vulture_Arbeitgeber und Betriebsrat können Rechte und Pflichten jedenfalls im Verhältnis zueinander begründen. Ob sie auch normative Ansprüche gegenüber und zu Lasten Dritter begründen können, lag dem BAG zur Entscheidung vor, nachdem der Arbeitgeber Insolvenz angemeldet hat.

Der Arbeitnehmer und spätere Kläger war zuletzt bei der B GmbH & Co. OHG beschäftigt. Sie vereinbarte mit dem Betriebsrat einen Nachteilsausgleich in Form einer Abfindung für betriebsbedingte Kündigungen, auf die sich der Kläger beruft. Danach übertrug die B GmbH & Co. OHG die Aktivitäten der Abteilung „Customer Care“, in welcher der Kläger beschäftigt war, auf die I GmbH. Diese ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der B GmbH & Co. OHG.

Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der I GmbH eröffnet wurde, bestellte das Insolvenzgericht den Beklagten zum Insolvenzverwalter. Der beklagte Insolvenzverwalter hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger später durch einen Aufhebungsvertrag einvernehmlich beendet.

Der Kläger hat geltend gemacht, ihm stehe aufgrund des Nachteilsausgleichs ein Abfindungsanspruch in rechnerisch unstreitiger Höhe von 44.722,47 € zu, der zur Insolvenztabelle festzustellen sei, wobei er den Aufhebungsvertrag als betrieblich veranlasst ansieht.

Das Arbeitsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat dieses Urteil bestätigt und die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Nach § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist der Sozialplan die Einigung zwischen dem Unternehmer und dem jeweils zuständigen Betriebsrat über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge einer geplanten Betriebsänderung entstehen. Ein solcher Sozialplan hat gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG die Wirkung einer Betriebsvereinbarung und kommt durch eine Einigung der Betriebsparteien oder einen diese ersetzenden Spruch der Einigungsstelle zustande. In beiden Fällen sind Vertragsparteien des Sozialplans die jeweiligen Betriebsparteien. Sie können Rechte und Pflichten nur im Verhältnis zueinander, nicht jedoch normative Ansprüche gegenüber und zu Lasten Dritter begründen. Hierzu fehlt ihnen die durch das Betriebsverfassungsgesetz vermittelte Regelungsbefugnis (BAG, Urteil vom 11. Januar 2011 – 1 AZR 375/09).

Nach Ansicht des BAG hätte dem Betriebsrat eine Regelungsbefugnis zugestanden haben können, wenn er eine Vereinbarung mit der Schuldnerin (I-GmbH), nicht hingegen mit der Rechtsvorgängerin (B GmbH & Co. OHG) getroffen hätte. Durch Letztere konnten keine Verpflichtungen der Schuldnerin begründet werden.

Zudem habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt, den Aufhebungsvertrag zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung abgeschlossen zu haben. Er hat lediglich behauptet, der Aufhebungsvertrag sei betrieblich veranlasst gewesen, nachdem der Beklagte seine Absicht, den Betrieb fortzuführen und als Ganzes zu veräußern, aufgegeben habe. Das schließe jedoch nicht ein, dass der Beklagte auch beabsichtigt hat, den Kläger betriebsbedingt zu kündigen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts  BAG, Urteil vom 11. Januar 2011 – 1 AZR 375/09

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VonRA Moegelin

Bestimmtheit einer Arbeitnehmer-Kündigung durch Insolvenzverwalter

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Vulture_Eine Industriekauffrau, deren inzwischen insolventer Arbeitgeber Teppiche vertrieb, erhielt die Kündigung vom Insolvenzverwalter.

Im Kündigungsschreiben ist unter anderem wie folgt formuliert:

„…Als Insolvenzverwalter spreche ich hiermit die ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus….Wenn das Arbeitsverhältnis keine 2 Jahre bestanden hat, wirkt die Kündigung mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende des Kalendermonats. Bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 2 Jahren endet das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats und bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 5 Jahren mit einer Frist von zwei Monaten zum Ende des Kalendermonats….“

Das Landesarbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Revision des Insolvenzverwalters hatte Erfolg. Die Kündigungserklärung genügt dem Bestimmtheitsgebot und beendete somit das Arbeitsverhältnis.

Eine Kündigung ist bestimmt und unmissverständlich zu erklären. Der Empfänger einer ordentlichen Kündigung muss erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Dafür genügt bei einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ein Hinweis auf die maßgebliche gesetzliche Regelung reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11).

Die Kündigung des Arbeitsvertrages hat den Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes zu entsprechen. Dabei ist nicht nur auf ihren Wortlaut abzustellen, sondern es sind auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte, zu würdigen. Es muss erkennbar sein, wann das Arbeitsverhältnis sein Ende finden soll. Ausreichend ist schon die Formulierung „zum nächst möglichen Zeitpunkt“, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Ein Hinweis auf die maßgeblichen Regelungen (tariflich) oder (gesetzlich: § 622 BGB) reicht aus, wenn sich der Beendigungstermin leicht herleiten lässt. Davon kann der Arbeitgeber Regel ausgehen, konkret, dass der Arbeitnehmer seine Betriebszugehörigkeit kennt und in der Lage ist, die einschlägigen Rechtsvorschriften selbst zu ermitteln

Eine Kündigung ist allerdings dann  nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll. Der Grund der Kündigung muss im Kündigungsschreiben nicht genannt werden. Soweit die Kündigung vom Arbeitgeber ausgesprochen wurde, ist erst in einem etwaigen Kündigungsschutzprozess der Grund vom Arbeitgeber anzugeben, soweit das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.

Volltext der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11

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