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VonRA Moegelin

Schadensersatz wegen erfolgloser Bewerbung auf eine Professorenstelle

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johnny_automatic_professor_EarthJeder Deutsche kann sich grundsätzlich auf ein öffentliches Amt bewerben und erhält Schadensersatz, falls er abgelehnt wurde und das Auswahlverfahren fehlerhaft war. Der Kläger hatte sich erfolglos um die öffentlich ausgeschriebene Stelle eines Professors an einer evangelischen Hochschule beworben. Diese ist eine staatlich anerkannte Körperschaft des öffentlichen Rechts in kirchlicher Trägerschaft. Ihr Personal wird allein aus Landesmitteln finanziert. Die Stelle wurde mit einer Mitbewerberin besetzt. Der Kläger verlangte, das Besetzungsverfahren zu wiederholen, hilfsweise, ihm Schadensersatz zu leisten. Er trug nicht vor, dass er für die Stelle am besten geeignet war.

Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerbungsverfahrensanspruch besteht allerdings nur solange, wie die Stelle noch nicht besetzt ist. Mit der endgültigen Ãœbertragung der Stelle auf den Mitbewerber geht der Anspruch unter. Der unterlegene Bewerber kann allenfalls Schadensersatz verlangen. Dies setzt voraus, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung des Auswahlverfahrens ihm als Bestgeeignetem die Stelle hätte übertragen werden müssen (BAG, Urteil vom 12. Oktober 2010 – 9 AZR 554/09).

Das BAG hat die abweisenden Entscheidungen des Arbeitsgerichts und Landesarbeitsgerichts bestätigt. Die von den Vorinstanzen aufgeworfene Frage, ob eine staatlich anerkannte Fachhochschule in kirchlicher Trägerschaft an die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden ist, konnte der Senat offenlassen. Mit der endgültigen Besetzung der Stelle war das Auswahlverfahren beendet. Die Arbeitgeberin war nicht verpflichtet, das Verfahren zu wiederholen.

Ein Schadensersatzanspruch bestand nicht, da der Kläger nach richtiger Ansicht des Gerichtss nicht geltend gemacht hat, dass er der bestgeeignete Bewerber gewesen sei.

Mit seinem Vortrag, es sei nicht vorstellbar, dass „nicht wenigstens einer der drei gelisteten Bewerber … schlechter ist als der Kläger„, genügt der Kläger der ihm obliegenden Darlegungslast ebenso wenig wie mit seinem Vortrag, er halte es für „nahezu ausgeschlossen, dass drei andere Bewerber insgesamt besser geeignet gewesen sein sollen“ Zutreffend kann daraus nicht eindeutig geschlossen werden, dass er der am besten geeignete Kandidat gewesen sein soll.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 12. Oktober 2010 – 9 AZR 554/09

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VonRA Moegelin

Totenkopf über Facebook veröffentlicht kann nicht der SS zugeordnet werden – Polizist bleibt im Dienst

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liftarn_Skull_with_bannersEin Polizist aus Hamburg wendet sich gegen seine außerordentliche Kündigung wegen vermeintlicher Verherrlichung des Nationalsozialismus. Er hat in Facebook ein Foto öffentlich geteilt, das einen (unechten) Totenkopf in einem sogenannten Postencontainer zeigt, dem eine Polizeimütze aufgesetzt ist. Der Container der zur Bewachung dient, steht vor einer jüdischen Schule, die auf dem Foto auch erkennbar ist. Während einer Arbeitspause hat der Polizist der zur Bewachung abgestellt war, dieses Foto aufgenommen. Der Bruder des Polizisten kommentierte das Foto mit „hey Bruderherz, machst du Pause???“ In der Vergangenheit ist der Polizist und spätere Kläger dadurch aufgefallen, dass er zu einem Kollegen gesagt haben soll, dass jeder „Mein Kampf“ zu Hause haben sollte.

Der Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht stattgegeben.

Die Verherrlichung des Nationalsozialismus ist als Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung eines Angestellten im Polizeidienst grundsätzlich geeignet. Aus dem andwendbaren Tarifvertrag geht hervor, dass sich die Beschäftigten durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen müssen.

Bei dem fotografierten Totenkopf bestehen nach Ansicht des Gerichts keine Ähnlichkeiten zu dem von nationalsozialistischen Organisationen verwendeten Totenkopf. Eine solche Ähnlichkeit wurde vom Dienstherrn des Polizisten auch nicht vorgetragen. Allein das Foto eines Totenkopfes, das in der Arbeitspause aufgenommen wurde, stelle keine Vertragspflichtverletzung dar. Totenköpfe hätten vielfältige Bedeutungen. Es komme immer auf den Kontext an, was damit zum Ausdruck gebracht werden soll. Der Totenkopf finde Verwendung in Jugendkulturen, bei einem Fußballverein, der im Stadtbild in Hamburg und auf Kleidungsstücken präsent ist, als Gefahrzeichen, zur Warnung oder aber auch zur Drohung. Vorliegend fehle es an Anhaltspunkten dafür, dass dem Totenkopf vom Kläger eine politische Aussage zugeschrieben wurde. Das Gericht hält das Foto zwar für „geschmacklos“, in dem Postencontainer vor der jüdischen Schule Fotos mit einem Totenkopf und einer Polizeimütze aufzunehmen. Dieser Umstand allein sei jedoch für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nicht ausreichend.

Ebensowenig konnte das Gericht eine bewusste Zuordnung zwischen Totenkopf und jüdischer Schule erkennen. Vielmehr erscheine es rein zufällig, dass das Foto im Postencontainer vor der jüdischen Schule aufgenommen wurde, weil der Kläger hier gerade Dienst hatte.

Auch aus dem Umstand, dass der Kläger das Foto auf die Facebook-Seite hochgeladen und für Dritte zugänglich gemacht hat, folge keine andere Bewertung. Soweit man in der Präsentation von Dienstkleidung im Zusammenhang mit einem Totenkopf einen Verstoß gegen die Loyalitätspflicht sehen kann, sei dieser nicht so schwerwiegend, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist.

Auch der Vorwurf, der Kläger habe gesagt „jeder solle Mein Kampf zu Hause haben“ ging mangels Substantiierung ins Leere. Diese Behauptung wurde vom beklagten Dienstherrn das Meinung des Gerichts nicht näher spezifiziert. Der Kontext dieser vom Kläger bestrittenen Aussage sei nicht ersichtlich.

Demnach war der Kündigungsschutzklage stattzugeben. Der Polizist kann seinen Dienst weiter ausüben.

Volltext des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 18. September 2013 – 27 Ca 207/13

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VonRA Moegelin

EuGH soll Spracherfordernis bei Ehegattennachzug prüfen

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1384004310Das Verwaltungsgericht Berlin hat  beim EuGH die Vereinbarkeit des Nachweises deutscher Sprachkenntnisse als Voraussetzung für den Nachzug ausländischer Ehegatten mit europäischem Recht zur Prüfung vorgelegt (VG 28 K 456.12 V, Beschluss vom 23. Oktober 2014).

Die Vorlagefrage an den EuGH lautet:

Ist Artikel 7 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251 vom 3. Oktober 2003, S. 12) so auszulegen, dass er einer Regelung des nationalen Rechts entgegensteht, mit der die erstmalige Einreise eines Familienangehörigen eines Zusammenführenden davon abhängig gemacht wird, dass der Familienangehörige vor der Einreise nachweist, sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können?

Ehe und Familie stehen gemäß Art. 6 GG unter besonderem Schutz. Der Zumutbarkeit eines Sprachtests wird derzeit unter anderem durch das öffentliche Interesse an einer Integration oder auch der Verhinderung von Zwangsehen als gerechtfertigt angesehen. Der EuGH hat zu entscheiden, ob diese Praxis aufrecht erhalten bleibt.

Der Vorlagefrage liegt folgender Sachverhalt zugrunde (vgl. Pressemitteilung vom 19.11.14):

Die Klägerin ist eine 1978 geborene nigerianische Staatsangehörige; sie begehrt ein Visum zum Zwecke des Familiennachzuges zu ihrem in Deutschland lebenden nigerianischen Ehemann. Das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland lehnte den Antrag ab. Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin meint, ihr sei ein Kurs zum Erwerb einfacher deutscher Sprachkenntnisse beim Goethe-Institut in Lagos nicht zuzumuten. Denn von ihrem Wohnort benötige sie dorthin mit dem Bus 10 Stunden.

Nachdem der Generalanwalt beim EuGH in der ebenfalls vom Verwaltungsgericht Berlin vorgelegten Sache „Dogan“ (C-138/13, ECLI:EU:C:2014:287) Zweifel an der Vereinbarkeit des Sprachnachweises für türkische Staatsangehörige mit der sog. Familiennachzugsrichtlinie geäußert hat, sieht das Verwaltungsgericht Berlin nunmehr Klärungsbedarf für sonstige Staatsangehörige. Im Fall „Dogan“ hat der EuGH diese Frage nicht beantwortet, weil das für türkische Staatsangehörige geltende Assoziationsrecht insoweit vorrangig war. Das Gericht hat das Klageverfahren daher ausgesetzt und dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt.

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VonRA Moegelin

Streikrecht erlaubt GDL Deutschland erneut in Geiselhaft zu nehmen

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Am 05.11.14 beginnt ein 5-tägiger Streik der Gewerkschaft der Lokführer GDL unter Führung seines Chefs Claus Weselsky. In den Medien wird die Frage gestellt, wer Weselsky noch aufhalten kann,  der von seinem Vorgänger Schell als „Mao“ oder „Asssad“ bezeichnet wird und einen „Heiligen Krieg“ führe. Die Deutsche Bahn-AG bezeichnet den nunmehr 6. Streik in den laufenden Tarifverhandlungen als „Schikane“. Und auch in der Bevölkerung findet sich überwiegend kein Verständnis für diesen erneuten Streik.

Zulässiger Streik trotz schwerer Beeinträchtigungen

Die Beeinträchtigungen von Millionen von Bahnkunden sind schwerwiegend und auch der volkswirtschaftliche Schaden ist nicht unerheblich. Insoweit stellt sich die Frage, ob dieser Streik rechtlich zulässig ist. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Der Streik der GDL ist rechtmäßig. Es handelt sich um einen zeitlich begrenzten Ausstand der als Warnstreik bezeichnet wird. Ein Warnstreik bedarf im Wesentlichen nur der rechtzeitigen Ankündigung, die erfolgt ist.  Es ist daher unwahrscheinlich, dass ein Gericht den Streik verbieten würde, falls die Deutsche Bahn-AG dagegen klagen würde. Wahrscheinlich würde die Bahn gerichtlich gegen die GDL gerichtlich vorgehen, wenn sie Chancen sehen würde, dass der Streik auf diese Weise verhindert werden könnte.

Rechtsgrundlagen des Warnstreiks

Das Streikrecht hat Verfassungsrang gemäß Artikel 9 des Grundgesetzes.

In einer Grundsatzentscheidung hat der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, dass Arbeitskämpfe nur insoweit eingeleitet und durchgeführt werden dürfen, als sie zur Erreichung rechtmäßiger Kampfziele und des nachfolgenden Arbeitsfriedens geeignet und sachlich erforderlich sind. Jede Arbeitskampfmaßnahme – sei es Streik, sei es Aussperrung – darf ferner nur nach Ausschöpfung aller Verständigungsmöglichkeiten ergriffen werden; der Arbeitskampf muß also das letzte mögliche Mittel (ultima ratio) sein.

Für den Warnstreik -wie jetzt z.B. von der GDL durchgeführt wird- hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze aufgestellt:

Das ultima-ratio-Prinzip erfordert keine offizielle Erklärung des Scheiterns der Tarifvertragsverhandlungen als Voraussetzung für die Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen jeder Art. In der Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen liegt vielmehr die freie und nicht nachprüfbare und daher allein maßgebende Erklärung der Tarifvertragspartei, dass sie die Verständigungsmöglichkeiten ohne Ausübung von Druck als ausgeschöpft ansieht. Es gibt damit auch keinen weiteren maßgebenden späteren Zeitpunkt, von dem ab erst andere Arbeitskampfmaßnahmen als Warnstreiks, auch solche des anderen Tarifpartners, zulässig sind. Von diesem (einheitlichen) Zeitpunkt an ist ein Warnstreik, wie jede andere Arbeitskampfmaßnahme, auch während laufender Tarifvertragsverhandlungen nicht ausgeschlossen.

Warnstreik erfordert nur „fehlende Verständigungsmöglichkeiten“

Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze liegen vor: Der Streik darf während laufender Tarifvertragsverhandlungen erfolgen. Es bedarf keiner Erklärung des Scheiterns von Tarifvertragsverhandlungen. Ausreichend ist allein die -vom Gericht nicht nachprüfbare- Erklärung einer Tarifvertragspartei (eben der GDL), dass sie (derzeit) die Verständigungsmöglichkeiten ohne Ausübung von Druck als ausgeschöpft ansieht. Allein dass ein Warnstreik ausgerufen wird, impliziert bereits die Erklärung des Schreiterns.

Der Machtkampf zwischen GDL und der mit ihr konkurrierenden Gewerkschaft EVG kann an diesem Ergebnis nichts ändern. Die beiden Gewerkschaften streiten darum, wer für welche Mitarbeitergruppe (Lokführer und Zugbegleiter) die Verhandlungen führen darf.

Nach der Rechtsprechung ist es ausreichend, dass zumindest auch tariflich regelbare Ziel wie Lohnerhöhung und Herabsetzung der Arbeitszeit erkämpft werden sollen. Wenn es erkennbar als einziges Ziel nur darum ginge, mit dem Streik die Konkurrenz-Gewerkschaft auszuschalten, würde der Streik gerichtlich verboten werden können. Das ist aber nicht das einzige Ziel der GDL. Es liegt daher -juristisch betrachtet- kein Missbrauch des Streikrechts seitens der GDL vor.

Ob die GDL mit ihrer Vorgehensweise richtig fährt, ist fraglich. Möglicherweise wird sie durch ein geplantes Gesetz zur Tarifeinheit gestoppt werden

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VonRA Moegelin

Gaucks Äußerungen zu Ramelow und Links-Partei verfassungsrechtlich zulässig

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Für großes Aufsehen haben die Worte des Bundespräsidenten zur Linkspartei gesorgt. In einem ARD-Interview hat er Bedenken gegen die mögliche Wahl des Linkspartei-Politikers Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten von Thüringen geäußert. Es gebe Teile in der Linkspartei, bei denen er „wie viele andere auch“ Probleme habe, dieses Vertrauen zu entwickeln

In den Medien wurde er deswegen hart angegriffen. Es sei parteiisch und habe eine Grenze überschritten und unangemessene Linken-Schelte betrieben. Es gab aber auch Zustimmung. So habe Gauck nur gesagt was viele denken die das DDR-Unrecht selbst erfahren haben.

Hat Bundespräsident Gauck mit seinen Äußerungen rechtmäßig gehandelt? Grundlage hierfür sind Art. 54 – 61 GG. Mit dem Wortlaut des Grundgesetzes kann die Frage nicht eindeutig geklärt werden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat aber in einem ähnlich gelagerten Fall Stellung genommen. Gauck hatte vor noch nicht allzu langer Zeit die NPD-Mitglieder als „Spinner“ bezeichnet. Das höchste deutsche Gericht hat klargestellt, dass Gaucks Äußerungen zur NPD verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind.

Auch auf Gaucks Äußerungen zu Ramelow und der Links-Partei lassen sich diese Grundsätze anwenden:

Es obliegt dem Bundespräsidenten, die Öffentlichkeit durch seine Beiträge auf von ihm identifizierte Missstände aufmerksam zu machen. Er kann seiner integrativen Funktion nur dann nachkommen, wenn es ihm freisteht, mögliche Ursachen und Verursacher zu benennen, auch wenn sich dabei um eine politische Partei handelt. Er ist insbesondere nicht gehindert, sein Anliegen auch in zugespitzter Wortwahl vorzubringen. Nur Schmähkritik würde die Grenzen des Zulässigen überschreiten.

Das verfassungsrechtlich garantierte Schutzrecht einer politischen Partei gemäß Art. 21 GG ist für die Links-Partei nicht gefährdert. Die Äußerungen von Gauck sind sachlich und geeignet, dem Volk den Missstand einer fehlenden Distanz der Links-Partei zur DDR-Vergangenheit aufzuzeigen. Hierzu steht es der Links-Partei frei, sich ebenso sachlich einzulassen. Eine etwaige Klage der Links-Partei gegen Gauck dürften ebenso scheitern, wie zuvor die Klage der NPD.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Bundespräsisdent Gauck sich zulässig im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Kompetenz geäußert hat.

 

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