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VonRA Moegelin

Keine Vergütung für Betriebsratstätigkeit im stillgelegten Betrieb – BAG 7 AZR 728/08

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Sorry-Closed-SignMitglieder eines Betriebsrats im Restmandat können vom Arbeitgeber keine Vergütung für die mit ihrer Betriebsratstätigkeit verbundenen Freizeitopfer verlangen. Der Entscheidung zugrunde liegt der Fall von zwei Betriebsratsmitgliedern. Diese verlangten von ihrem ehemaligen Arbeitgeber Vergütung in Höhe von jeweils über 30.000,00 € für Tätigkeiten, die sie nach der Stilllegung ihrer Niederlassung und ihrem Eintritt in den Ruhestand im restmandatierten Betriebsrat verrichtet hatten.

Nach § 21b BetrVG bleibt ein Betriebsrat unter anderem im Falle der Stilllegung des Betriebs so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit in Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte – etwa beim Abschluss eines Sozialplans – erforderlich ist. Das Restmandat ist von den Betriebsratsmitgliedern wahrzunehmen, die zum Zeitpunkt des Untergangs des Betriebs in einem Arbeitsverhältnis zu dem Arbeitgeber standen. Nach der Begründung des Restmandats endet die Mitgliedschaft im Betriebsrat – anders als nach § 24 Nr. 3 BetrVG diejenige im Vollmandat – nicht mehr durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies gilt auch, wenn das Ende des Arbeitsverhältnisses keine Folge der Betriebsstilllegung ist (BAG, Urteil vom 5. Mai 2010 – 7 AZR 728/08).

Nach § 37 Abs. 1 BetrVG führen die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Sie sind allerdings nach § 37 Abs. 2 BetrVG im erforderlichen Umfang ohne Minderung des Arbeitsentgelts von ihrer beruflichen Tätigkeit zu befreien. Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende bezahlte Arbeitsbefreiung, wenn er Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen hat. Wenn der Freizeitausgleich innerhalb eines Monats aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich ist, muss der Arbeitgeber die aufgewendete Zeit gemäß § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG wie Mehrarbeit vergüten. Ist das Arbeitsverhältnis des Mitglieds eines restmandatierten Betriebsrats beendet, kommt eine Befreiung von der dem Arbeitgeber geschuldeten Arbeitsleistung oder ein Freizeitausgleich nicht mehr in Betracht. Das Betriebsratsmitglied kann in diesem Fall auch keine Vergütung für das mit der Betriebsratstätigkeit verbundene Freizeitopfer verlangen. Dies widerspräche dem Ehrenamtsprinzip.

Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts wies daher, wie schon die Vorinstanzen, die Klage der zwei Betriebsratsmitglieder ab.

Da es für die Entscheidung nicht darauf ankam, musste das BAG nicht entscheiden, ob Mitglieder eines restmandatierten Betriebsrats einen Ausgleich für Vermögensopfer verlangen können, die dadurch entstehen, dass sie sich von einem neuen Arbeitgeber unbezahlt für Tätigkeiten im restmandatierten Betriebsrat des alten Betriebs freistellen lassen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 5. Mai 2010 – 7 AZR 728/08

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VonRA Moegelin

Kündigung wegen Bezeichnung einer Kollegin als „blöde Kuh“ und „dreckige Diebin“ – LAG Mainz 4 Sa 245/13

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kuh_LAG MainzDie Mitarbeiterin eines Modegeschäfts erhielt die fristlose Kündigung, weil sie eine Arbeitskollegin als „dreckige Diebin“ sowie „blöde Kuh“ bezeichnet, nachdem sie dieser zunächst die Entnahme von 20,00 EUR aus der Ladenkasse unterstellt habe und anschließend in einem Telefonat gegenüber ihrem Ehemann wahrheitswidrig behauptet hat, die Arbeitskollegin habe ihr ins Gesicht geschlagen.

Das Landesarbeitsgericht Mainz sieht hierin einen wichtigen Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB, der zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung berechtigt (LAG Mainz – 4 Sa 245/13).

Nach der Rechtsprechung stellen grobe Beleidigungen von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, einen gravierenden Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar, was eine außerordentliche fristlose Kündigung an sich rechtfertigt. Der Arbeitnehmer kann sich dann nicht erfolgreich auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung berufen.

Das Gericht hat diese Äußerungen der Mitarbeiterin als derart schwerwiegend angesehen, dass es eine Abmahnung als milderes Mittel zur Kündigung als entbehrlich ansah.

Bei einer fristlosen Kündigung stets vorzunehmenden Interessenabwägung sprachen zu Gunsten der Klägerin sowohl deren sehr lange Betriebszugehörigkeit von rund 30 Jahren und auch ihr Lebensalter von 53 Jahren bei Kündigungsausspruch. Demgegenüber ist jedoch zu Gunsten des beklagten Arbeitgebers zu berücksichtigen, dass er nach Ansicht des LAG schwerwiegende Beleidigungen und wahrheitswidrige Bezichtigungen unter seinen Beschäftigten schlichtweg nicht dulden kann. Überdies sei das Fehlverhalten der Klägerin geeignet, den Betriebsfrieden irreparabel zu zerstören, zumal das Fehlverhalten in keiner Weise provoziert worden sei.

Die Abwägung des Gerichts ergab ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Kündigungsschutzklage war demnach abzuweisen.

Volltext des Urteils des Landesarbeitsgerichts: LAG Mainz – 4 Sa 245/13

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VonRA Moegelin

Bedenkliche Auslegung des „Schuldvorwurfs“ bei der verhaltensbedingten Kündigung eines alkoholkranken Berufskraftfahrers

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Ein Berufskraftfahrer verletzt seine arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten in erheblichem Maße, wenn er das ihm überlassene Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss führt. Beruht dieses Verhalten jedoch auf einer Alkoholabhängigkeit, ist dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Vertragspflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.08.14 – 7 Sa 852/14).

Damit hat das LAG eine entgegenstehende Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin geändert. Die Begründung des LAG -wie folgt- überzeugt nicht: Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei dann nur möglich, wenn anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten dauerhaft nicht nachkommen kann. Hieran fehle es, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung ernsthaft zu einer Alkoholtherapie bereit war. Im Übrigen könne bei einer bestehenden Therapiebereitschaft vom Arbeitgeber in der Regel erwartet werden, das Fehlverhalten abzumahnen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.

Der betreffende Arbeitnehmer hat in seiner Eigenschaft als Berufskraftfahrer mit einem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64 ‰) einen Unfall verursacht, bei dem der Unfallgegner verletzt wurde und ein größerer Sachschaden entstand. Im Betrieb bestand ein absolutes Alkoholverbot.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung wegen der Schwere der Pflichtverletzung auch ohne Ausspruch einer Abmahnung für sozial gerechtfertigt gehalten.

Nicht nachvollziehbar ist die Ansicht des LAG, dass dem Arbeitnehmer kein Schuldvorwurf zu machen sei. Schuldhaftes Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitnehmer beim Pflichtverstoß vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig handelte. Das ist nach den unstreitigen Feststellungen des Arbeitsgerichts der Fall. Bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,64 ‰ ist nicht ansatzweise von Schuldunfähigkeit auszugehen. Eine verminderte Schuldunfähigkeit wird erst ab einer Blutalkoholkonzentration von 2,00 ‰ in Betracht gezogen. Zutreffend hat ihm das Gericht der 1. Instanz vorgeworfen, wissentlich eine Fahrt mit dem Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere gefährdet zu haben.

Die unstreitige Alkoholerkrankung kann den Arbeitnehmer nicht entlasten. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer beim Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten sich im Zustand von Schuldunfähigkeit befunden hätte.

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