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VonRA Moegelin

Anrechnung von Arbeitslosengeld auf Karenzentschädigung

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CoD-fsfe-Sign-iconOb der Anspruch auf Karenzentschädigung aus einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden kann, hatte das Bundesarbeitsgericht auf die Klage eines gekündigten Außendienstmitarbeiters zu entscheiden.

Er hatte mit seinem damaligen Arbeitgeber eine Wettbewerbsvereinbarung geschlossen, die auszusweise wie folgt regelt:

„Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, während der Dauer von einem Jahr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht … für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit dem Arbeitgeber in …Wettbewerb steht …Der Arbeitgeber zahlt dem Arbeitnehmer für die Dauer des Wettbewerbsverbots eine Entschädigung in Höhe von 50 % der zuletzt von ihm bezogenen Leistungen…Auf die Entschädigung ist anderweitiger Erwerb sowie böswillig unterlassener Erwerb nach Maßgabe des HGB anzurechnen. …“

Der Kläger erhielt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitslosengeld iHv. monatlich rund 1.500 €. Die Beklagte rechnete auf die Karenzentschädigung das um fiktive Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung erhöhte Arbeitslosengeld des Klägers an, soweit es zusammen mit der Hälfte der letzten Bruttovergütung den Betrag von 3. 536, 50 Euro (110 % der letzten Bruttovergütung) überstieg. Sie brachte für zehn Monate insgesamt 1.106 € in Abzug.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe die volle Karenzentschädigung zu und hat diesen Betrag gerichtlich geltend gemacht. Er hat in allen Instanzen Recht bekommen. Die Revison seines ehemaligen Arbeitgebers hat das Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Erwerb aus der Verwertung der Arbeitskraft sind alle geldwerten Leistungen zur Abgeltung der Arbeitsleistung. Anzurechnen sind damit grundsätzlich Arbeitsentgelt und Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit. In beiden Fällen handelt es sich um den Ertrag aus persönlichem Arbeitseinsatz, der erst durch die Beendigung des vorherigen Arbeitsverhältnisses möglich geworden ist. Der Bezug von Arbeitslosengeld nach § 117 ff. SGB III beruht nicht auf der Verwertung der Arbeitskraft. Arbeitslosengeld ist ein Lohnersatz und wird von der Solidargemeinschaft der Versicherten und der Wirtschaft als Sozialleistung aufgebracht; diese ist nicht Gegenleistung verwerteter, also tatsächlich erbrachter Arbeit (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. September 2011 – 10 AZR 198/10).

Die Beklagte war somit nicht berechtigt, das vom Kläger bezogene Arbeitslosengeld nach § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB auf die vertraglich vereinbarte Karenzentschädigung anzurechnen.

Das BAG hat offen gelassen, ob eine Anrechnung, unteren durch analoge Anwendung von § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB dennoch in Betracht kommt. Die Einkünfte des Klägers aus Karenzentschädigung und ausgezahltem Arbeitslosengeld erreichen die Anrechnungsgrenze des § 74c Abs. 1 Satz 1 HGB (mehr als ein Zehntel der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen) nicht.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 14. September 2011 – 10 AZR 198/10

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VonRA Moegelin

Maßregelung und Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern

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CryingBaby-inkEine Verkäuferin in einem Einzelhandelsgeschäft sollte nach Verbandsaustritt ihres Arbeitgebers verschlechterten Arbeitsbedingungen zustimmen. Da sie es nicht getan hat, fühlt sie sich benachteiligt gegenüber denjenigen die zugestimmt haben.

Vorausgegangen ist folgende Vorgehensweise des Arbeitgebers: Mit Mitarbeitern, die nach dem Verbandsaustritt eingestellt wurden, vereinbarte der Arbeitgeber eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden und eine Vergütung, die geringer war als diejenige, die vor dem Verbandsaustritt eingestellte Mitarbeiter erhielten.

Nach einiger Zeit forderte die Beklagte ihre vor dem Verbandsaustritt eingestellten Mitarbeiter -so auch die spätere Klägerin auf, einer einvernehmlichen Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zuzustimmen. Darauf reagierte die Klägerin nicht. Es blieb bei ihrer Arbeitszeit von 37,5 Stunden pro Woche.

3 Jahre später bat die Beklagte diejenigen Mitarbeiter, die einer Verlängerung der Arbeitszeit zugestimmt hatten, um Einverständnis mit einer weiteren Verlängerung der Arbeitszeit Wochenstunden, diesmal bei entsprechendem Lohnausgleich, jedoch unter Verzicht auf die tariflichen Spätöffnungszuschläge.

Diejenigen, die zugestimmt hatten, erhielten einen Personalrabatt auch auf reduzierte Ware. Im Januar 2007 gewährte die Beklagte Mitarbeitern mit einem Arbeitsvertrag auf der Basis einer 40-Stunden-Woche einen zusätzlichen Personalkauf bis zu einer maximalen Verkaufswert von 400,00 Euro für Vollzeitbeschäftigte und anteilig für Teilzeitbeschäftigte.  Zudem erhielten die Betreffenden eine Lohnerhöhung um 3 %.

Die Klägerin begehrt eine Gehaltserhöhung von 3 %. Die Gruppenbildung der Beklagten sei fehlerhaft, zumindest unter Einbeziehung der Personalrabatte seien Mitarbeiter mit einer höheren Arbeitszeit bessergestellt, ihre „Nachteile“ würden überkompensiert.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auch die Revision der Klägerin wurde zurückgewiesen.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz rechtfertigt es, einer Arbeitnehmergruppe die der anderen Arbeitnehmergruppe gewährte Gehaltserhöhung zum Ausgleich bestehender Vergütungsunterschiede zwischen den vergleichbaren Arbeitnehmern vorzuenthalten. Der Vergleich der Stundenvergütung ist hierbei der einzig richtige Maßstab, weil ein Abstellen auf das Jahres-, Monats- oder Wochenentgelt unberücksichtigt lässt, dass Mitarbeiter mit einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden im Vergleich zur klagenden Arbeitnehmerin zwar ein höheres Jahres-, Monats- oder Wochenentgelt erzielen, aber nur deshalb, weil sie statt 37,5 Stunden 40 Stunden wöchentlich arbeiten müssen-. Insoweit liegt auch kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gemäß § 612 a BGB vor (BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 168/09).

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 17. März 2010 – 5 AZR 168/09

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VonRA Moegelin

Grundsatzurteil des BAG zur Sittenwidrigkeit des Arbeitslohns

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captalistpictureDas Urteil des ArbG Cottbus betreffend einer sittenwidrigen Lohnvereinbarung mit Hartz-IV-Empfängern wurde kürzlich vom LAG wegen der abwegigen Interpretation der „Verwerflichkeit“ aufgehoben. Dabei hätten die Cottbuser Richter einfach nur die im Folgenden dargestellte BAG-Entscheidung zu lesen brauchen. Dann wäre klar gewesen, dass eine Beschäftigung, die auf Wunsch des Arbeitnehmers nur des „Beschäftigtseins willen“ ermöglicht wird, sehr wohl das für eine Sittenwidrigkeit erforderliche Merkmal der verwerflichen Gesinnung bedeutet, bzw. zu unterstellen ist, dass es dem Hartz-IV-Empfänger auch um mehr geht und zwar Lohn als Gegenleistung für seine Arbeit zu bekommen.

Im besagten, nun dargestellten Fall des Bundesarbeitsgerichts, geht es um eine portugiesische Staatsangehörige, die als ungelernte Hilfskraft im einem Gartenbaubetrieb beschäftigt war. Die Arbeitnehmerin und spätere Klägerin ist der deutschen Sprache nicht mächtig. Gemäß einem in portugiesisch abgefassten Arbeitsvertrag erhielt sie einen Stundenlohn von 6, 00 DM netto, für Arbeit an Sonntagen zusätzlich pauschal 10, 00 DM netto. Ab dem 1. Januar 2002 erhöhte der Beklagte den Stundenlohn auf 3, 25 Euro netto. Die Klägerin arbeitete im Zeitraum von Dezember 1999 bis Mai 2002 durchschnittlich 269 Stunden/Monat, wobei in den Wintermonaten 42 bis 274 Stunden und in der übrigen Zeit 219 bis 352 Stunden monatlich anfielen.

Die Klägerin und ihr Ehemann wohnten gemeinsam mit zwei minderjährigen Kindern auf dem Betriebsgelände ihres Arbeitgebers. Die Klägerin nutzte hier mehrere hundert Quadratmeter für sich als Gemüsegarten und einen Schuppen als Hühnerstall, für den der Beklagte den elektrischen Strom bezahlte. Der Beklagte legte in den Lohnabrechnungen der Klägerin den anteiligen Wert des Sachbezugs für die Wohnstätte einschließlich der übernommenen Nebenkosten fest, und zwar von 1999 bis 2002 zwischen 140, 00 DM netto und 76, 25 Euro netto monatlich.

Nachdem die Klägerin in zwei Instanzen unterlag, hat das BAG auf die Revision ihrer Klage stattgegeben. Die Sache wurde zur Feststellung der Höhe der Ansprüche unter Zugrundelegung des tariflichen Stundenlohns ohne Zuschläge, Zulagen und Sonderleistungen an das LAG zurückverwiesen. Dabei hat das LAG unter Maßgabe der Rechtsansicht des BAG wie folgt zu entscheiden.

Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne von § 138 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht (BAG, Urteil vom 22. April 2009 – 5 AZR 436/08).

Die Grenze beim sittenwidrigen Lohn ist bei zwei Dritteln ausgehend vom branchenüblich Lohn zu ziehen. Die Vergütung der Klägerin lag im Streitzeitraum unterhalb von zwei Dritteln des maßgeblichen Tariflohns. Es liegt daher Lohnwucher vor, der von seinem Charakter her sittenwidrig gemäß § 138 BGB ist. Normalerweise ist die Rechtsfolge die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Zum Schutz des Arbeitnehmers wird bei einem Arbeitsvertrag eine Anpassung dahingehend vorgenommen, dass statt der Nichtigkeit der Fortbestand des Arbeitsvertrages bei Zugrundelegung des branchenüblichen Arbeitslohns vorzunehmen ist.

Neben der Unterschreitung der Zweidrittel-Grenze muss noch eine verwerfliche Absicht des Arbeitgebers hinzukommen. Der Tatbestand des Lohnwuchers setzt voraus, dass der „Wucherer“ die beim anderen Teil bestehende Schwächesituation (Zwangslage, Unerfahrenheit, mangelndes Urteilsvermögen, erhebliche Willensschwäche) ausbeutet, also sie sich in Kenntnis vom Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen bewusst.

Maßgebend ist die Kenntnis der für die Beurteilung erheblichen Umstände. Es half dem beklagten Arbeitgeber daher nichts, wenn er die Zwei-Drittel-Grenze nicht kannte und sich etwa wegen wirtschaftlicher Notwendigkeiten als Familienunternehmer ohne Tarifbindung für berechtigt hielt den wucherischen Lohn zu zahlen

Im Ergebnis war der Arbeitgeber zu verurteilen, den sittengemäßen Lohn zu zahlen.

Volltext der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 22. April 2009 – 5 AZR 436/08

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VonRA Moegelin

Mitbestimmung bei betrieblicher Lohngestaltung

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CommunityDas Recht des Betriebsrats auf Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG betrifft Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung. Das BAG hatte zu entscheiden, ob einmalige Zahlungen an Arbeitnehmer mitumfasst sind von diesem Mitbestimmungsrecht.

Das Angebot des Arbeitgebers auf Einmalzahlung in Höhe von 3.000,00 Euro an seine Arbeitnehmer als Gegenleistung für deren Verzicht auf eine Gewinnbeteiligung stellt eine mitbestimmungspflichtige Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze dar (BAG, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 1 ABR 57/12). Das Mitbestimmungsrecht richtet sich nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, wonach der Betriebsrat in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, mitzubestimmen hat. Ausgenommen sind arbeitsvertraglich vereinbarte Entgelte der Arbeitnehmer. Stellt der Arbeitgeber dagegen für die individualrechtlich versprochene Vergütung einen besonderen Dotierungsrahmen zur Verfügung, unterliegt dessen Verteilung bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestands dem Mitbestimmungsrecht. Das war nach Ansicht des BAG hier der Fall, denn die Streichung der Gewinnbeteiligung führte zu einer Änderung der bei der Arbeitgeberin geltenden Entlohnungsgrundsätze. Die Rechtsbeschwerde war zurückzuweisen, da der der Betriebsrat mitbestimmen konnte.

Volltext des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 1 ABR 57/12

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