Schlagwort-Archiv AGG

VonRA Moegelin

Benachteiligung durch Stellenanzeige „Frauen an die Macht!“

Share

Woman-power-emblem-300pxDas Arbeitsgericht Köln hatte zu entscheiden, ob eine Stellenanzeige mit der Ãœberschrift „Frauen an die Macht!!“ eines Entschädigungsanspruch eines abgelehnten männlichen Bewerbers begründet.

Ein Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 1 oder 2 AGG setzt voraus, dass der Arbeitgeber gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 1 AGG verstoßen hat. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ihm eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG zuzurechnen ist, die nicht aufgrund der §§ 8 bis 10 AGG oder nach § 5 AGG zulässig ist. Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, wobei die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpfen muss.

Der Arbeitgeber, ein Autohaus mit ausschließlich männlichen Verkäufern, hatte eine Stellenanzeige mit der Ãœberschrift „Frauen an die Macht!! Zur weiteren Verstärkung unseres Verkaufsteams suchen wir eine selbstbewusste, engagierte und erfolgshungrige Verkäuferin“ veröffentlicht. Auf diese Anzeige hin wurde eine Verkäuferin eingestellt. Der Kläger fühlte sich deswegen als Mann benachteiligt und machte eine Entschädigung geltend.

Das Arbeitsgericht hat entschieden, dass die Stellenanzeige zwar einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot enthalte, da sie sich nur an Verkäuferinnen richte. Diese unterschiedliche Behandlung sei aber ausnahmsweise zulässig, wenn der Arbeitgeber das Ziel verfolge, seinen Kunden Verkaufsberater beider Geschlechter zur Verfügung zu stellen. Der Arbeitgeber hatte angeführt, der Frauenanteil unter den Kunden liege bei 25-30%, bestimmte Einstiegsmodelle seien bei Frauen besonders gefragt und es seien auch schon ausdrückliche Kundennachfragen nach einer Verkäuferin erfolgt.

Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

(Arbeitsgericht K̦ln, Urteil vom 10.02.2016 Р9 Ca 4843/15; vgl. Pressemitteilung vom 08.03.2016)

 

Share
VonRA Moegelin

Altersdiskriminierung von Arbeitnehmern bei der Bundeswehr

Share

1362170346-300pxNach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts führt die Anrechnung von Einkommenserhöhungen auf die Einkommenssicherungszulage nach § 6 des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18. Juli 2001 (TV UmBw) zu einer unmittelbaren Benachteiligung jüngerer gegenüber älteren Beschäftigten, soweit bei einer Beschäftigungszeit von weniger als 25 Jahren nach der Vollendung des 55. Lebensjahres differenziert wird. Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG, das eine derartige Benachteiligung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich (vgl. bereits BAG 15. November 2012 – 6 AZR 359/11).

Die am 3. August 1968 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. September 1988 in der Bundeswehrverwaltung beschäftigt. Seit dem 1. Juli 2007 hat sie einen Anspruch auf Einkommenssicherung nach § 6 TV UmBw. Die demnach gewährte persönliche Zulage nimmt an allgemeinen Entgelterhöhungen teil. Sie verringert sich jedoch nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a) TV UmBw bei Beschäftigten, die eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt und noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben, um ein Drittel des Erhöhungsbetrages. Demgegenüber unterbleibt nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a) TV UmBw bei Vollendung des 55. Lebensjahrs eine solche Verringerung. Die Klägerin sieht darin eine unzulässige Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer mit einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren. Sie verlangt daher für die Zeit bis zum 28. Februar 2012 mit einer Leistungsklage auf Zahlung von Differenzvergütung eine Gleichstellung mit den begünstigten Beschäftigten. Bezüglich der Folgezeit bis zum 31. August 2013 begehrt sie die Feststellung einer entsprechenden Verpflichtung der Beklagten.

Die Vorinstanzen haben der Klage überwiegend stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts zum Teil Erfolg. Die Leistungsklage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts wegen Versäumung der tariflichen Ausschlussfrist unbegründet. Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf die beantragte Feststellung. Zwar sind die einschlägigen Tarifregelungen gemäß § 7 Abs. 2 AGG nur insoweit unwirksam, als sie nach der Vollendung des 55. Lebensjahres differenzieren. Die in Abhängigkeit von der Beschäftigungsdauer angeordnete Verringerung behält als in sich geschlossene und sinnvolle Regelung ihre Wirksamkeit. Damit wäre im Fall der Klägerin eine Verringerung der Zulage um ein Drittel des Erhöhungsbetrages berechtigt gewesen. Für die allein streitgegenständliche Vergangenheit kann die Klägerin aber zur Beseitigung der Diskriminierung eine sog. Anpassung nach oben verlangen, da den Begünstigten die unverringert gezahlte Zulage nachträglich nicht mehr entzogen werden kann.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Februar 2016 – BAG 6 AZR 700/14; vgl. Pressemitteilung Nr. 9/16)

Share
VonRA Moegelin

Altersdiskriminierende Spätehenklausel einer Hinterbliebenenversorgung

Share

1276334095Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin eine Hinterbliebenenversorgung zu zahlen.

Dem liegt der Fall einer Witwe (die Klägerin) zugrunde, die mit einem im April 1947 geborenen und im Dezember 2010 verstorbenen ehemaligen Mitarbeiters der Beklagten verheirate war. Diesem waren Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einschließlich einer Witwenversorgung zugesagt worden. Die maßgebliche Pensionsregelung enthält eine „Spätehenklausel“, nach der zusätzliche Voraussetzung für die Zahlung der Witwen-/Witwerrente ist, dass der versorgungsberechtigte Mitarbeiter die Ehe vor der Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat. Diese Voraussetzung erfüllte der verstorbene Ehemann der Klägerin nicht; die Ehe war erst am 8. August 2008 geschlossen worden. Die Beklagte weigerte sich aus diesem Grund, an die Klägerin eine Witwenrente zu zahlen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.

Die „Spätehenklausel“ ist gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Der verstorbene Ehemann der Klägerin wurde durch die „Spätehenklausel“ unmittelbar wegen des Alters benachteiligt. Die Benachteiligung kann weder in direkter noch in entsprechender Anwendung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt werden. Diese Bestimmung lässt bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit Unterscheidungen nach dem Alter unter erleichterten Voraussetzungen zu. Sie erfasst, soweit es um Altersgrenzen als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung geht, nur die Alters- und Invaliditätsversorgung und nicht die Hinterbliebenenversorgung und damit auch nicht die Witwen-/Witwerversorgung. Die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung der unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 Sätze 1 und 2 AGG liegen nicht vor. Die „Spätehenklausel“ führt zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 4. August 2015 – 3 AZR 137/13, vgl. Pressemitteilung Nr. 40/15)

Share
VonRA Moegelin

Diskriminierung und Kündigung eines Schwerbehinderten

Share

abelimDas Arbeitsgericht Düsseldorf hatte über die Klage eines Schwerbehinderten auf Entfernung von Abmahnungen, Zahlung von Vergütung und Entschädigung wegen Diskriminierung in Höhe von mindestens 10.000 € zu entscheiden. Zudem wehrt sich der Arbeitnehmer, der seit einem Motorradunfall im Rollstuhl sitzt und deswegen schwerbehindert ist, gegen zwei im Verlauf des Prozesses ausgesprochene Kündigungen. In Hinblick auf § 22 AGG erscheint das Urteil, dem folgender Sachverhalt zugrunde liegt, angreifbar.

Die beklagte Arbeitgeberin hat nach Darstellung des Klägers unzulässige Maßnahmen ergriffen, um ihn aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen. So habe sie ihm u.a. eine Abstellkammer als Arbeitsplatz zugewiesen, die Kommunikation mit anderen Mitarbeitern untersagt, seine Vergütung verspätet bzw. unvollständig gezahlt und ihm unberechtigt Abmahnungen erteilt. Der Kläger ist der Ansicht, es sei zu vermuten, dass die Beklagte ihn wegen seiner Behinderung diskriminiere. Diese Vermutung müsse die Beklagte entkräften. Die Beklagte bestreitet, den Kläger diskriminiert zu haben und hält den Ausspruch der zuletzt ausgesprochenen (fristlosen) Kündigung für gerechtfertigt, weil der Kläger entgegen der internen Anweisungen ein Foto von seinem Arbeitszimmer im Betrieb aufgenommen und im Prozess eingereicht habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise – im Hinblick auf die angegriffene außerordentliche Kündigung und die ausstehende Vergütung – stattgegeben. Im Ãœbrigen hat es die Klage abgewiesen (Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 01.10.2015, 10 Ca 4027/15). Die außerordentliche Kündigung hielt das Gericht mangels Abmahnung für unwirksam. Die ordentliche Kündigung konnte das Arbeitsverhältnis dagegen zum 31.08.2015 beenden, da es sich um einen Kleinbetrieb handelt und das Arbeitsverhältnis nicht dem gesetzlichen Kündigungsschutz unterliegt. Dem Kläger ist es nach Ãœberzeugung der Kammer nicht gelungen, darzulegen und zu beweisen, dass der Ausspruch der ordentlichen Kündigung und die weiteren von der Beklagten ergriffenen Maßnahmen Diskriminierungen darstellten. Zum Teil, so die Kammer, fehle es nach den Schilderungen des Klägers bereits an ausreichenden Indizien, die für eine Benachteiligung wegen einer Behinderung sprächen. Zum Teil sei der Kläger beweisfällig geblieben. Für die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte hat die Kammer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Rechtsschutzinteresse mehr gesehen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Im Fall einer Berufung ist zu erwarten, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer einwenden wird, das Gericht habe § 22 AGG i.V.m. § 1 AGG verkannt, wonach beim Beweis von Indizien die Vermutung der Diskriminierung begründen. Nimmt man die Entscheidung BAG 6 AZR 457/14 als Maßstab, können auch scheinbar unverfängliche Maßnahmen des Arbeitgebers die Indizwirkung des § 22 AGG begründen.

Share
VonRA Moegelin

Diskriminierende Kündigung einer Schwangeren durch Anwalt

Share

molumen-pregnancy-silhouet-1Auch einem Rechtsanwalt kann es passieren, dass er rechtlich unhaltbare Kündigungen ausspricht. Sogar im zweiten Anlauf hat es für einen Anwalt mit der Kündigung seiner schwangeren Angestellten nicht geklappt.

Der beklagte Rechtsanwalt, hatte die bei ihm beschäftigte Klägerin bereits während der Probezeit gekündigt. Diese Kündigung hatte das Arbeitsgericht in einem vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren nach § 9 MuSchG für unwirksam erklärt, weil die Klägerin ihrem Arbeitgeber gleich nach der Kündigung unter Vorlage des Mutterpasses mitgeteilt hatte, dass sie schwanger sei und der Arbeitgeber keine Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde zur Kündigung eingeholt hatte. Einige Monate später kündigte der Beklagte ein weiteres Mal ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde.

Das LAG hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Kündigung einer schwangeren Frau ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde kann eine verbotene Benachteiligung wegen des Geschlechts gemäß § 1 AGG darstellen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer Geldentschädigung verpflichten (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.09.2015 – 23 Sa 1045/15).

Durch die erneute Kündigung sei die Klägerin wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Der Einwand des Arbeitgebers, er habe angenommen, die Schwangerschaft sei bereits beendet, hat das Gericht für unberechtigt gehalten. Es hätten keine Anhaltspunkte für ein Ende der Schwangerschaft vorgelegen; auch sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, den Arbeitgeber stets von dem Fortbestand der Schwangerschaft in Kenntnis zu setzen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen. (vgl. Pressemitteilung Nr. 28/15 vom 16.09.2015)

Share
VonRA Moegelin

„ein Kind“… „7 Jahre alt!“ – Bewerbung abgelehnt

Share

magiaaron-Mischievous-BoyEin Radiosender suchte für eine Vollzeitstelle eine Buchhaltungskraft mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung. Die Klägerin bewarb sich auf diese Stelle und wies im beigefügten Lebenslauf auf ihre Ausbildungen als Verwaltungsfachfrau und zur Bürokauffrau hin. Außerdem gab sie dort an „Familienstand: verheiratet, ein Kind“. Hierauf erhielt sie eine Absage. Auf dem zurückgesandten Lebenslauf war der Angabe zum Familienstand hinzugefügt „7 Jahre alt!“. Dies und die von der Klägerin stammende Angabe „ein Kind“ war unterstrichen.

Die Klägerin sieht sich als Mutter eines schulpflichtigen Kindes, die eine Vollzeitbeschäftigung anstrebt, benachteiligt. Die Notiz der Beklagten auf ihrem Lebenslauf spreche dafür, dass der beklagte Radiosender Vollzeittätigkeit und die Betreuung eines siebenjährigen Kindes nicht oder nur schlecht für vereinbar halte. Die Beklagte hat eine Entschädigung wegen einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts abgelehnt. Sie hat darauf verwiesen, eine junge verheiratete Frau eingestellt zu haben, die über eine höhere Qualifikation verfüge.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin wegen mittelbarer Benachteiligung eine Entschädigung von 3.000,00 € zugesprochen. Die hiergegen gerichtete Revision hatte Erfolg.

Bei einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts kann die besondere Benachteiligung des einen Geschlechts durch ein dem Anschein nach neutrales Kriterium mit einem Verweis auf statistische Erhebungen dargelegt werden. Die herangezogene Statistik muss aussagekräftig, dh. für die umstrittene Fallkonstellation gültig sein (BAG, Urteil vom 18. September 2014 – 8 AZR 753/13).

Das LAG hat eine Statistik herangezogen, und zwar einen sogenannten Mikrozensus 2010 des Statistischen Bundesamtes, und zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Der Mikrozensus untersucht nach Ansicht des BAG nur, aufgeteilt in Lebensformen, die jeweilige Quote der Beschäftigung und in diesem Zusammenhang auch die Verteilung auf die Geschlechter. Vorliegend gehe es jedoch nicht um eine Beschäftigung, sondern um eine angestrebte Beschäftigung, also um die Frage der Behandlung von Bewerbungen. Für den Anteil von Ehefrauen mit Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten lasse der Mikrozensus keine Aussagen für den Fall der Klägerin zu. Auf eine mittelbare Benachteiligung konnte der Anspruch der Klägerin daher nicht gestützt werden.

Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts iSd. § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG liegt nicht vor, weil die Klägerin bei ihrer Bewerbung wegen ihrer „Mutterschaft“ ungünstiger behandelt worden wäre. Unter „Mutterschaft“ ist nur der besondere Schutz der Frau im Zusammenhang mit einer kurz bevorstehenden oder gerade erfolgten Entbindung zu verstehen. Die Betreuung eines bereits siebenjährigen Kindes durch ihre Mutter fällt daher nicht in den Schutzbereich von § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG.

Eine arbeitgeberseitige handschriftliche Anmerkung oder Äußerung „ein Kind 7 Jahre alt!“ auf dem Lebenslauf einer Frau kann von dem Verbot unmittelbarer Benachteiligung erfasst sein. Die Beklagte hat die Klägerin mit der Bewerbungsablehnung benachteiligt. Eine solche Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Im Verhältnis zur tatsächlich eingestellten, erfolgreichen Person wurde die Klägerin weniger günstig behandelt. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem durch § 1 AGG verbotenen Anknüpfungsmerkmal muss ein Kausalzusammenhang bestehen.

Eine arbeitgeberseitige handschriftliche Anmerkung „ein Kind 7 Jahre alt!“, kann an sich auf einem Lebenslauf bezüglich der in § 1 AGG genannten Gründe neutral sein, wenn sie bei allen sich bewerbenden Eltern gemacht würde, unabhängig vom Geschlecht und aus einer Motivation heraus, die mit dem AGG offensichtlich in Einklang steht, § 5 AGG. Dies etwa bei einem Arbeitgeber, der sich besonders für die berufliche Entwicklung von Eltern stark macht und bevorzugt diese bei Einstellungen berücksichtigt. Wird dagegen eine solche Anmerkung nur auf Lebensläufen weiblicher Elternteile gemacht, liegt darin eine direkte Benachteiligung „als Frau“, wenn die Äußerung auf die herkömmliche Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen bezogen ist und die Problematik der Vereinbarung von Kinderbetreuung und Berufstätigkeit demgemäß nur als Einstellungshindernis für Frauen und Mütter negativ in den Blick genommen wird.

Das Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht wird zu prüfen haben, ob in dem Verhalten der Beklagten nicht eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin als Frau zu sehen ist, was eine Auslegung des Vermerks auf dem zurückgesandten Lebenslauf erfordert. Ob die Anmerkung der Beklagten auf dem zurückgesandten Lebenslauf für die Personalauswahl und die Ablehnung der Bewerbung der Klägerin in diesem Sinne Teil des Motivbündels war, obliegt der Beurteilung durch das LAG.

Share
Blogverzeichnis TopBlogs.de das Original - Blogverzeichnis | Blog Top Liste Blogverzeichnis Bloggerei.de