Änderungskündigung einer Pflegedienstleiterin

VonRA Moegelin

Änderungskündigung einer Pflegedienstleiterin

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In einem Alten- und Pflegeheim als vorgesetzte Pflegedienstleiterin ein Feuer unbeaufsichtigt und andere bettlägerige Mitbewohner im Stockwerk zurückzulassen ist angesichts weiterer Umstände (u.a. Wegtragen eines Bewohners) keine schwere Pflichtverletzung, die ohne Abmahnung zu einer Kündigung berechtigen würde. Eine Abmahnung war nicht entbehrlich, weil eine Verhaltensänderung nicht zu erwarten gewesen wäre, wofür u.a. spricht, dass im vorhandenen Notfallplan Unklarheiten zu finden sind. (Leitsätze)

Volltext des Urteils des LAG München vom 13.04.2016 – 5 Sa 990/15:

Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 24. September 2015 – 8 Ca 997/15 – abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Änderungskündigung des Beklagten vom 21.04.2015 rechtsunwirksam ist.
II. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
1
Die Parteien streiten zuletzt noch um die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.
2
Die am 0.0.1957 geborene und gegenüber einem Sohn unterhaltspflichtige Klägerin war auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 22.06.2010 (Anlage A 1, Bl. 26/27 d. A.) seit dem 01.09.2010 beim Beklagten beschäftigt. Zunächst war sie als Heimleiterin im Altenheim M. in Sc. tätig und verdiente dabei monatlich 0,- € brutto.
3
Auf das Arbeitsverhältnis finden gemäß § 2 des Dienstvertrages die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen C.-Verbandes (AVR) Anwendung. Nach § 14 Abs. 2 lit. a AVR beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigungszeit bis zu fünf Jahren sechs Wochen zum Schluss des Kalendervierteljahres.
4
Mit Schreiben des Beklagten vom 06.12.2013 wurde die Klägerin als Pflegedienstleiterin in das He. nach R. abgeordnet. In dem Klageverfahren gegen diese Abordnung vor dem Arbeitsgericht Weiden – Kammer Schwandorf – (3 Ca 2097/13) wurde mit Beschluss vom 13.06.2014 das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs zwischen den Parteienfestgestellt. Danach erklärte sich die Klägerin mit der Abordnung einverstanden. Weiter bestand zwischen den Parteien Einigkeit darüber, dass die Besitzstandszulage in Höhe von 207,- € brutto für den Wechsel der Tätigkeit eine unwiderrufliche, nicht anrechenbare Besitzstandszulage ist. Auf Anlage A 2 (Bl. 28/29 d. A.) wird im Ãœbrigen Bezug genommen. Im Hinblick auf die Tätigkeit der Klägerin als verantwortliche Pflegekraft (Pflegedienstleitung) im He. mit einer wöchentlichen 39-Stunden-Woche schlössen die Parteien am 16.05.2014 einen Nachtrag zum Dienstvertrag (Anlage A 3, Bl. 30 d. A.).
5
Auf das Arbeitsverhältnis findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung.
6
Am 23.03.2015 kam es im He. zu folgendem Vorfall: Gegen 10:30 Uhr wurde Feueralarm ausgelöst. Eine im 2. Obergeschoss im Aufenthaltsbereich der Bewohner auf einer Kommode befindliche LED-Kerze war in Brand geraten. Auf diesem Stockwerk befinden sich Zimmer von Heimbewohnern, die teilweise dement und/oder häufig gebrechlich sind. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Klägerin zusammen mit der Mitarbeiterin Frau Wi. und der Auszubildenden Frau G. im Wohnbereichsbüro im 2. Obergeschoss. Die Klägerin begab sich nach dem Feueralarm mit den beiden Mitarbeiterinnen auf den Flur. Auf dem Weg Richtung Treppenhaus sah die Klägerin im Bereich einer Sitzecke auf einer Kommode, die mit einer Steindeckplatte versehen war, die brennende LED-Kerze. In unmittelbarer Nähe der Kommode saß Herr E., ein schwer demenzkranker Heimbewohner. Die Klägerin nahm Herrn E. auf den Rücken und begab sich zusammen mit den zwei anderen Mitarbeiterinnen über das große Treppenhaus in die Halle im Erdgeschoss. Nachdem die Klägerin Herrn E. in die Halle verbracht hatte, lief sie über das große Treppenhaus erneut in das 2. Obergeschoss. Zwischenzeitlich waren dort bereits über das kleine Treppenhaus der Haustechniker und die (damalige) Heimleiterin Frau Hö. angekommen.
7
Der Notfallplan für das E. mit Stand 11/2014 lautete wie folgt

Bewohner nicht auffindbar

1.

Bei Bewohner/innen mit Weglauftendenz: Foto in der Dokumentationsmappe mit Personenbeschreibung

2.

Vorgesetzte informieren

3.

Haus und Garten komplett durchsuchen

4.

Angehörige / Betreuer verständigen

5.

Polizei anrufen nach Absprache mit Vorgesetztem

6.

Erinnerungsprotokoll fertigen (Kleidung etc.)

Feuer

Ruhe bewahren

Brand melden (Feuermelder oder Tel. 112)

Vorgesetzte informieren

Personen in Sicherheit bringen

Keinen Aufzug benutzen

Löschversuch evtl. unternehmen

Anweisung der Feuerwehr beachten
8
Mit Schreiben vom 14.04.2015 (Anlage A 4, Bl. 31 d. A.) stellte der Beklagte die Klägerin mit sofortiger Wirkung von ihrer Aufgabe als Pflegedienstleiterin im He. frei und ordnete sie zur Dienstleistung als Pflegefachkraft an das F. in T. ab. Die Abordnung galt zunächst befristet bis zum 30.06.2015. Mit der Klage hat sich die Klägerin zunächst auch gegen diese Abordnung vom 14.04.2015 gewandt.
9
Die Mitarbeitervertretung bei dem Beklagten wurde mit Schreiben vom 26.03.2015 (Anlage B 2, Bl. 67 f. d. A.) über die beabsichtigte Änderungskündigung der Klägerin unterrichtet und um Zustimmung zur beabsichtigten Änderungskündigung gebeten.
10
Mit Schreiben vom 10.04.2015 (Anlage A 7, Bl. 37 d. A.) stimmte die Mitarbeitervertretung durch einstimmigen Beschluss mit 5:0 Stimmen der beabsichtigten Änderungskündigung nicht zu. Sie beantragte, die beabsichtigte Änderungskündigung in eine Abmahnung umzuwandeln.
11
Mit Schreiben vom 21.04.2015 (Anlage A 6, Bl. 35 f. d. A.), der Klägerin zugegangen am gleichen Tage, erklärte der Beklagte gegenüber der Klägerin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen des Vorfalls vom 23.03.2015 fristgemäß zum 30.06.2015 und bot der Klägerin gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Pflegefachkraft in einem anderen Heim des C. in T. ab 01.07.2015 an.
12
Mit Schreiben vom 24.04.2015 an den Beklagten (Bl. 38 d. A.) nahm die Klägerin das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt, dass die Änderungen nicht sozial ungerechtfertigt sind, an.
13
Mit Schriftsatz vom 24.04.2015, eingegangen beim Arbeitsgericht Regensburg am selben Tag, erhob die Klägerin gegen die Änderungskündigung vom 21.04.2015 Änderungsschutzklage, die dem Beklagten, ausweislich Zustellungsurkunde, am 28.04.2015 zugestellt wurde.
14
Mit Datum vom 09.04.2015 fertigte die Klägerin ein Erinnerungsprotokoll zum Brand am 23.03.2015 an (Anlage B 5, Bl. 73 d. A.). Auch wurden Gesprächsprotokolle gefertigt zu Gesprächen der damaligen Heimleiterin Frau Hö. mit der Auszubildenden Frau G. (Anlage B 3, Bl. 69 d. A.) und der Mitarbeiterin Frau P. (Anlage B 4, Bl. 71 – 72 d. A.).
15
Der Beklagte setzte die Klägerin mit Schreiben vom 23.06.2015 (Bl. 66 d. A.) ab 01.07.2015 als Pflegefachkraft im F. in T. ein. Weiter wird in dem Schreiben mitgeteilt, dass die Klägerin entsprechend der Tätigkeit als Pflegefachkraft in die Entgeltgruppe 7a Stufe 6 der Anlage 32 AVR eingruppiert ist.
16
Die Klägerin hat vorgetragen, es habe kein Brandschutzkonzept existiert, sondern lediglich ein sog. Notfallplan, der in jedem Wohnbereichsbüro ausgehangen habe. Sie habe sich am 23.03.2015 seit ca. 10:15 Uhr zusammen mit der Mitarbeiterin Frau Wi. und der Auszubildenden Frau G. im Wohnbereichsbüro im 2. Obergeschoss aufgehalten, als gegen 10:30 Uhr der Feueralarm losgegangen sei. Die langjährige Mitarbeiterin, Frau Wi., -die Klägerin war unstreitig erst ab 01.07.2014 als Pflegedienstleitung dort beschäftigt -habe ihr dann schnell erklärt, alle Mitarbeiter hätten sich im Falle eines Brandes in der Halle im Erdgeschoss einzufinden, um dort weitere Anweisungen der Feuerwehr entgegenzunehmen. Da sie erst seit wenigen Monaten in dem Alten- und Pflegeheim beschäftigt gewesen sei, ein Brandschutzkonzept nicht bestanden habe, sondern lediglich der Notfallplan, habe sie entsprechend der hausinternen Regel das Büro zusammen mit den beiden Mitarbeiterinnen verlassen und sich Richtung Treppenhaus begeben. Auf dem Flur habe sie keine weiteren Personen gesehen. Zum Zeitpunkt des Feueralarms seien die nicht bettlägerigen Bewohner von der Gymnastikgruppe betreut worden. Auf dem Weg in Richtung großes Treppenhaus habe sie im Vorbeigehen auf der mit einer Steindeckplatte abgedeckten Kommode in der Sitzecke in einer Schale eine kleine Flamme von ca. 8 cm Flammenhöhe gesehen. In unmittelbarer Nähe habe der schwer an Demenz erkrankte Heimbewohner Herr E. gesessen. In einem Bruchteil von Sekunden habe sie sich entschlossen, Herrn E. auf dem Rücken über das Treppenhaus in die Halle im Erdgeschoss zu verbringen, damit er sich nicht verletzen könne und um ihren Verpflichtungen aus dem Notfallplan nachzukommen. Sie habe sich daraufhin zusammen mit den beiden Mitarbeiterinnen und Herrn E. in die Halle begeben. Nachdem sie Herrn E. in die Halle verbracht gehabt hatte, sei sie sofort wieder über das sog. große Treppenhaus in das 2. Obergeschoss zurückgekehrt, um den Brand mit geeigneten Mitteln zu löschen. Als sie dort angekommen sei, seien bereits der Haustechniker und die Heimleiterin, die über das sog. kleine Treppenhaus gekommen seien, vor Ort gewesen.
17
Sie sei mit den beiden Mitarbeiterinnen und mit dem Heimbewohner E. in die Halle gegangen, da ein Feuerlöscher oder andere zum Brandlöschen geeignete Gegenstände sich nicht in unmittelbarer Nähe befunden hätten.
18
Der Haustechniker und die Heimleiterin seien ohne Feuerlöscher am Brandherd eingetroffen, obwohl beim Eingang im Flur jeweils ein Feuerlöscher hänge.
19
Sie sei zum seinerzeitigen Zeitpunkt von einer Brandschutzübung ausgegangen. Man könne ihr daher vorwerfen, die Situation fälschlich als Brandschutzübung eingeschätzt zu haben.
20
Zudem sei sie am 23.03.2015 nicht vollständig gesund gewesen. Im Zeitraum vom 18.03. bis zum 22.03.2015 sei sie wegen einer eitrigen Bronchitis arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Obwohl diese Erkrankung fortbestanden habe, sei sie am 23.03.2015 zum Dienst erschienen, da u. a. in der Karwoche zahlreiche Personen in Kurzzeitpflege aufgenommen werden sollten. In der Zeit vom 24.03. bis zum 29.03.2015 sei sie wiederum arbeitsunfähig erkrankt gewesen.
21
Sie habe sich entsprechend dem Notfallplan verhalten. Sie habe Ruhe bewahrt und mit dem Bewohner E. zunächst eine Person in Sicherheit gebracht. Erst weiter unten sehe der Notfallplan vor, evtl. Löschversuche zu unternehmen. Sie habe die Situation zunächst richtig erkannt, da sie davon ausgegangen sei, dass das Feuer keine Nahrung haben könne. Der Brandherd habe sich auf einer Steinplatte befunden, sämtliche Türen und Fenster seien geschlossen gewesen, sodass auch keine Zugluft ein Ausbreiten des Brandes hätte verursachen können. Entsprechend dem Notfallplan habe sie zuerst den Bewohner E. in Sicherheit gebracht und sei dann anschließend an den Brandort zurückgekehrt, um diesen eventuell zu löschen. Die Sicherheit des Heimbewohners habe für sie an wichtigster Stelle gestanden.
22
Personalgespräche mit dem Personalleiter des Beklagten, Herrn B., und dem Leiter des Referats Altenpflege, Dr. Se., hätten am 09.04.2015 und nochmals mit Herrn B. am 13.04.2015 (vgl. S. 13 des Schriftsatzes vom 18.08.2015, Bl. 104 d. A.) stattgefunden.
23
Sie sei zu keinem Zeitpunkt abgemahnt worden.
24
Die Klägerin hat nach teilweiser Klagerücknahme ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 10.09.2015 (Bl. 124/125 d. A.) zuletzt beantragt,
Es wird festgestellt, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 21.04.2015 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam sind.
25
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
26
Der Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin sei bei Auslösen des Feueralarms am 23.03.2015 die einzig anwesende Leitungskraft im 2. Obergeschoss des He. gewesen. Zum Zeitpunkt des Brandes hätte sich in dem Stockwerk eine unbekannte Anzahl von Bewohnern – von einer Größenordnung von 10 bis 15 Heimbewohnern sei auszugehen -aufgehalten. Sie habe weder etwas bezüglich des Brandes, etwa einen Löschversuch, noch hinsichtlich der Bewohner in ihren Zimmern veranlasst. Zu dritt habe man den Heimbewohner E. in die Halle im Erdgeschoss verbracht, ohne dass die Klägerin Anweisungen an eine der beiden anderen Mitarbeiterinnen gegeben hätte, sich um den Brandherd oder die anderen Bewohner auf dem Stockwerk zu kümmern. Vor allem sei ihr vorzuwerfen, dass sie den Brandherd und das Stockwerk völlig unbeaufsichtigt gelassen und damit eine mögliche unkontrollierte Entwicklung heraufbeschworen habe.
27
Es bleibe unklar, wieso die Klägerin, nach deren eigenem Vortrag die Flamme unter 10 cm hoch gewesen sei, nicht sofort einen Löschversuch unternommen habe. Damit wäre auch dem Schutz des anwesenden Heimbewohners effektiv gedient gewesen. Sollte die Situation aber bedrohlicher gewesen sein, wäre es absolut unverantwortlich von der Klägerin als Leitungskraft gewesen, den Brandherd unbeaufsichtigt zu lassen.
28
Die Klägerin sei bei dem Brand am 23.03.2015 die einzig anwesende Leitungskraft gewesen und hätte daher arbeitsvertraglich die Pflicht gehabt, für eine geordnete Beherrschung der Situation zu sorgen. Von der Klägerin in ihrer Position müsse verlangt werden, sich schnell ein Bild von der Situation zu verschaffen und geeignete Sofortmaßnahmen zu treffen. Ihr sei mindestens vorzuwerfen, dass sie bei dem Brand die Prioritäten zumindest teilweise falsch gesetzt, den Überblick verloren und dadurch weitere Gefahren, etwa Löschversuche der Heimbewohner oder Panik bei den Bewohnern, heraufbeschworen habe. Das Unbeaufsichtigtlassen eines Feuers in einem Stockwerk, das von alten und teilweise dementen Personen bewohnt werde, stelle eine schwerwiegende Pflichtverletzung einer Pflegekraft mit Leitungsaufgaben dar. Die Klägerin habe sich mit ihrem Verhalten als ungeeignet für eine Leitungskraft gezeigt.
29
Eine Abmahnung sei vorliegend ungeeignet gewesen, da sich eine solche Situation in gleicher Weise nicht wiederholen werde, aber aufgrund des Verhaltens der Klägerin während des Brandes und der nachfolgenden Äußerungen davon ausgegangen werden müsse, dass sie auch in vergleichbaren Situationen ihren Aufgaben als Leitungskraft nicht gerecht werden würde. Im Unterschied zu täglich wiederkehrenden Aufgaben ist das, was von einer Leitungskraft als beanstandungsfreie Pflichterfüllung in Notsituationen im Einzelfall zu verlangen sei, situationsabhängig.
30
Von einer Leitungskraft müsse gerade auch in Notsituationen verlangt werden, dass sie die Situation souverän beherrsche, insbesondere die Gefahrenlage sicher einschätze und die nötigen Anordnungen zur Sicherheit aller potenziell bedrohten Personen unter Berücksichtigung des Alters und des Gesundheitszustandes treffe. Auch müsse sich der Beklagte darauf verlassen können, dass gegenüber anwesenden unterstellten Mitarbeitern die jeweils notwendigen und richtigen Anordnungen zur Beherrschung der Situation getroffen würden. Im Interesse der Heimbewohner und anderen Mitarbeiter sei es daher geboten, die Klägerin von Leitungsaufgaben dauerhaft zu entbinden. Man habe sich für eine Änderungskündigung als milderes Mittel zu einer Beendigungskündigung entschieden, da sich ihr Fehlverhalten auf den Pflichtenkreis als Leitungskraft bezogen habe und nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Weiterbeschäftigung als Pflegekraft ohne Leitungsverantwortung möglich sei. Die Eingruppierung und die Vergütung der Klägerin hätten in der Änderungskündigung nicht genannt werden müssen, da sich diese aufgrund der geänderten Arbeitsbedingungen aus den geltenden AVR „tarifautomatisch“ ergäben.
31
Soweit die Klägerin später behauptet habe, sie habe den Vorfall für eine Brandschutzübung gehalten, sei völlig unerfindlich, wie sie darauf kommen könne, dass der Beklagte Übungen mit echten Brandherden durchführe. Dessen ungeachtet wäre aber auch im Falle einer Übung von einer Leitungskraft zu verlangen gewesen, dass sie sich wie bei einem echten Brand verhalte.
32
Mit dem Schreiben vom 26.03.2015 sei die Mitarbeitervertretung unterrichtet, um Zustimmung zur beabsichtigten Änderungskündigung gebeten und deren Rechte nach § 30 MAVO (Mitarbeitervertreterordnung) somit eingehalten worden. Nach Erhebungen der Einwendungen der Mitarbeitervertretung sei eine weitere Sitzung am 10.04.2015 abgehalten worden. Danach sei der Beklagte berechtigt gewesen, die Kündigung ohne Weiteres auszusprechen (§ 30 Abs. 2 Satz 3 und 4 MAVO).
33
Der Hinweis der Klägerin auf ihre angegriffene Gesundheit zum Zeitpunkt des Vorfalls sei unerheblich. Sie sei an diesem Tag im Dienst gewesen und daher als arbeitsfähig zu betrachten. Des Weiteren sei sie offensichtlich auch in der Lage gewesen, den Heimbewohner E. auf den Rücken zu nehmen und zwei Stockwerke nach unten in die Halle zu tragen.
34
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es – zusammengefasst – ausgeführt, es sei ein verhaltensbedingter Grund für eine Änderung gegeben. Eine Abmahnung als milderes Mittel sei hier entbehrlich gewesen. Die Änderungskündigung sei auch nicht wegen fehlerhafter Beteiligung der Mitarbeitervertretung unwirksam.
35
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die Sitzungsprotokolle sowie auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
36
Das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts vom 24.09.2015 ist der Klägerin am 21.10.2015 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 13.11.2015 eingelegte und am 24.11.2015 begründete Berufung der Klägerin.
37
Die Klägerin trägt nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 192 – 201 d. A.) vor, beim Beklagten bestehe kein verbindliches Brandschutzkonzept, sondern lediglich ein sog. Notfallplan. Die einzelnen Vorgehensweisen in diesem Notfallplan entsprächen einer logischen zeitlichen Abfolge. Er enthalte daher eine abzuarbeitende Checkliste. Die Klägerin habe sich entsprechend dieser Vorgaben verhalten. Sie Klägerin den Heimbewohner E. aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich weggebracht, da die Mitarbeiterin Wi. körperlich dazu nicht imstande und die weitere anwesende Auszubildende Frau G. völlig unerfahren gewesen sei. Eine derartige Verantwortung könne ihr nicht übertragen werden. Die Klägerin habe nicht veranlasst, dass noch andere sich auf dem Stockwerk befindliche Heimbewohner ebenfalls nach unten verbracht würden, da sie zum Zeitpunkt des Feueralarms keine Personen auf dem Flur gesehen habe. Außerdem habe sie gewusst, dass sich zu diesem Zeitpunkt keine weiteren, nicht bettlägerigen Personen auf dem Flur aufhielten, da zu diesem Zeitpunkt die Betreuung in einer Gymnastikgruppe erfolgt sei. Diese habe nicht im zweiten Stockwerk stattgefunden. Ihr sei nicht erkennbar gewesen, dass sie den Brandherd nicht ohne Beobachtung und die teilweisen dementen und/oder gebrechlichen Heimbewohner nicht sich selbst hätte überlassen dürfen. Nach dem Verbringen des Heimbewohners E. habe sie sich sofort wieder in das zweite Stockwerk begeben, um sich auch um die anderen Heimbewohner zu kümmern. Sie habe die Situation in dem Bruchteil von Sekunden so eingeschätzt, dass das Feuer keine Nahrung habe. Zudem habe sie sich mehrfach, zuletzt am 16.07.2015, bei dem Personalleiter Herrn B. entschuldigt.
38
Im Hinblick auf die Interessenabwägung trägt die Klägerin vor, sie sei alleinerziehend und gegenüber einem Kind unterhaltspflichtig. Die Betriebszugehörigkeit von fünf Jahren sei nicht ausreichend berücksichtigt. Zudem sei sie am 23.03.2015 gesundheitlich sehr beeinträchtigt gewesen, wie sich aus der Dokumentation der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ergebe. Zudem sei die Änderung der Arbeitsbedingungen mit einer Gehaltseinbuße von 30% verbunden.
39
In rechtlicher Hinsicht trägt die Klägerin vor, dass weder eine Pflichtverletzung ihrerseits vorliege noch eine einschlägige Abmahnung als milderes Mittel entbehrlich gewesen sei und zudem die Interessenabwägung fehlerhaft sei.
40
Die Klägerin beantragt,

1.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Regensburg, Az. 8 Ca 997/15, verkündet am 24.09.2015 und zugestellt am 21.10.2015, wird abgeändert.
2.
Es wird festgestellt, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 21.04.2015 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam sind.

41
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
42
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 16.12.2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 210 -216 d. A.), als rechtlich zutreffend. Es sei durchaus davon auszugehen, dass auf dem Stockwerk, auf dem die LED-Kerze in Brand geriet, noch eine Reihe von Bewohnern gelegen hätten. Auch sei zumindest von einer Flammenhöhe von 30 – 40 cm auszugehen. Wäre die Flamme relativ klein gewesen, dann wäre aufgrund der Steinplatte, auf der sich die Kerze befand, schnell erkennbar gewesen, dass praktisch keine Gefahr bestehe. Dann hätte die Klägerin in Vollziehung des Notfallplans als anwesende Vorgesetzte nicht an die vorrangige Erforderlichkeit denken dürfen, Personen in Sicherheit zu bringen. Sie hätte den Löschversuch mit dem Feuerlöscher selbst unternehmen können. Hätte sie die Flamme für bedrohlicher eingeschätzt, dann hätte sie dafür Sorge tragen müssen, alle betroffenen Personen in Sicherheit zu bringen. Sie habe eine hinsichtlich der Brandentwicklung und auch der Betroffenheit anderer Bewohner völlig unklare Situation unbeaufsichtigt gelassen und nicht einmal den Versuch unternommen, eine der beiden Mitarbeiterinnen aufzufordern, sich auf dem Stockwerk nach anderen gefährdeten Bewohnern auch nur umzusehen.
43
In rechtlicher Hinsicht verteidigt der Beklagte die Auffassung des Arbeitsgerichts, es liege eine schwerwiegende Pflichtverletzung der Klägerin vor. Eine Abmahnung sei angesichts ihrer Vorgesetztenfunktion entbehrlich gewesen. Im Übrigen sei fraglich, ob eine Abmahnung überhaupt als ein geeignetes Mittel angesehen werden könne, um für die Zukunft wenigstens mit gewisser Sicherheit ein vergleichbares Verhalten zu verhindern. Auch ihr Verhalten nach dem Vorfall lasse keine positive Prognose zu.
44
Im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 13.04.2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
45
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
A.
46
Die Berufung ist zulässig.
47
Die Berufung ist statthaft gem. § 64 Abs. 1 und 2 lit. c) ArbGG. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO.
B.
48
Die Berufung ist begründet.
49
Das Arbeitsgericht Regensburg hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Änderungskündigung des Beklagten vom 21.04.2015 ist rechtsunwirksam.
50
I. Die Klage ist zulässig.
51
Das Feststellungsinteresse für den punktuellen Änderungsschutzantrag ergibt sich aus der Regelung des § 4 Satz 2 KSchG (vgl. BAG 14.01.2015 – 7 AZR 2/14NZA 2016, 39, 41 Rn. 18 zur Drei-Wochen-Frist des § 17 Satz 1 TzBfG).
52
II. Die Klage ist begründet.
53
Die Änderungsschutzklage (§ 4 Satz 2 KSchG) ist begründet. Das mit der Kündigung des Beklagten vom 21.04.2015 verbundene Änderungsangebot war hinreichend bestimmt. Die Änderung der Arbeitsbedingungen aufgrund der Änderungskündigung ist jedoch sozial ungerechtfertigt und daher rechtsunwirksam, § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 KSchG.
54
1. Die Änderungskündigung ist ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zu der auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Kündigungserklärung tritt als zweites Element das Angebot zu seiner Fortsetzung unter geänderten vertraglichen Bedingungen hinzu. Es muss sich um ein bestimmtes, zumindest bestimmbares und somit den Voraussetzungen des § 145 BGB entsprechendes Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen handeln (BAG 17.02.2016 – 2 AZR 613/14 – Rn. 18 zitiert nach Juris). Auch wenn die Änderungskündigung im Ergebnis lediglich auf eine Änderung der Vertragsbedingungen zielt, handelt es sich bei ihr doch – wegen der mit ihr verbundenen Kündigungserklärung – um eine „echte“ Kündigung. Diese unterliegt allen formalen Anforderungen, die an die Wirksamkeit einer Kündigung zu stellen sind. Die jeweiligen Vorgaben muss der Arbeitgeber vor Zugang der Kündigungserklärung und unabhängig von einer Ablehnung oder (Vorbehalts-)Annahme des Änderungsangebots beachten. Werden die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Kündigung missachtet, ist dies auch bei Annahme des Änderungsangebots rechtlich von Bedeutung, wenn die Annahme unter Vorbehalt erfolgt. Auch der Arbeitnehmer, der das Angebot auf Änderung seiner Arbeitsbedingungen gem. § 2 Satz 1 KSchG unter Vorbehalt angenommen hat, kann sich im Änderungsschutzprozess darauf berufen, die Änderung der Vertragsbedingungen sei schon aus einem anderen Grund als dem ihrer Sozialwidrigkeit unwirksam (BAG 20.02.2014 – 2 AZR 346/12BAGE 147, 237, 246 f. Rn. 38).
55
Wenn bei Ablehnung des Änderungsangebots die Kündigung aus „anderen Gründen“ unwirksam wäre und das Arbeitsverhältnis schon deshalb unverändert fortbestünde, soll diese Rechtsfolge vielmehr auch dann eintreten, wenn der Arbeitnehmer die ihm mit Hilfe einer Kündigung „aufgezwungenen“ Änderungen der Arbeitsbedingungen vorläufig akzeptiert. In diesem Sinn muss ein Arbeitgeber, gedacht als sorgfältiger Erklärungsempfänger, den Vorbehalt in der Regel verstehen (§§ 133, 157 BGB). Ein Verzicht darauf, „andere Gründe“ i. S.v. § 4 Satz 2 Alt. 2 KSchG geltend zu machen, müsste ausdrücklich oder doch nach den Umständen eindeutig erklärt sein (vgl. BAG 28.05.1998 – 2 AZR 615/97 -BAGE 89, 48, 52 f. zu II 3 b) der Gründe). Nur wenn sich aus einer entsprechenden Beschränkung des Vorbehalts oder dem Vorbringen des Arbeitnehmers im Prozess ergibt, dass die Wirksamkeit der Kündigungserklärung als solche nicht in Frage gestellt werden soll, ist Streitgegenstand gem. § 4 Satz 2 Alt. 1 KSchG allein der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Arbeitsbedingungen (BAG 22.05.2015 – 2 AZR 124/14NZA 2016, 225, 228 Rn. 30).
56
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Änderungskündigung nicht unwirksam gem. § 30 Abs. 5 MAVO. Insofern folgt die Kammer den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Ãœbrigen hat die Klägerin ausweislich des Sitzungsprotokolls auf Nachfrage des Gerichts diesen Unwirksamkeitsgrund zuletzt nicht mehr gerügt. Die Regelung des § 6 KSchG besagt, dass der Arbeitnehmer über die Einführung der Unwirksamkeitsgründe frei entscheiden und den Prozessstoff insoweit von vornherein begrenzen kann (BAG 24.05.2012 – 2 AZR 206/11NZA 2013, 137, 142 Rn. 50). Den Parteien bleibt es somit auch unbenommen, einen Unwirksamkeitsgrund nicht mehr weiterzuverfolgen und fallen zu lassen.
57
3. Die Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial nicht gerechtfertigt (§ 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).
58
a) Das Schreiben des Beklagten vom 21.04.2015 enthält eine Änderungskündigung. Das im Zusammenhang mit der Kündigungserklärung unterbreitete Angebot i. S. d. § 145 BGB ist insbesondere hinreichend bestimmt (vgl. hierzu BAG 17.02.2016 – 2 AZR 613/14 – Rn. 18 aaO).
59
b) Die Klägerin hat das Angebot fristgerecht unter Vorbehalt angenommen. Der Vorbehalt ist nicht erloschen.
60
aa) Gemäß § 2 Satz 2 KSchG muss der Arbeitnehmer den Vorbehalt innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären. Im Falle einer nicht fristgerechten Änderungsschutzklage erlischt dieser gem. § 7 Hs. 2 KSchG.
61
bb) Die Klägerin hat den Vorbehalt rechtzeitig erklärt; er ist nicht erloschen.
62
(1) Mit Schreiben an den Beklagten vom 24.04.2015 nahm die Klägerin das Änderungsangebot und damit innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung am 21.04.2015 fristgerecht an.
63
(2) Der erklärte Vorbehalt der Annahmeerklärung ist nicht nach § 7 Hs. 2 KSchG erloschen, da die Klägerin rechtzeitig innerhalb der drei Wochen Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben hat. Die Kündigung ist zugegangen am 21.04.2015. Der Fristlauf begann als Ereignisfrist gem. § 187 Abs. 1 BGB am 22.04.2015 und endete am 12.05.2015 (Dienstag) gem. § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB. Die Klage ging per Telefax am 24.04.2015 beim Arbeitsgericht ein, wurde dem Beklagten am 28.04.2015 zugestellt und ist somit rechtzeitig erhoben (§ 253 Abs. 1 ZPO).
64
c) Das Kündigungsschutzgesetz findet im vorliegenden Fall unstreitig Anwendung gem. § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG.
65
d) Die Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial ungerechtfertigt gem. § 2 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.
66
aa) Eine Änderungskündigung ist dann sozial gerechtfertigt, wenn der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen personenbedingte, verhaltensbedingte oder dringende betriebliche Gründe i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG entgegenstehen und die angebotenen geänderten Bedingungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen (vgl. KR-Kreft 11. Aufl. § 2 KSchG Rn. 171 m. w. N.).
67
Auch bei einer ordentlichen Änderungskündigung bedarf es regelmäßig einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die angebotenen Vertragsänderungen dürfen sich dabei nicht weiter von deren Inhalt entfernen, als es zur Erreichung des angestrebten Zwecks erforderlich ist {KR-Kreft 11. Aufl. § 2 KSchG Rn. 171; LAG Nürnberg 06.08.2012 – 2 Sa 643/11NZA-RR 2012, 631, 633). Ebenso wie bei einer Beendigungskündigung bedarf es auch bei einer verhaltensbedingten Änderungskündigung grundsätzlich einer Abmahnung (KR-Kreft § 2 KSchG Rn. 171a m. w. N.; ErfK/Oefker 16. Aufl. § 2 KSchG Rn. 46; NK-GA/Nübold § 2 KSchG Rn. 85; APSIKünzl 4. Aufl. § 2 KSchG Rn. 244; BAG 21.11.1985 – 2 AZR 21/85NZA 1986, 713; 18.11.1986 – 7 AZR 674/84NZA 1987, 418; LAG Nürnberg 06.08.2012 – 2 Sa 643/11NZA-RR 2012, 631, 633 Rn. 58; LAG Hessen 15.11.1999 – 11 Sa 2570/98 -Rn. 57zitiert nach Juris; LAG Hamm 10.05.1983- 11 Sa 1462/82-ZIP 1983, 985). Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (vgl. BAG 20.11.2014 – 2 AZR 651/13NZA 2015, 294, 296 Rn. 22). Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG 20.11.2014 – 2 AZR 651/13 – aaO; 25.10.2012-2 AZR 495/11NZA 2013, 319, 320 Rn. 16).
68
Dies gilt grundsätzlich auch bei Störungen im Vertrauensbereich (BAG 19.04.2012 -2 AZR 186/11NZA 2013, 27, 29 Rn. 22; grundlegend 04.06.1997 – 2 AZR 526/96 -BAGE 86, 95, 102 zu II 1 d) der Gründe unterteilweise Aufgabe der bisherigen Rspr. u. a. 04.04.1974 – 2 AZR 452/73BAGE 26, 116, 129: grundsätzliche Entbehrlichkeit der Abmahnung). Auch bei einem solchen Fehlverhalten bedarf es dann einer vorherigen erfolglosen Abmahnung, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber zumindest nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen (BAG 18.11.1986-7 AZR 674/84 – NZA 1987, 418zu II 5 der Gründe).
69
bb) Ein verhaltensbedingter Grund für die Änderung der Arbeitsbedingungen (§ 2 Satz 1 KSchG i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 KSchG) liegt zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung (APSIKünzl § 2 KSchG Rn. 125) nicht vor. Die Änderungskündigung erweist sich im vorliegenden Fall bei der gebotenen umfassenden einzelfallbezogenen Interessenabwägung als unverhältnismäßig.
70
Das Arbeitsgericht hat in seiner Entscheidung zwar sehr sorgfältig und richtig die Grundsätze dargestellt. Die Kammer ist jedoch bei der Subsumtion des Sachverhalts im Rahmen der konkreten einzelfallbezogenen Interessenabwägung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie aufgrund der gesamten Umstände des Streitfalls i. S. v. § 286 Abs. 1 ZPO zu dem Ergebnis gekommen, dass – den Vortrag des Beklagten zur behaupteten Pflichtverletzung unterstellt – eine Abmahnung als Reaktion ausgereicht hätte (vgl. BAG 20.11.2014 – 2 AZR 651/13 – NZA 2015, 295, 296 Rn. 30). Sie wäre als milderes Mittel nicht nur erforderlich, sondern auch geeignet gewesen (vgl. AR/Fischer-meierl. Aufl. § 626 BGB Rn. 170/171).
71
Die Klägerin ist bisher nicht abgemahnt worden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Eine negative Prognose ohne einschlägige Abmahnung lässt sich nicht bejahen. Dem Beklagten ist es daher zuzumuten, die Klägerin auf ihrer bisherigen fachlichen Position als Pflegedienstleiterin weiterzubeschäftigen.
72
(1) Eine Abmahnung war nicht deshalb verzichtbar, weil bereits ex ante erkennbar gewesen wäre, dass eine Verhaltensänderung auch nach der Abmahnung in Zukunft nicht zu erwarten war. Die negative Prognose ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer bereits ausdrücklich erklärt oder unmissverständlich konkludent zum Ausdruck gebracht hat, sein Fehlverhalten nicht ändern zu wollen oder wenn er die Vertragsverletzung hartnäckig und uneinsichtig begangen hat (AR/Fischermeier § 626 BGB Rn. 170).
73
Es handelt sich um den ersten Vorfall nach langjähriger, beanstandungsfreier Beschäftigung. Die Klägerin hat nicht ex ante zum Ausdruck gebracht, zukünftig nicht willens zu sein, eine genaue Reihenfolge bei der Beachtung der Abläufe in zeitlicher Hinsicht zu beachten. Sie gab keinen Anhaltspunkt für ein hartnäckiges, unbelehrbares Verhalten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine ordnungsgemäße Abmahnung Erfolg gehabt hätte. Zwingende Anhaltspunkte für das Gegenteil sind jedenfalls nicht ersichtlich (BAG 21.11.1985 – 2 AZR 21/85 – Rn. 25 zitiert nach Juris).
74
Auch das Verhalten nach dem Vorfall und vor Ausspruch der Kündigung lässt keine andere Bewertung zu. Die Klägerin fertigte am 09.04.2015 ein Erinnerungsprotokoll an. In diesem schilderte sie nüchtern ihre, d. h. subjektive Sicht der Dinge und verstieg sich nicht in Vorwürfen gegenüber dem Beklagten. Sie versuchte ihr Verhalten zu erklären. In dem Schreiben bringt sie zudem zum Ausdruck, dass sie den Brand irrig für eine Brandschutzübung hielt. Die Klägerin trug unwidersprochen (§ 138 Abs. 3 ZPO) vor, sich mehrfach beim Personalleiter Herrn B. für die Fehleinschätzung entschuldigt zu haben. Dies wertet die Kammer indes nicht als entlastend. Die Klägerin trug nicht substanziiert vor, wann die Entschuldigungen außer am 16.07.2015 (Zeitpunkt nach Ausspruch der Kündigung) konkret stattgefunden haben. Zudem wirkt sich „Nachtatverhalten“ vor Zugang der Kündigung nur schwach entlastend aus (BAG 20.11.2014 – 2 AZR 651/13NZA 2015, 294, 297 Rn. 31; 09.06.2011 – 2 AZR 323/10NZA 2011, 1342, 1345 Rn. 39).
75
Eine Abmahnung wäre auch nicht ungeeignet gewesen. Das vorhandene Notfallkonzept verdeutlicht nicht, ob darin eine strikt abzuarbeitende zeitliche Reihenfolge zu sehen ist. So ist beim Punkt 1.13 unter „Feuer“ erst in der sechsten Zeile von eventuellen Löschversuchen die Rede, in der vierten Zeile steht jedoch bereits die Vorgabe, Personen in Sicherheit zu bringen. Vor dem Hintergrund der Abmahnung hätte der Klägerin der nach Ansicht des Beklagten richtige Weg für die Zukunft aufgezeigt werden können. Ihr wäre damit auch die Möglichkeit eingeräumt worden, diese Fragen mit ihren Vorgesetzten konkret durchzusprechen, diese ggf. schriftlich abzufassen und damit für die Zukunft gewappnet zu sein. Eine Abmahnung wäre für eine Sensibilisierung und Schärfung des Gefahrbewusstseins im Zusammenhang mit diesem Thema geeignet gewesen. Optimierungspotential im Sinne einer klaren und verbindlichen Regelung unter Fixierung der zeitlichen Abläufe bestand auch auf Seiten des Beklagten. So ist bspw. beim Punkt „Bewohner nicht auffindbar“ im Notfallplan anders als beim Punkt „Feuer“ eine klare Nummerierung mit den Ziffern 1.-6. vorgegeben.
76
(2) Eine Abmahnung war auch nicht deshalb ausnahmsweise entbehrlich, weil es sich um eine solch schwere Pflichtverletzung handelte, dass dem Beklagten nach objektiven Maßstäben selbst deren erstmalige Hinnahme unzumutbar war.
77
Die Kammer teilt bei der gebotenen Abwägung nicht die Auffassung des Erstgerichts, dass es sich angesichts des konkreten Sachverhalts bei den im Raum stehenden Vorwürfen, nämlich insbesondere das Feuer unbeaufsichtigt und andere bettlägerige Mitbewohner im Stockwerk zurückgelassen zu haben, um eine schwere, eine Abmahnung entbehrlich machende Pflichtverletzung handelte.
78
Die Klägerin nimmt unstreitig eine Vorgesetztenstellung ein. Der Beklagte muss ihr daher unbedingtes Vertrauen entgegenbringen können. Er muss sich auf sie verlassen können und kann ein souveränes und umsichtiges Verhalten in dieser Funktion berechtigterweise voraussetzen. Die Klägerin zeigte bei dem Vorfall jedoch keinerlei Schädigungsabsicht und handelte ohne Vorsatz. Sie entfernte sich nicht alleine von der Gefahrenstelle. Sie packte vielmehr sofort an, indem sie den Bewohner E. auf dem Rücken in das Erdgeschoss trug. Selbst zu Gunsten des Beklagten unterstellt, die Flammenhöhe wäre zeitweise 30 – 40 cm hoch gewesen – wie seitens des Beklagten vorgetragen -, dann wäre das Vorgehen der Klägerin noch verständlicher gewesen, um den Mitbewohner aus der Gefahrenzone zu transportieren. Dieser war aufgrund seiner Demenzkrankheit besonders auf ihre Hilfe angewiesen. Die Tatsache der Flammenhöhe (Beweisangebot Frau Hö.) ist daher nicht beweisbedürftig. Dasselbe gilt für die Frage, ob sich noch andere Bewohner zum Zeitpunkt des Brandes im 2. Obergeschoss aufgehalten hatten (Beweisangebot Frau Hö.). Die Klägerin musste rasch Entscheidungen treffen und sich für eine erste Maßnahme entscheiden. Zu Gunsten des Beklagten unterstellt, es hätten sich noch andere, auch bettlägerige Mitbewohner auf ihren Zimmern befunden, so hätte selbst eine falsche Prioritätensetzung der Klägerin nach Ansicht der Berufungskammer nicht den Schweregrad, um eine Abmahnung entbehrlich zu machen. Es war für sie nicht erkennbar ausgeschlossen, dass er es nicht zumindest gebilligt hätte, dass sie den Bewohner E. zunächst in Sicherheit bringt. Zu berücksichtigen ist bei der Abwägung der Positionen der Parteien auch, dass die Klägerin, nachdem sie Herrn E. in Sicherheit gebracht hatte, in den zweiten Stock zurückkehrte, an dem sich der Brandherd befand. Sie verhielt sich somit nicht egoistisch, sondern durchaus verantwortungsvoll, mag sie auch nach Auffassung des Beklagten die Prioritäten falsch gesetzt und die Situation falsch eingeschätzt haben.
79
Der Notfallplan des Beklagten stellt keinen verbindlichen Rahmen dar. Im Ãœbrigen ist dort auch nur von eventuellen Löschversuchen die Rede. Nach seinem unwidersprochenen Vortrag (§ 138 Abs. 3 ZPO) gibt es bei ihm kein festes Brandkonzept. Auch wurde in letzter Zeit nach seinem unwidersprochenen Vortrag keine Brandschutzübung durchgeführt. Ein – unterstelltes – vertragswidriges Verhalten der Klägerin erscheint unter diesen Umständen in einem deutlich milderen Licht (vgl. BAG 25.10.2012 – 2 AZR 495/11NZA 2013, 319, 321 Rn. 33 betr. Handynutzung eines Arztes im Operationssaal zu privaten Zwecken).
80
Auch die Erklärungsversuche der Klägerin, wonach es sich ihrer Ansicht nach nur um eine Brandschutzübung gehandelt habe, führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Selbst wenn man darin – so die Auffassung des Beklagten – ein taktisches Verhalten sähe, handelte die Klägerin im Brandfall umgehend und übernahm Verantwortung gegenüber einem Mitbewohner. Die Kammer sieht daher im konkreten Fall keine irreparable Zerstörung des Vertrauens (vgl. BAG 19.04.2012 – 2 AZR 156/11NZA 2012, 1274, 1276 Rn. 19) in ihre geschuldete Funktion als Pflegedienstleiterin. In der Anhörung der Mitarbeitervertretung spricht der Beklagte auch nur davon, dass das Vertrauensverhältnis „nachhaltig gestört“ sei. Die behauptete Nachhaltigkeit kann die Kammer nicht nachvollziehen, da bis zum Ausspruch der Änderungskündigung aufgrund dieses Vorfalls Störungen im Vertrauensbereich (vgl. zum eingeschränkten Wert der Abgrenzung nach Störbereichen BAG 04.06.1997 – 2 AZR 526/96BAGE 86, 95) nicht aufgezeigt worden sind (vgl. auch zum Aspekt der Nachhaltigkeit im Falle einer beharrlichen Arbeitsverweigerung BAG 05.04.2001 – 2 AZR 580/99 – Rn. 23 zitiert nach Juris). Unter den gegebenen Umständen musste die Klägerin nicht davon ausgehen, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Arbeitsbedingungen gefährdet wäre, wenn sie zunächst einen demenzkranken Mitbewohner in das Erdgeschoss transportiert.
81
(3) Auch die abschließende Interessenabwägung (vgl. BAG 20.11.2014 – 2 AZR 651/13NZA 2015, 294, 297 Rn. 32) führt zu einem überwiegenden Interesse der Klägerin am Fortbestand ihres bisherigen Arbeitsplatzes.
82
Für das Interesse des Beklagten an der Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen spricht, dass es sich bei der Funktion einer Pflegedienstleitung um eine verantwortungsvolle Aufgabe handelt. Für ihn ist ein ungestörtes Vertrauensverhältnis besonders wichtig (vgl. BAG 05.04.2001 – 2 AZR 159/00NZA 2001, 954, 957 B I 2 c) der Gründe zu einem leitenden Angestellten). Bei fehlerhaftem Handeln in einer Leitungsfunktion gerade in einem Brandfall können große Schäden für Leib und Leben der Bewohner eintreten (vgl. Schwarze/Eylert/Schrader/Scftwarze KSchG § 2 Rn. 30: insbesondere schuldhafte Fehlleistung mit Schadensfolge). Einer Arbeitnehmerin mit Vorgesetztenfunktion kommt stets eine gewisse Vorbildrolle zu. Mit fünf Jahren ist die Klägerin zudem nicht übermäßig lange beschäftigt.
83
Für die Klägerin spricht hingegen, dass sie alleinerziehend und Mutter eines nunmehr 18% Jahre alten Sohnes ist, der noch die Fachoberschule besucht. Durch die künftige Stelle würde sie eine erhebliche finanzielle Verschlechterung erfahren, die nicht allein durch die veränderte Position im Sinne einer „Vergütungsautomatik“ bedingt wäre. Nach dem Vortrag des Beklagten würde auch in die Besitzstandszulage in Höhe von 207,- € der Klägerin eingegriffen. Sie ist zudem im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung 57 Jahre alt gewesen und daher auch diesbezüglich schutzwürdig im Bestand ihres bisherigen Arbeitsplatzes. Ihr Verhalten war zudem allenfalls fahrlässig, sie wollte nicht bewusst gegen ihre Pflichten – einen Pflichtverstoß unterstellt – verstoßen. Zudem ist kein Schaden eingetreten.
84
Aus den genannten Gründen ist die ausgesprochene Änderungskündigung unverhältnismäßig und lässt das Interesse der Klägerin an dem Bestand ihrer bisherigen Arbeitsvertragsbedingungen gegenüber dem Änderungsinteresse des Beklagten überwiegen.
85
cc) Ein personenbedingter Änderungsgrund (§ 2 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 KSchG) scheidet ebenfalls aus.
86
(1) Im Arbeitsverhältnis stehen dem Arbeitgeber zur Reaktion auf Störungen des Austauschverhältnisses, soweit sie aus der Sphäre des Arbeitnehmers stammen, im Wesentlichen die Vorschriften über die personenbedingte Beendigungskündigung oder Änderungskündigung zu Gebote (vgl. Stahlhacke/Pre/’s 11. Aufl. 2015 Rn. 1218). Die Abgrenzung zwischen personen- und verhaltensbedingtem Kündigungsgrund kann bisweilen schwierig sein. Sie schließen sich im Prüfprogramm nicht von vornherein aus (vgl. BAG 20.06.2013 – 2 AZR 583/12NZA 2013, 1345 ff.; 20.12.2012 – 2 AZR 32/11NZA-RR 2013, 627; BAG 24.02.2011 – 2 AZR 636/09NZA 2011, 1087 ff.; Stahlhacke/Pre/s aaO Rn. 1218: bei Vertragspflichtverletzung verhaltensbedingter Grund als spezieller Kündigungsgrund). Eine personenbedingte Kündigung wegen Minderleistungen setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer gegen die subjektiv zu bestimmende Leistungspflicht verstößt. Es kommt darauf an, ob die Arbeitsleistung die berechtigte Gleichwertigkeitserwartung des Arbeitgebers in einem Maße unterschreitet, dass ihm ein Festhalten an dem (unveränderten) Arbeitsvertrag unzumutbar wird. Auch im Falle einer personenbedingten Kündigung scheidet aber das Abmahnungserfordernis nicht a priori aus (vgl. zum Abmahnungserfordernis BAG 15.08.1984 – 7 AZR 228/82BAGE 46, 163, 166 zu II 1 der Gründe; 04.06.1997 – 2 AZR 526/96BAGE 86, 95, 102 zu III 1 d) der Gründe; zur Krankheit vgl. auch LAG Hessen 18.03.2014 – 13 Sa 1207/13BB 2014, 2942; aA Stahlhacke/Pre/s aaO Rn. 1219).
87
(2) Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Beklagte hat seine Änderungskündigung auf das in seinen Augen pflichtwidrige Verhalten der Klägerin gestützt. Tatsachen zum Kündigungsgrund „an sich“, der ein nicht steuerbares Verhalten beinhaltet, sind nicht vorgetragen. Er hat nicht – jedenfalls nicht substanziiert -dargestellt, dass der Klägerin aufgrund ihres nach ihrer Ansicht inakzeptablen Vorgehens anlässlich des Brandes künftig die Eignung fehlen würde, ihre Aufgabe als Pflegedienstleitung auszuüben. Im Ãœbrigen wird bezüglich der einzelfallbezogenen Interessenabwägung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die obigen Ausführungen verwiesen.
C.
88
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2, 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
89
Die Kosten der Berufung hat der unterlegene Beklagte zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO). Im Streit stand nur die Änderungsschutzklage. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sind gegeneinander aufzuheben, §§ 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Die Klägerin hat gem. § 54 Abs. 2 Satz 1 ArbGG die Klage teilweise wirksam zurückgenommen. Der allgemeine Feststellungsantrag wurde dabei nicht streitwerterhöhend berücksichtigt (vgl. LAG Sachsen-Anhalt 04.02.2013 – 1 Ta 125/12 – Arbeitsrecht Aktuell 2013, 188; LAG Thüringen 03.06.1999 – 8 Ta 76/96 – zitiert nach Juris), die anderen drei Streitgegenstände wurden jeweils mit einem Bruttomonatsgehalt, insgesamt also mit drei Bruttomonatsgehältern angesetzt (§ 3 Hs. 1, § 5 Hs. 1 ZPO). Der Änderungsschutzantrag wurde mit drei Bruttomonatsgehältern angesetzt (§ 3 Hs. 1 ZPO, § 42 Abs. 2 Hs. 1 GKG entspr.). Somit tragen der Beklagte und die Klägerin die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils zur Hälfte (§ 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
D.
90
Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 ArbGG.
E.
91
Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen, § 72a Abs. 1 ArbGG.

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