Monatsarchiv 29. Januar 2025

VonRA Moegelin

Betriebsratswahl einer Airline am BER

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Die Betriebsratswahl bei einer ausländischen Fluggesellschaft am Stationierungsort BER ist zulässig. Der Stationierungsort der Airline am BER ist eine betriebsratsfähige Organisationseinheit.

Volltext der Pressemitteilung Nr. 06/25 vom 24.01.2025 des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Oktober 2024 – 11 TaBV 295/24:

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass es sich bei einem inländischen Stationierungsort einer Fluggesellschaft mit Sitz im europäischen Ausland um eine betriebsratsfähige Organisationseinheit handelt, in der ein Betriebsrat nach den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes gewählt werden kann.

Die antragstellende Fluggesellschaft hat ihren Sitz in Malta und ihre Konzernzentrale in Irland. Sie führt unter maltesischer Fluglizenz Flüge von und zu Flughäfen in europäischen Staaten durch und unterhält unter anderem am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) einen Stationierungsort. Unter Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel lenkt die Fluggesellschaft sämtliche dem BER als Heimatbasis zugeordnete Cockpit- und Kabinenbeschäftigte in personellen und sozialen Angelegenheiten sowie disziplinarisch von Malta und Irland aus. Am BER sind ein Base Captain für die Beschäftigten im Cockpit und eine Base Supervisorin für die Kabinenbeschäftigten tätig, die neben ihren Tätigkeiten als Pilot bzw. Flugbegleiterin als lokale Ansprechpartner fungieren. Diese Funktion üben sie sowohl für Flugaufsichtsbehörden und Flughafenbetreiber als auch für die am BER Beschäftigten der Fluggesellschaft aus.

Am Stationierungsort BER existiert bisher weder ein Betriebsrat noch eine durch Tarifvertrag gebildete Personalvertretung. Eine einstweilige Verfügung der Fluggesellschaft auf vorläufige Untersagung der Wahl eines Wahlvorstands zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl war im Jahr 2023 vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gescheitert (PM Nr. 08/23 vom 18.04.2023). Im März 2023 und Februar 2024 wurde ein Wahlvorstand gewählt.

Die Fluggesellschaft hat die Feststellung beantragt, dass der Stationierungsort BER keine betriebsratsfähige Organisation im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes darstelle. Sie ist davon ausgegangen, dass wegen der europaweiten Leitung des Unternehmens einschließlich der Personalabteilung aus Malta und der europaweiten Einsatzplanung durch die Konzernzentrale in Irland in Deutschland und auch am BER keine Personen mit Leitungsbefugnissen in personellen und sozialen Angelegenheiten tätig seien. Deshalb fehle es am BER an einer betriebsratsfähigen Organisationseinheit mit einem Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit. Ein betriebsratsfähiger Betriebsteil scheitere auch daran, dass kein im Inland und damit im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes liegender Hauptbetrieb existiere. Außerdem sei die Wahl mehrerer Mitglieder und Ersatzmitglieder des Wahlvorstands unwirksam.

Die am Verfahren beteiligte Gewerkschaft und der Wahlvorstand gehen von einem betriebsratsfähigen Betriebsteil am BER aus, in dem bei zutreffender Auslegung des Betriebsverfassungsgesetzes ohne Erfordernis eines inländischen Hauptbetriebes ein Betriebsrat gewählt werden könne. Das erforderliche Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit werde durch die fachlich vorgesetzten Base Captain und Base Supervisorin gewährleistet, die Weisungen gegenüber den Beschäftigten in Cockpit und Kabine erteilten bzw. durch Informationen an die Zentrale vorbereiteten.

Das Arbeitsgericht Cottbus hatte die Anträge der Fluggesellschaft zurückgewiesen. Es ist von der Betriebsratsfähigkeit des Stationierungsorts BER und von der Wirksamkeit der Wahlen ausgegangen. Gegen diese Entscheidung hat die Fluggesellschaft Beschwerde eingelegt.

Das Landesarbeitsgericht hat entschieden, dass am Stationierungsort BER eine betriebsratsfähige Organisation bestehe, in der ein Betriebsrat gewählt werden könne. Der Stationierungsort BER sei als Betriebsteil im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes zu beurteilen, der räumlich weit von dem im Ausland gelegenen Hauptbetrieb entfernt sei. Mit den von Base Captain und Base Supervisorin ausgeübten Tätigkeiten werde ein Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit gewahrt, weil es in ihrem pflichtgemäßen Ermessen liege, Beschäftigte auf Verstöße hinzuweisen oder diesbezügliche Informationen an Konzernzentrale oder Personalabteilung weiterzuleiten. Durch Hinweise an die Beschäftigten, etwa zur Pflicht zum pünktlichen Erscheinen oder zur Einhaltung der Kleidungsvorschriften, erteilten sie faktisch Weisungen mit dem Ziel, ein Fehlverhalten von Beschäftigten abzustellen. Damit liege ein qualifizierter Betriebsteil im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes vor, in dem ein Betriebsrat gewählt werden könne. Ein im Inland gelegener Hauptbetrieb sei insoweit nicht zwingend erforderlich. Jedenfalls sei die Regelung zur Betriebsratsfähigkeit von Betriebsteilen bei Fluggesellschaften mit Sitz und Hauptbetrieb im Ausland entsprechend anzuwenden. Dies sei Folge der gesetzgeberischen Entscheidung aus dem Jahr 2018, dass bei Fluggesellschaften Betriebsräte gewählt werden könnten, sofern kein Tarifvertrag zur Bildung von Personalvertretungen zustande komme.
Hinsichtlich der Angriffe der Fluggesellschaft gegen die Wirksamkeit der Wahl mehrerer Mitglieder und Ersatzmitglieder des Wahlvorstands hat das Landesarbeitsgericht der Beschwerde stattgegeben. Bei der Wahl im März 2023 sei bei einzelnen Gewählten die erforderliche Mehrheit der Stimmen nicht erzielt worden. Die Wahl von Februar 2024 sei unwirksam, weil bereits der Wahlort in einer Entfernung von etwa 25 km vom BER in den Räumen der Gewerkschaft nicht zulässig gewählt worden sei und nicht auszuschließen sei, dass Wahlberechtigte aufgrund dieser Entfernung von einer Wahlteilnahme abgesehen hätten. Beide Wahlen seien zwar nicht nichtig, aber anfechtbar und damit unwirksam.
Das Landesarbeitsgericht hat für die Fluggesellschaft und für den Wahlvorstand die Revision zum Bundesarbeitsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der maßgeblichen Rechtsfragen zugelassen.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Oktober 2024, 11 TaBV 295/24

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VonRA Moegelin

Änderung der Route einer Arktiskreuzfahrt

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Die Änderung der Route auf einer Arktiskreuzfahrt durch die Nordwestpassage stellt keinen wesentlichen Mangel der gebuchten Reise dar, wenn im Reisevertrag Routenänderungen vorbehalten waren. Im hier einschlägigen Fall wurde daher die Klage des Passagiers auf Minderung des Reisepreises abgewiesen.

Volltext der Pressemitteilung Nr. 5 des Landgerichts München II – 12 O 64/24 vom 12.11.2024:

Das Landgericht München II, Az. 12 O 64/24, hat im Fall mehrerer Reisender gegen einen Reiseveranstalter entschieden: Eine Routenänderung auf der gebuchten Arktiskreuzfahrt durch die Nordwestpassage stellt keinen wesentlichen Mangel dar, weil im Reisevertrag Änderungen vorbehalten waren. Die Klage der Reisenden auf eine Preisminderung wurde daher abgewiesen.

Anders entschied das Gericht beim geforderten Treibstoffkostenzuschlag. Da der Veranstalter keine ausreichende Begründung für die Preiserhöhung nach Vertragsabschluss lieferte, müssen die Reisenden den Zuschlag von 850 Euro nicht zahlen und haben einen Anspruch auf Rückerstattung.

Die drei Kläger und der Klägervertreter hatten zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr 2022 jeweils eine dreiwöchige Arktiskreuzfahrt gebucht. Im Reiseprospekt war unterhalb der Karte mit dem Reiseverlauf abgedruckt: „Beispiel-Route, Änderungen vorbehalten!“ Im Januar 2023 teilte der Veranstalter eine Preiserhöhung von 48 $ pro Person und Tag mit. Das Kreuzfahrtschiff fuhr – abweichend vom geplanten Routenverlauf – nicht an der westlichen, sondern an der östlichen Seite der Insel Bylot in den Lancaster Sound ein. Mit ihrer Klage begehrten die Reisenden eine Preisminderung und wollten den erhöhten Treibstoffkostenzuschlag nicht zahlen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Anwendbare Vorschriften:

§ 651i Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch

„Die Pauschalreise ist frei von Reisemängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Pauschalreise frei von Reisemängeln,
1. wenn sie sich für den nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen eignet, ansonsten
2. wenn sie sich für den gewöhnlichen Nutzen eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Pauschalreisen der gleichen Art üblich ist und die der Reisende nach der Art der Pauschalreise erwarten kann. […]“

§ 651m Bürgerliches Gesetzbuch
„(1) Für die Dauer des Reisemangels mindert sich der Reisepreis. Bei der Minderung ist der Reisepreis in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Pauschalreise in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.
(2) Hat der Reisende mehr als den geminderten Reisepreis gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Reiseveranstalter zu erstatten. […]“

§ 651f Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch
„Der Reiseveranstalter kann den Reisepreis einseitig nur erhöhen, wenn
1. […]
2. die Erhöhung des Reisepreises sich unmittelbar ergibt aus einer nach Vertragsschluss erfolgten
a) Erhöhung des Preises für die Beförderung von Personen aufgrund höherer Kosten für Treibstoff oder andere Energieträger,
[…]
Der Reiseveranstalter hat den Reisenden auf einem dauerhaften Datenträger klar und verständlich über die Preiserhöhung und deren Gründe zu unterrichten und hierbei die Berechnung der Preiserhöhung mitzuteilen. Eine Preiserhöhung ist nur wirksam, wenn sie diesen Anforderungen entspricht und die Unterrichtung des Reisenden nicht später als 20 Tage vor Reisebeginn erfolgt.“

Verfasserin der Pressemitteilung:
Dr. Andrea Kürten, Pressesprecherin

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Haftung des Betreibers einer Waschanlage

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Der Betreiber einer Auto-Waschanlage kann sich nicht durch einen Hinweis auf die mit dem Waschvorgang verbundenen Gefahren entlasten. Das in der Waschanlage angebrachte, mit „Allgemeine Geschäftsbedingungen Autowaschanlagen/Portalwaschanlagen“ überschriebene Schild reicht als Hinweis schon deshalb nicht aus, weil es ausdrücklich nur „nicht ordnungsgemäß befestigte Fahrzeugteile oder (…) nicht zur Serienausstattung des Fahrzeugs gehörende Fahrzeugteile (so wie der hier streitgegenständliche Heckspoiler der zur Serienausstattung gehört) erwähnt.

Volltext der Pressemitteilung Nr. 224/2024 des Bundesgerichtshofs – Urteil vom 21. November 2024 – BGH VII ZR 39/24:

Der unter anderem für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Haftung des Betreibers einer Autowaschanlage für einen Fahrzeugschaden entschieden.

Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs in einer von der Beklagten betriebenen Autowaschanlage, einer sogenannten Portalwaschanlage.
In der Waschanlage befindet sich ein Hinweisschild, das auszugsweise wie folgt lautet:
„Allgemeine Geschäftsbedingungen Autowaschanlagen/Portalwaschanlagen
Die Reinigung der Fahrzeuge in der Waschanlage erfolgt unter Zugrundelegung der nachfolgenden Bedingungen: (…).
Die Haftung des Anlagenbetreibers entfällt insbesondere dann, wenn ein Schaden durch nicht ordnungsgemäß befestigte Fahrzeugteile oder durch nicht zur Serienausstattung des Fahrzeugs gehörende Fahrzeugteile (z.B. Spoiler, Antenne, Zierleisten o.ä.) sowie dadurch verursachte Lackkratzer verursacht worden ist, außer den Waschanlagenbetreiber oder sein Personal trifft grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz.“
Unter diesem Hinweisschild befindet sich ein Zettel mit der Aufschrift:
„Achtung Keine Haftung für Anbauteile und Heckspoiler!“.
Der Kläger fuhr Ende Juli 2021 mit seinem Pkw der Marke Land Rover in die Waschanlage ein, stellte das Fahrzeug ordnungsgemäß ab, verließ die Waschhalle und startete den Waschvorgang. Während des Waschvorgangs wurde der zur serienmäßigen Fahrzeugausstattung gehörende, an der hinteren Dachkante angebrachte Heckspoiler abgerissen, wodurch das Fahrzeug beschädigt wurde. Deswegen verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von insgesamt 3.219,31 €, eine Nutzungsausfallentschädigung (119 €) für den Tag der Fahrzeugreparatur sowie die Freistellung von Rechtsanwaltskosten.
Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Die Revision des Klägers war erfolgreich. Sie führte zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Dem Kläger steht wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs gegen die Beklagte ein vertraglicher Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe zu. Der Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs umfasst als Nebenpflicht die Schutzpflicht des Waschanlagenbetreibers, das Fahrzeug des Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren. Geschuldet sind diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Anlagenbetreiber für notwendig und ausreichend halten darf, um andere vor Schäden zu bewahren. Hierbei trägt grundsätzlich der Gläubiger die Beweislast dafür, dass der Schuldner eine ihm obliegende Pflicht verletzt und diese Pflichtverletzung den Schaden verursacht hat. Abweichend davon hat sich allerdings der Schädiger nicht nur hinsichtlich seines Verschuldens zu entlasten, sondern muss er auch darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass ihn keine Pflichtverletzung trifft, wenn die für den Schaden in Betracht kommenden Ursachen allein in seinem Obhuts- und Gefahrenbereich liegen.
Ein solcher Fall ist hier gegeben. Die Ursache für die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs liegt allein im Obhuts- und Gefahrenbereich der Beklagten. Nach den außer Streit stehenden Feststellungen des Berufungsgerichts kam es zu der Beschädigung, weil die Waschanlage konstruktionsbedingt nicht für das serienmäßig mit einem Heckspoiler ausgestattete Fahrzeug des Klägers geeignet war. Das Risiko, dass eine Autowaschanlage für ein marktgängiges Fahrzeug wie dasjenige des Klägers mit einer serienmäßigen Ausstattung wie dem betroffenen Heckspoiler konstruktionsbedingt nicht geeignet ist, fällt in den Obhuts- und Gefahrenbereich des Anlagenbetreibers.
Daneben kommt keine aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Klägers stammende Ursache für den Schaden in Betracht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war das Fahrzeug des Klägers vor dem Einfahren in die Waschanlage unbeschädigt und der serienmäßige Heckspoiler ordnungsgemäß angebracht sowie fest mit dem Fahrzeug verbunden. Der Kläger, dem mit seinem marktgängigen, serienmäßig ausgestatteten und in ordnungsgemäßem Zustand befindlichen Fahrzeug von der Beklagten als Betreiberin die Nutzung der Waschanlage eröffnet wurde, konnte berechtigt darauf vertrauen, dass sein Fahrzeug so, wie es ist, also mitsamt den serienmäßig außen angebrachten Teilen, unbeschädigt aus dem Waschvorgang hervorgehen werde. Dieses Vertrauen war insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Risikobeherrschung gerechtfertigt, weil nur der Anlagenbetreiber Schadensprävention betreiben kann, wohingegen der Kunde regelmäßig sein Fahrzeug der Obhut des Betreibers überantwortet, ohne die weiteren Vorgänge selbst beeinflussen zu können. Anders als der Betreiber, der es in der Hand hat, bestimmte Fahrzeugmodelle, die er für schadensanfällig hält, von der Benutzung seiner Anlage auszuschließen und dadurch das Risiko einer Beschädigung zu verringern, ist es dem Kunden regelmäßig nicht möglich, solche Waschanlagen von vornherein zu identifizieren und zu meiden, die konstruktionsbedingt nicht geeignet sind, sein Fahrzeug ohne ein erhöhtes Schadensrisiko zu reinigen.
Die hiernach gegen sie streitende Vermutung der Pflichtverletzung hat die Beklagte nicht widerlegt und den ihr obliegenden Nachweis fehlenden Verschuldens nicht geführt. Ihr Vortrag, die Gefahr der Schädigung des serienmäßig angebrachten Heckspoilers sei ihr nicht bekannt gewesen, weil sich ein solcher Vorfall bislang in der Waschanlage nicht ereignet habe, sie habe diese Gefahr auch nicht kennen müssen und hierfür keine konkreten Anhaltspunkte gehabt, eine hypothetische Erkundigung hätte zudem an dem konkreten Schadensereignis nichts geändert, genügt zu ihrer Entlastung nicht. Es fehlt schon an der Darlegung, ob die Beklagte – die sich ausweislich der in der Waschanlage angebrachten Schilder der Gefahr einer Beschädigung insbesondere von Heckspoilern grundsätzlich bewusst war – sich darüber informiert hat, für welche Fahrzeuge ihre Anlage konstruktionsbedingt ungeeignet ist und daher ein erhöhtes Schadensrisiko besteht. Ebenso wenig ist dargetan, dass sie keine Informationen bekommen hätte, auf deren Grundlage die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs vermieden worden wäre.
Die Beklagte hat sich ferner nicht durch einen ausreichenden Hinweis auf die mit dem Waschvorgang verbundenen Gefahren entlastet. Das in der Waschanlage angebrachte, mit „Allgemeine Geschäftsbedingungen Autowaschanlagen/Portalwaschanlagen“ überschriebene Schild reicht als Hinweis schon deshalb nicht aus, weil es ausdrücklich nur „nicht ordnungsgemäß befestigte Fahrzeugteile oder (…) nicht zur Serienausstattung des Fahrzeugs gehörende Fahrzeugteile (z.B. Spoiler…)“ erwähnt. Nicht nur fällt der Heckspoiler des klägerischen Fahrzeugs nicht hierunter, weil er zur Serienausstattung gehört und ordnungsgemäß befestigt war, sondern die ausdrückliche Beschränkung auf nicht serienmäßige Fahrzeugteile ist sogar geeignet, bei dem Nutzer das Vertrauen zu begründen, mit einem serienmäßig ausgestatteten Pkw die Anlage gefahrlos benutzen zu können. Ebenso wenig stellt der darunter befindliche Zettel mit der Aufschrift „Keine Haftung für Anbauteile und Heckspoiler!“ einen ausreichenden Hinweis dar. Angesichts des darüber befindlichen Schildes mit der ausdrücklichen Beschränkung auf nicht zur Serienausstattung gehörende Teile wird für den Waschanlagennutzer schon nicht hinreichend klar, dass – gegebenenfalls – von diesem Hinweis auch die Nutzung der Waschanlage durch Fahrzeuge mit serienmäßigem Heckspoiler erfasst sein soll.

Vorinstanzen

AG Ibbenbüren – Urteil vom 20. Dezember 2022 – 3 C 268/21
LG Münster – Urteil vom 14. Februar 2024 – 1 S 4/23

Karlsruhe, den 21. November 2024

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