Schlagwort-Archiv TzBfG

VonRA Moegelin

Befristungskette an der Uni Leipzig

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nicubunu-Broken-Chain-300pxFür Arbeitnehmer die im wissenschaftlichen Bereich arbeiten (z.B. an einer Universität), gilt nicht das TzBfG, sondern das WissZeitVG. Im hier einschlägigen Fall hatte das BAG eine sogenannte Befristungskette auf arbeits- und beamtenrechtlicher Grundlage auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.

Die Klägerin war vom 1. September 1989 bis zum 31. Oktober 2011 durchgehend an der Universität Leipzig beschäftigt, zunächst bis Februar 1996 auf der Grundlage von vier befristeten Arbeitsverträgen, die auch dem Abschluss der Promotion und dem Erwerb der Habilitation dienten. Anschließend war die Klägerin in dem Zeitraum vom 1. März 1996 bis zum 24. April 2007 als wissenschaftliche Assistentin im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Zeit tätig. Danach schlossen sich für die Zeit vom 25. April 2007 bis zum 31. Oktober 2011 zwei auf den Sachgrund der Drittmittelfinanzierung gestützte befristete Arbeitsverträge an. Das Arbeitsgericht hat die Klage, mit der die Klägerin die Unwirksamkeit der zuletzt vereinbarten Befristung zum 31. Oktober 2011 geltend gemacht hatte, abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.

Die Revision des Beklagten hatte vor dem Siebten Senat des Bundearbeitsgerichts Erfolg. Die Befristung eines Arbeitsvertrags kann trotz Vorliegens eines Sachgrunds für die Befristung aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam sein. Dies gilt auch für Befristungen im Hochschulbereich, die auf den Sachgrund der Drittmittelfinanzierung nach § 2 Abs. 2 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) gestützt werden. Für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs können insbesondere eine sehr lange Gesamtdauer des Beschäftigungsverhältnisses und/oder eine außergewöhnlich hohe Anzahl von aufeinander folgenden befristeten Arbeitsverträgen mit demselben Arbeitgeber sprechen. Gegen eine missbräuchliche Ausnutzung der Befristungsmöglichkeit nach § 2 Abs. 2 WissZeitVG sprechen hingegen Beschäftigungszeiten im Hochschulbereich, die der wissenschaftlichen Qualifikation des Mitarbeiters dienen, unabhängig davon, ob diesen Arbeits- oder Beamtenverhältnisse auf Zeit zugrunde liegen.

Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts war die letzte Befristung nicht rechtsmissbräuchlich, da ein erheblicher Zeitraum der befristeten Beschäftigung der wissenschaftlichen Qualifizierung der Klägerin diente.

Der Senat konnte den Rechtsstreit allerdings nicht abschließend entscheiden, da aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden kann, ob die Befristung durch den Sachgrund der Drittmittelfinanzierung oder durch einen anderen Sachgrund gerechtfertigt ist. Die Sache wurde deshalb zur weiteren Sachaufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. Juni 2016 – 7 AZR 259/14; Pressemitteilung Nr. 29/16)

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VonRA Moegelin

Der befristete Arbeitsvertrag von Mainz 05 mit seinem Torwart

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Anonymous-Flaming-soccer-ballDie Bild-Zeitung bezeichnet es als „rechtlichen Sprengstoff“. Es geht um die Klage des Torwarts Heinz Müller vom Fußball-Club FSV Mainz 05 auf Entfristung seines Arbeitsverhältnisses. Das Gerichtsurteil  folgt konsequent der Maßgabe des TzBfG. Ein (befristeter) Arbeitsvertrag zwischen einem Fußballspieler und einem Verein ist im Grundsatz nicht anders zu bewerten als jeder andere Arbeitsvertrag (ArbG Mainz, Urteil vom 19. März 2015 – 3 Ca 1197/14).

Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Spitzensportler erachtet das ArbG Mainz gemäß § 14 TzBfG zutreffend als zulässig. Die Eigenart der Arbeitsleistung als Profifußballspieler  für sich betrachtet stellt keinen Sachgrund dar und kann danach nicht die Befristung des Vertrages rechtfertigen.

Der Kläger, Torwart Heinz Müller, war bei dem beklagten Bundesligaverein zunächst aufgrund eines auf 3 Jahre befristeten Vertrags als Lizenzfußballspieler beschäftigt. Unmittelbar anschließend schlossen die Parteien im Sommer 2012 erneut einen auf 2 Jahre befristeten Vertrag. Der beklagte Verein macht geltend, mit dem zu diesem Zeitpunkt bereits 34-jährigen Spieler habe er aufgrund der Ungewissheit der Leistungserwartung keinen unbefristeten Vertrag geschlossen und verweist auf die Branchenüblichkeit.

Die Klage auf Feststellung des Fortbestandes als unbefristetes Arbeitsverhältnis hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Eine Befristung ohne Sachgrund kam wegen der Überschreitung der Höchstbefristungsdauer von 2 Jahren nicht mehr in Betracht. Der zuletzt geschlossene Arbeitsvertrag durfte auch nicht wegen eines Sachgrundes befristet werden. Liegen andere Sachgründe – etwa in der Person aufgrund des eigenen Wunsches des Profisportlers – nicht vor, so rechtfertigt die Ungewissheit der zukünftigen Leistungsentwicklung auch im Profisport nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses.

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VonRA Moegelin

Rechtsmissbrauch durch Umgehung des Anschlussverbots des TzBfG

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wsnaccad-feather-penBei befristeten Arbeitsverhältnissen kann sich die Frage nach der Zulässigkeit einer Befristung stellen, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat – sogenanntes „Anschlussverbot“.

Kurz vor Beendigung wegen Fristablaufs des vorausgegangenen Arbeitsverhältnisses wurde die Arbeitnehmerin vom bisherigen Arbeitgeber und Beklagten auf die Möglichkeit hingewiesen, zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterhin an ihrem Arbeitsplatz tätig zu werden, wenn sie einen Arbeitsvertrag mit dem dann neuen Arbeitgeber – einem Zeitarbeitsunternehmen – schließe, um an den bisherigen Arbeitgeber „zurückverliehen“ werden zu können.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Befristung des mit dem Zeitarbeitsunternehmen geschlossenen Arbeitsvertrags sei wegen rechtsmissbräuchlicher Vertragsgestaltung nichtig. Infolgedessen sei mit der Beklagten ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf die Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.

Ein befristeter Arbeitsvertrag als solcher ist wirksam, auch wenn er zur rechtsmissbräuchlichen Umgehung abgeschlossen wurde. Dem Schutzzweck der umgangenen Norm ist genügt, indem sich der Vertragspartner des Arbeitnehmers – also das Zeitarbeitsunternehmen – nach § 242 BGB nicht auf die Zulässigkeit der Befristung berufen kann (BAG, Urteil vom 15. Mai 2013 – 7 AZR 525/11).

Das Bundesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Befristung des Arbeitsvertrags eine rechtsmissbräuchliche Vertragsgestaltung zugrunde lag. Dieser „Wechsel“ erfolgte nach Ansicht des BAG ausschließlich deshalb, um eine weitere sachgrundlose Befristungsmöglichkeit ihres Arbeitsvertrags zu eröffnen, die für den bisherigen Arbeitgeber (Beklagte) nach dem TzBfG nicht (mehr) gegeben war. Durch diese Befristung wurde das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG daher in einer mit den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB unvereinbaren Weise umgangen. Diese unredliche Vertragsgestaltung unter Ausnutzung der im TzBfG vorgesehenen Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung führte dennoch nicht zum Entstehen eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten, also zu einem „Wechsel des Vertragspartners“ der Klägerin. Es liegt stattdessen ein Arbeitsverhältnis mit dem Zeitarbeitsunternehmen vor.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 15. Mai 2013 – 7 AZR 525/11

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