Schlagwort-Archiv Tarifvertragspartei

VonRA Moegelin

Tarifvertragliche Regelungen über sachgrundlose Befristungen

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folder-documentsEigentlich darf ein befristeter Arbeitsvertrag ohne Sachgrund nur dreimal verlängert werden. Das BAG hat entschieden, dass durch Tarifvertrag zu Ungunsten des Arbeitnehmers darüber hinaus verlängert werden kann.

Eine tarifliche Regelung, die die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren bei fünfmaliger Verlängerungsmöglichkeit zulässt, ist wirksam.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer darf ein befristeter Vertrag nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 TzBfG höchstens dreimal verlängert werden. Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG können durch Tarifvertrag die Anzahl der Verlängerungen und die Höchstdauer der Befristung abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG festgelegt werden. Diese Befugnis der Tarifvertragsparteien gilt aus verfassungs- und unionsrechtlichen Gründen nicht schrankenlos. Der durch § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG eröffnete Gestaltungsrahmen der Tarifvertragsparteien ermöglicht nur Regelungen, durch die die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Werte für die Höchstdauer eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags und die Anzahl der möglichen Vertragsverlängerungen nicht um mehr als das Dreifache überschritten werden.

Der Kläger war bei der Beklagten – einem Unternehmen der Energiewirtschaft – aufgrund eines befristeten, einmal verlängerten Arbeitsvertrags vom 15. Januar 2012 bis zum 31. März 2014 als kaufmännischer Mitarbeiter beschäftigt. Nach Ziff. 2.3.1. des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren, zwischen der Arbeitgebervereinigung Energiewirtschaftlicher Unternehmen e.V. (AVE) und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) abgeschlossenen Manteltarifvertrags (MTV) ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grunds bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer ist die höchstens fünfmalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Der Kläger hält die tarifliche Bestimmung für unwirksam und griff daher die darauf gestützte Befristung seines Arbeitsvertrags zum 31. März 2014 an. Seine Klage hatte – wie schon in den Vorinstanzen – auch beim Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Regelung in Ziff. 2.3.1. MTV ist wirksam. Sie ist von der den Tarifvertragsparteien durch § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG eröffneten Regelungsbefugnis gedeckt.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Oktober 2016 – BAG 7 AZR 140/15; Pressemitteilung Nr. 58/16)

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VonRA Moegelin

Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags

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CoD-fsfe-Sign-iconEin Tarifvertrag kann vom Arbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn mindestens 50% der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt sind. Diese Voraussetzung fehlte nach Ansicht des BAG im folgenden Fall.

Die Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 17. März 2014 ist mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 5 TVG aF unwirksam. Zwar hat sich die zuständige Ministerin für Arbeit und Soziales mit der Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) befasst, jedoch war die nach damaligem Rechtsstand erforderliche 50%-Quote nicht erreicht.

Auf Antrag der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 3. Mai 2013 idF vom 3. Dezember 2013 am 17. März 2014 gemäß § 5 TVG in der damals geltenden Fassung mit bereits im Antrag enthaltenen Einschränkungen bezüglich des betrieblichen Geltungsbereichs („Große Einschränkungsklausel“) für allgemeinverbindlich erklärt (AVE VTV 2014).

Der für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag regelt das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe. Bei den Sozialkassen des Baugewerbes (SOKA-BAU) handelt es sich um gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes (Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt – IG BAU -, Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. – HDB – und Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. – ZDB -). Die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse erbringt Leistungen im Urlaubs- und Berufsbildungsverfahren, die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes zusätzliche Altersversorgungsleistungen, die jeweils in gesonderten Tarifverträgen näher geregelt sind. Zur Finanzierung dieser Leistungen werden nach Maßgabe des VTV Beiträge von den Arbeitgebern erhoben. Durch die AVE gelten die Tarifverträge nicht nur für die tarifgebundenen Mitglieder der Tarifvertragsparteien, sondern auch für alle anderen Arbeitgeber der Branche. Sie sind hiernach zur Beitragszahlung verpflichtet. Sowohl die Arbeitgeber als auch ihre Beschäftigten erhalten Leistungen von den Sozialkassen.

Bei den Antragstellern handelt es sich überwiegend um Arbeitgeber, die nicht Mitglied einer Arbeitgebervereinigung sind und deshalb nur auf Grundlage der Allgemeinverbindlicherklärung zu Beitragszahlungen herangezogen wurden. Sie haben die Auffassung vertreten, die gesetzlichen Voraussetzungen für die AVE hätten nicht vorgelegen. Insbesondere hätten die tarifgebundenen Arbeitgeber der Baubranche nicht 50% der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigt (50%-Quote). Auch habe kein öffentliches Interesse für die Allgemeinverbindlicherklärung vorgelegen. Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen und festgestellt, dass die angegriffene Allgemeinverbindlicherklärung wirksam ist.

Die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Allgemeinverbindlicherklärung vom 17. März 2014 des VTV ist unwirksam. Bei der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen handelt es sich um Normsetzung, die nach dem in Art. 20 GG verankerten Demokratieprinzip die Befassung des zuständigen Ministers für Arbeit und Soziales erfordert. Eine solche Befassung ist – anders als in dem am heutigen Tag ebenfalls entschiedenen Verfahren – 10 ABR 33/15 – betreffend die AVE VTV 2008 und die AVE VTV 2010 (vgl. Pressemitteilung Nr. 50/16) – hinsichtlich der AVE VTV 2014 durch die Ministerin Andrea Nahles erfolgt. Sie hat aufgrund des Einspruchs des Freistaats Sachsen nach § 5 Abs. 3 TVG die Zustimmung der Bundesregierung zur beabsichtigten Allgemeinverbindlicherklärung eingeholt. Jedoch gibt es keine tragfähige Grundlage für die Annahme des BMAS, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der AVE VTV 2014 in der Baubranche mindestens 50% der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt waren. Insbesondere durfte, anders als vom BMAS angenommen, die in der jeweiligen AVE vorgenommene Einschränkung des betrieblichen Geltungsbereichs bei der Berechnung der 50%-Quote nicht berücksichtigt werden.

Die Feststellung der Unwirksamkeit der AVE VTV 2014 wirkt gem. § 98 Abs. 4 ArbGG für und gegen jedermann. Sie hat zur Folge, dass im maßgeblichen Zeitraum nur für tarifgebundene Arbeitgeber eine Beitragspflicht zu den Sozialkassen des Baugewerbes bestand. Andere Arbeitgeber der Baubranche sind nicht verpflichtet, für diesen Zeitraum Beiträge zu leisten. Rechtskräftig abgeschlossene Klageverfahren über Beitragsansprüche werden von der Feststellung der Unwirksamkeit jedoch nicht berührt; eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 580 ZPO ist insoweit nicht möglich. Ob im Übrigen unter Beachtung der Verjährungsfristen wechselseitige Rückforderungsansprüche hinsichtlich erbrachter Beitrags- und Erstattungsleistungen bestehen und ob die Feststellung der Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung des VTV 2014 einer Vollstreckung von Beitragsansprüchen aus rechtskräftigen Entscheidungen entgegensteht, hatte der Senat nicht zu entscheiden.

(Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 21. September 2016 – BAG 10 ABR 48/15; Pressemitteilung Nr. 51/16 )

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VonRA Moegelin

Sprungrevision zum BAG zur Frage der Wirksamkeit einer Spannensicherungsklausel

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jumpingtigerIn dem hier einschlägigen -seltenen Fall- einer Sprungrevision hatte das BAG über die Wirksamkeit einer qualifizierten tariflichen Differenzierungsklausel („Spannensicherungsklausel“) zu entscheiden.

Im Jahre 2008 hatten die Parteien des Rechtsstreits, ein Unternehmen der Hafen-Logistik und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, einen Tarifvertrag über eine Erholungsbeihilfe von jährlich 260,- Euro geschlossen. Nach dessen Ziff. I sollte diese Erholungsbeihilfe an Mitglieder von ver.di gezahlt werden. Nach Ziff. V des Tarifvertrages sollten die ver.di-Mitglieder im Falle einer Zahlung von „entsprechenden oder sonstigen Leistungen“ des Arbeitgebers an Nichtgewerkschaftsmitglieder unmittelbar einen gleichhohen, zusätzlichen Anspruch erhalten. Der Arbeitgeber hat auf Feststellung der Unwirksamkeit sowohl der einfachen Differenzierungsklausel in Ziff. I des Tarifvertrages als auch der Spannensicherungsklausel in Ziff. V des Tarifvertrages Klage erhoben.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und die Sprungrevision gegen sein Urteil zugelassen. Das Bundesarbeitsgericht hat der Sprungrevision teilweise stattgegeben.

Die Sprungrevision ist gemäß § 76 Abs. 2 ArbGG nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und Rechtsstreitigkeiten betrifft zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfes oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt.

Die Sprungrevision ist vom Arbeitsgericht auf Antrag der Klägerin im Urteil gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 ArbGG  zugelassen worden. Die Klägerin hat den Antrag in der mündlichen Kammerverhandlung gestellt. In dem am gleichen Tage verkündeten Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg wurde die Sprungrevision im Tenor zugelassen. Die nach § 76 Abs. 1 Satz 1 ArbGG erforderliche Zustimmung des Gegners zur Sprungrevision ist erteilt worden. Das BAG erkannte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und dass es Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen betrifft.

Eine tarifvertragliche Klausel, in der eine Sonderleistung für Arbeitnehmer vereinbart ist, die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft sind („einfache Differenzierungsklausel“), verstößt nach der Rechtsprechung nicht gegen höherrangiges Recht und ist wirksam.

Wird die Exklusivität dieses Anspruchs für Gewerkschaftsmitglieder tariflich durch eine sogenannte Spannensicherungsklausel oder Abstandsklausel abgesichert, wonach etwaige Kompensationsleistungen des Arbeitgebers an nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer jeweils zwingend und unmittelbar einen entsprechenden – zusätzlichen – Zahlungsanspruch auch für Gewerkschaftsmitglieder begründen, so dass der „Vorsprung“ der Gewerkschaftsmitglieder nicht ausgleichbar ist, überschreitet diese Klausel die Tarifmacht der Koalitionen und ist unwirksam (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. März 2011 – 4 AZR 366/09).

Anders als das Arbeitsgericht, das die Klage vollständig abgewiesen hatte, hat das BAG der Klage teilweise stattgegeben. Zwar sei die in Ziff. I des Tarifvertrages geregelte einfache Differenzierungsklausel wirksam. Der Tarifvertrag darf jedoch nicht, wie in Ziff. V vorgesehen, dem Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeit nehmen, die nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer mit den Gewerkschaftsmitgliedern gleichzustellen. Der Tarifvertrag darf nur den Inhalt von Arbeitsverhältnissen zwingend und unmittelbar regeln, die der Tarifmacht der Koalitionen unterworfen sind. Hierzu gehören die Arbeitsverhältnisse der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer nicht.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 23. März 2011 – 4 AZR 366/09

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VonRA Moegelin

Beitragspflicht in der Sozialkasse

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liftarn_Paint_can_with_brushEin Betrieb wird vom Geltungsbereich des VTV Maler erfasst, wenn arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten des Maler- und Lackiererhandwerks iSv. RTV Maler ausgeübt werden. Werden solche Tätigkeiten erbracht, sind ihnen diejenigen Nebentätigkeiten zuzuordnen, die zu einer sachgerechten Ausführung der Tätigkeiten notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen.

Die vom Kläger (eine Beitragseinzugs-Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Maler- und Lackiererhandwerks) geforderte Zahlung von Sozialkassenbeiträgen richtet sich nach dem VTV Maler.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Sandstrahl- und Korrosionsschutzarbeiten, insbesondere für Schiffe und Industrieanlagen.

Der betriebliche Geltungsbereich des VTV Maler und des RTV Maler erfasst ausschließlich Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks; Betriebe, die ihre Leistungen industriell erbringen, fallen nicht unter den Geltungsbereich. Ob es sich im Einzelfall um einen Handwerks- oder Industriebetrieb handelt, ist im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände unter Berücksichtigung der jeweiligen tariflichen Regelungen zu ermitteln.

Der Betrieb wird nicht vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV Maler erfasst, weil er industriell und nicht handwerklich geprägt ist. Die Abgrenzung hat nicht nach gewerberechtlichen, handelsrechtlichen oder betriebswirtschaftlichen Kriterien, sondern vorrangig danach zu erfolgen, ob die arbeitszeitlich überwiegende Tätigkeit der Arbeitnehmer handwerklich oder nicht handwerklich geprägt ist BAG, Urteil vom 9. April 2014 – 10 AZR 1085/12.

Das BAG ist zu der Entscheidung gekommen, dass die Feststellung der Vorinstanzen es handele sich bei dem Betrieb der Beklagten um einen Industriebetrieb, nach Maßgabe der Abgrenzungskriterien revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Revision des Klägers war demnach zurückzuweisen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 9. April 2014 – 10 AZR 1085/12

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VonRA Moegelin

Kein Recht auf Weigerung einer Gewerkschaft zu abweichender Betriebsvereinbarung- BAG 4 AZR 105/09

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Andy_Tools_Hammer_SpannerDas Bundesarbeitsgericht hat einem Arbeitgeberverband Recht gegeben und eine Gewerkschaft verurteilt, einer vom Tarifvertrag abweichenden Betriebsvereinbarung ihre Zustimmung zu erteilen. Bei einer sogenannten Öffnungsklausel ist es Arbeitgeber und Betriebsrat erlaubt, Regelungen zu treffen, die vom Tarifvertrag abweichen. Im einschlägigen Fall war diese Klausel so formuliert, dass nach Ansicht des BAG eine Weigerung der Gewerkschaft zur Zustimmung sachlich nicht nachvollziehbar erschien.

Im betreffenden regionalen Rahmentarifvertrag der Branche der Bau-, Steine- und Erdenindustrie hatten die Tarifvertragsparteien unter anderem der Beton- und Fertigteilindustrie eine Öffnungsklausel für betriebliche Regelungen vereinbart. Danach sollte es auch möglich sein, mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien durch eine Betriebsvereinbarung eine Veränderung der ansonsten festgelegten tariflichen Leistungen um insgesamt bis zu einem Bruttomonatsentgelt herbeizuführen. Für den Fall, dass dabei die hierzu weiter ergangenen tariflichen Bestimmungen eingehalten werden (z.B.. Begründung der Notwendigkeit anhand nachvollziehbarer Kriterien, beschäftigungssichernder und wettbewerbsverbessernder Zweck der Veränderung), bestimmte der Tarifvertrag, dass die Zustimmung erteilt werden „soll“. Im zu entscheidenden Fall hatte die Gewerkschaft einer solchen abweichenden Betriebsvereinbarung ihre Zustimmung versagt, und sich darauf berufen, dass ihr insoweit ein großer Ermessensspielraum zur Verfügung stehe, der von den Arbeitsgerichten nicht überprüft werden könne. Der Arbeitgeberverband hatte die Erteilung der Zustimmung vor den Gerichten für Arbeitssachen eingeklagt.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine „Soll“-Bestimmung zu einer Zustimmungspflicht führt, wenn die Kriterien für die Betriebsvereinbarung eingehalten sind und der die Zustimmung verweigernden Tarifvertragspartei keine gewichtigen Gründe für ihre Weigerung zur Verfügung stehen (BAG, Urteil vom 20. Oktober 2010 – 4 AZR 105/09). Die Einhaltung dieser tarifvertraglichen Pflicht zur Erteilung der Zustimmung dieser Pflicht kann von dem anderen Tarifvertragspartner geltend gemacht werden.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts:BAG, Urteil vom 20. Oktober 2010 – 4 AZR 105/09

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