Schlagwort-Archiv Betriebsratsmitglied

VonRA Moegelin

Kündigung eines Betriebsratsmitglieds wegen Datenmanipulation

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Ein Betriebratsmitglied kann nur unter besonderen Voraussetzungen gekündigt werden. § 15 Abs. 1 KSchG besagt, dass die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats unzulässig ist, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und dass die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. In dem hier einschlägigen Fall erteilte der Arbeitgeber (Bonner Stadtwerke) seinem Betriebsrat die fristlose Kündigung wegen Manipulation einer Computer-Software und zog vor das Arbeitsgericht, um die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen.

Vor dem Arbeitsgericht Bonn war der Antrag der Bonner Stadtwerke auf Zulassung der Kündigung   eines   Betriebsratsmitglieds   erfolgreich,   dem   Datenmanipulation   bei   einer Schulungssoftware für Arbeitssicherheit vorgeworfen wird. Das 31-jährige Betriebsratsmitglied ist bereits seit 15 Jahren bei den Bonner Stadtwerken beschäftigt. Diese wollen das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fristlos kündigen. Der Betriebsrat, dessen Zustimmung für die Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes erforderlich ist, verweigerte jedoch seine Zustimmung. Daher zogen die Stadtwerke vor das Arbeitsgericht. Dem Betriebsratsmitglied, das als IT-Techniker seit seiner Ausbildung bei den Stadtwerken beschäftigt ist,   wird vorgeworfen, Daten unter Ausnutzung seiner Administratorenrechte verändert und hierdurch seinen Arbeitgeber getäuscht zu haben. Bei den Stadtwerken werden Arbeitsschutzunterweisungen der Mitarbeiter mithilfe eines webbasierten Dokumentationssystems durchgeführt. Änderte ein Mitarbeiter seinen Namen, konnten die bereits durchgeführten Schulungen nicht unter dem neuen Namen als „erledigt“ angezeigt werden. Das Betriebsratsmitglied arbeitete an einer Lösung dieses Problems und erstellte ein Skript, das es jedoch auch für sich und weitere Kollegen der IT-Abteilung nutzte. Statt die Schulungen durchzuführen, erzeugte es in dem Programm mithilfe des Skripts lediglich den Anschein, ein ordnungsgemäßes Durchlaufen der Schulung sei erfolgt.

Das Arbeitsgericht folgte der Einordnung des Vorwurfs durch den Arbeitgeber als eine gravierende Pflichtverletzung, die bei einem Administrator mit weitreichenden Zugriffsrechten eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Es gab dem Antrag des Arbeitgebers statt und ersetzte die Zustimmung des Betriebsrates.

Gegen   die   Entscheidung   des   Bonner   Arbeitsgerichts   ist   die   Beschwerde   vor   dem Landesarbeitsgericht Köln möglich.

(Arbeitsgericht Bonn, Beschluss vom 14.03.2017 – Aktenzeichen 6 BV 100/16; Pressemitteilung 1/2017 vom 14.03.2017)

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VonRA Moegelin

Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung wegen Betriebsratstätigkeit

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meeting-presentationEin Betriebsratsmitglied, das zwischen zwei Nachtschichten außerhalb seiner Arbeitszeit tagsüber an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen hat, ist berechtigt, die Arbeit in der vorherigen Nachtschicht vor dem Ende der Schicht einzustellen, wenn nur dadurch eine ununterbrochene Erholungszeit von elf Stunden am Tag gewährleistet ist, in der weder Arbeitsleistung noch Betriebsratstätigkeit zu erbringen ist. Nach § 5 Abs. 1 ArbZG ist dem Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden zu gewähren. Es kann dahinstehen, ob die Zeit der Erbringung von Betriebsratstätigkeit Arbeitszeit iSv. § 2 Abs. 1 ArbZG ist und § 5 Abs. 1 ArbZG deshalb Anwendung findet. Jedenfalls ist bei der Beurteilung, ob dem Betriebsratsmitglied in einer solchen Situation die Fortsetzung der Arbeit in der Nachtschicht wegen der bevorstehenden Betriebsratstätigkeit unzumutbar ist, die Wertung des § 5 Abs. 1 ArbZG zu berücksichtigen.

Der betreffenden Entscheidung des Bundesarbeitsgericht lag der Fall eines Klägers zugrunde, der ist Mitglied des im Betrieb der Beklagten gebildeten Betriebsrats ist und der im Dreischichtbetrieb arbeitet. Er war in der Nacht vom 16. Juli auf den 17. Juli 2013 für die Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr bei einer Pause von 2:30 Uhr bis 3:00 Uhr eingeteilt. Am 17. Juli 2013 nahm der Kläger von 13:00 Uhr bis 15:30 Uhr an einer Betriebsratssitzung teil. Mit Rücksicht auf diese Betriebsratssitzung stellte er in der vorherigen Nachtschicht seine Arbeit um 2:30 Uhr ein. Ihm wurde für diese Nachtschicht von der Beklagten nur der Zeitraum bis 3:00 Uhr und von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr auf seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben. Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger ua. die Gutschrift der beiden weiteren Stunden von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr verlangt. Die Klage hatte vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts – ebenso wie zuvor beim Landesarbeitsgericht – Erfolg.

Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats auch dann von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung ihres Arbeitsentgelts zu befreien, wenn eine außerhalb der Arbeitszeit liegende erforderliche Betriebsratstätigkeit die Arbeitsleistung unmöglich oder unzumutbar gemacht hat. Vorliegend war dem Kläger die Erbringung der Arbeitsleistung am 17. Juli 2013 jedenfalls ab 3:00 Uhr wegen der um 13:00 Uhr beginnenden Betriebsratssitzung unzumutbar, weil ihm bei Fortsetzung seiner Arbeit zwischen den Arbeitsschichten keine durchgehende Erholungszeit von elf Stunden zur Verfügung gestanden hätte.

Über eine weitere Klageforderung konnte der Senat nicht abschließend entscheiden. Insoweit wurde die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Januar 2017 – BAG 7 AZR 224/15; Pressemitteilung Nr. 1/17)

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VonRA Moegelin

Arbeitsbedingungen „wie im KZ“ kann zulässige Meinungsäußerung sein

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barbwireAuch ein unsäglicher Vergleich der Arbeitsbedingungen im Betrieb mit denen im KZ ist vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Schmähkritik liegt nur dann vor, wenn es nicht um Sachkritik geht, sondern eine Person ohne Tatsachenkern herabgewürdigt werden soll (Beschluss des LAG Berlin-BRB – 10 Ta BVGa 146/14).

In einer Betriebsratssitzung erfolgte eine Diskussion über die Arbeitsbedingungen im Betrieb mit rund 200 Arbeitnehmern und Schichtsystem. Einer der Betriebsräte und späterer Verfahrensbeteiligte beklagte sich über die schlechten Arbeitsbedingungen für die 4-Schicht-Mitarbeiter. Als es um das Thema Zeiterfassung ging, wurde der Ton zunehmend schärfer. Der Arbeitgeber führte im Prozess aus, dass das Betriebsratsmitglied nicht mehr zu beruhigen gewesen sei und sich in Rage geredet habe. Auch der Hinweis einer Mitarbeiterin Frau B., dass das Problem jetzt nicht gelöst werden müsse, habe ihn nicht wieder beruhigt. Am Ende soll er erklärt haben, dass „die Arbeitsbedingungen wie in einem KZ“ seien oder dass es „hier wie in einem KZ sei“. An den genauen Wortlaut erinnere sich Frau B. nicht mehr. Der genaue Wortlaut lasse sich nur schwer wiedergeben, da das Betriebsratsmitglied lautstark und erregt sehr viel über „die sowieso schon sehr schlechten Arbeitsbedingungen der 4-Schicht-Mitarbeiter“ monologisiert und sich dann abschließend lautstark geäußert habe.

Der Personalleiterin und dem Werksleiter sei es nicht zuzumuten, mit dem Betriebsrat an einem Verhandlungstisch zu sitzen, der sie noch vor Kurzem mit einem KZ-Schergen verglichen und mit dem NS-Terrorregime und dessen Unrechtstaten gleichgesetzt habe. Deswegen beantragte der Arbeitgeber im Wege der einstweiligen Verfügung dem Betriebsratsmitglied zu untersagen, sein Betriebsratsamt bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen ihn und den Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht Cottbus unter dem Aktz.: 5 BV 105/13 laufenden Zustimmungsersetzungs- bzw. Ausschlussverfahrens auszuüben.

Das Arbeitsgericht Cottbus hat den Antrag zurückgewiesen. Das LAG hat den abweisenden Beschluss bestätigt und stützt seine Entscheidung auf folgende Erwägungen:

Die Äußerungen des Betriebsratsmitglieds erfolgten zwar in drastischer Wortwahl, die geeignet ist, Anstoß zu erregen. Der – streitige – KZ-Vergleich mag von der Personalleiterin als beleidigend empfunden werden. In der Betriebsratssitzung hat sie entsprechendes aber nicht geäußert. In harter Form geäußerte Sachkritik führt ihrer Natur nach regelmäßig zu einer wertenden Herabsetzung persönlicher Leistungen des Erklärungsempfängers. Eine Schmähung liegt indes erst vor, wenn der Kritik kein Tatsachenkern zugrunde liegt oder der Erklärende bewusst falsche Tatsachen streut. Hierfür fehlen aber im konkreten Fall greifbare Anhaltspunkte.

Es ist möglich, dass das Betriebsratsmitglied mit dem unsäglichen Vergleich der Personalleiterin (und dem Werkleiter) persönlich vorwerfen wollte, dass diese für derartige Arbeitsbedingungen verantwortlich seien. Ebenso ist es aber möglich, dass das Betriebsratsmitglied ohne persönlichen Angriff die Arbeitsbedingungen im Betrieb brandmarken wollte. Die gesamte Darstellung des Sachverhaltes in der eidesstattlichen Versicherung der Personalleiterin spricht aber für eine – in dieser Form völlig unpassende – Sachkritik bezüglich der Arbeitsbedingungen der 4-Schicht-Mitarbeiter. Selbst wenn man der Meinungsäußerung des des Betriebsratsmitglieds einen beleidigenden, herabwürdigenden Tatsachenkern entnehmen sollte, diente dieser der Stützung der Werturteile über die Arbeitsbedingungen im Betrieb und steht wegen dieses Zusammenhangs ebenfalls unter dem Schutz der Meinungsfreiheit.

Volltext der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg: LAG Berlin-Brb, Beschluss vom 5. Juni 2014 – 10 Ta BVGa 146/14

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VonRA Moegelin

Keine Vergütung für Betriebsratstätigkeit im stillgelegten Betrieb – BAG 7 AZR 728/08

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Sorry-Closed-SignMitglieder eines Betriebsrats im Restmandat können vom Arbeitgeber keine Vergütung für die mit ihrer Betriebsratstätigkeit verbundenen Freizeitopfer verlangen. Der Entscheidung zugrunde liegt der Fall von zwei Betriebsratsmitgliedern. Diese verlangten von ihrem ehemaligen Arbeitgeber Vergütung in Höhe von jeweils über 30.000,00 € für Tätigkeiten, die sie nach der Stilllegung ihrer Niederlassung und ihrem Eintritt in den Ruhestand im restmandatierten Betriebsrat verrichtet hatten.

Nach § 21b BetrVG bleibt ein Betriebsrat unter anderem im Falle der Stilllegung des Betriebs so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit in Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte – etwa beim Abschluss eines Sozialplans – erforderlich ist. Das Restmandat ist von den Betriebsratsmitgliedern wahrzunehmen, die zum Zeitpunkt des Untergangs des Betriebs in einem Arbeitsverhältnis zu dem Arbeitgeber standen. Nach der Begründung des Restmandats endet die Mitgliedschaft im Betriebsrat – anders als nach § 24 Nr. 3 BetrVG diejenige im Vollmandat – nicht mehr durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies gilt auch, wenn das Ende des Arbeitsverhältnisses keine Folge der Betriebsstilllegung ist (BAG, Urteil vom 5. Mai 2010 – 7 AZR 728/08).

Nach § 37 Abs. 1 BetrVG führen die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Sie sind allerdings nach § 37 Abs. 2 BetrVG im erforderlichen Umfang ohne Minderung des Arbeitsentgelts von ihrer beruflichen Tätigkeit zu befreien. Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende bezahlte Arbeitsbefreiung, wenn er Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen hat. Wenn der Freizeitausgleich innerhalb eines Monats aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich ist, muss der Arbeitgeber die aufgewendete Zeit gemäß § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG wie Mehrarbeit vergüten. Ist das Arbeitsverhältnis des Mitglieds eines restmandatierten Betriebsrats beendet, kommt eine Befreiung von der dem Arbeitgeber geschuldeten Arbeitsleistung oder ein Freizeitausgleich nicht mehr in Betracht. Das Betriebsratsmitglied kann in diesem Fall auch keine Vergütung für das mit der Betriebsratstätigkeit verbundene Freizeitopfer verlangen. Dies widerspräche dem Ehrenamtsprinzip.

Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts wies daher, wie schon die Vorinstanzen, die Klage der zwei Betriebsratsmitglieder ab.

Da es für die Entscheidung nicht darauf ankam, musste das BAG nicht entscheiden, ob Mitglieder eines restmandatierten Betriebsrats einen Ausgleich für Vermögensopfer verlangen können, die dadurch entstehen, dass sie sich von einem neuen Arbeitgeber unbezahlt für Tätigkeiten im restmandatierten Betriebsrat des alten Betriebs freistellen lassen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts: BAG, Urteil vom 5. Mai 2010 – 7 AZR 728/08

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VonRA Moegelin

Betreuungskosten von alleinerziehender Betriebsrätin sind erforderlich

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Eine Betriebsrätin und alleinerziehende Mutter ist vor dem Landesarbeitsgericht mit ihrer Klage gegen ihren Arbeitgeber auf Erstattung von Betreuungs-Kosten für ihre beiden 11 und 12 Jahre alten Kinder von 600 € gescheitert. Die Betriebsrätin hielt die Betreuung wegen einer 10-tägigen Betriebsräteversammlung für erforderlich. In ihrem Haus lebt noch ihre weitere, volljährige und berufstätige Tochter, die jedoch die Betreuung abgelehnt hat. Das Bundesarbeitsgericht hat – anders als zuvor das Landesarbeitsgericht – dem Antrag einer alleinerziehenden Mutter entsprochen.

Der Arbeitgeber muss im erforderlichen Umfang die Kosten erstatten, die einem alleinerziehenden Betriebsratsmitglied während einer mehrtägigen auswärtigen Betriebsratstätigkeit durch die Fremdbetreuung seiner minderjährigen Kinder entstehen (BAG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 7 ABR 103/08).

Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Dazu gehören auch die Aufwendungen, die einzelne Betriebsratsmitglieder zur Erfüllung ihrer Betriebsratsaufgaben für erforderlich halten dürfen, nicht aber sämtliche Kosten, die nur irgendwie durch die Betriebsratstätigkeit veranlasst sind. Grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind insbesondere Aufwendungen, die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind. Vom Arbeitgeber zu tragen sind aber Kosten, die einem Betriebsratsmitglied dadurch entstehen, dass es die Betreuung seiner minderjährigen Kinder für Zeiten sicherstellen muss, in denen es außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen hat. Das ergibt die verfassungskonforme Auslegung des § 40 Abs. 1 BetrVG. Das Betriebsratsmitglied befindet sich in einem solchen Fall in einer Pflichtenkollision zwischen seinen betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben und der Pflicht zur elterlichen Personensorge. Nach Art. 6 Abs. 2 GG sind Pflege und Erziehung der Kinder nicht nur „das natürliche Recht der Eltern“, sondern auch „die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht“. Dementsprechend darf dem Betriebsratsmitglied durch die gleichzeitige Erfüllung beider Pflichten kein Vermögensopfer entstehen.

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