Schlagwort-Archiv Ausschlussfrist

VonRA Moegelin

Ausschlussfristen in der Pflegebranche

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paragrafEine vom Arbeitgeber als Allgemeine Geschäftsbedingung gestellte arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 der am 1. August 2010 in Kraft getretenen Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) erfasst, verstößt im Anwendungsbereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 in Verbindung mit § 13 AentG (Gesetz über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen).

Dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgericht lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war vom 15. Juli bis zum 15. Dezember 2013 beim Beklagten, der damals einen ambulante Pflegedienst betrieb, als Pflegehilfskraft beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt als Allgemeine Geschäftsbedingung eine Verfallklausel, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Bei Ablehnung oder Nichtäußerung der Gegenpartei binnen zwei Wochen nach der Geltendmachung sollte Verfall eintreten, wenn der Anspruch nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Die Klägerin war vom 19. November bis zum 15. Dezember 2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Beklagte hatte trotz ärztlicher Bescheinigung Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit und leistete keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. In dem von der Klägerin am 2. Juni 2014 anhängig gemachten Verfahren hat sich der Beklagte darauf berufen, der Anspruch sei jedenfalls wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision des Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos geblieben. Die Klägerin hat für den durch die Arbeitsunfähigkeit bedingten Arbeitsausfall nach § 3 Abs. 1 EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diesen musste sie nicht innerhalb der arbeitsvertraglich vorgesehenen Fristen geltend machen. Die nach Inkrafttreten der PflegeArbbV vom Beklagten gestellte Klausel verstößt gegen § 9 Satz 3 AEntG und ist deshalb unwirksam, so dass der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV nicht wegen Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist erlischt. Für andere Ansprüche kann die Klausel nicht aufrechterhalten werden, weil dem das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegensteht.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. August 2016 – BAG 5 AZR 703/15; vgl. Pressemitteilung Nr. 44/16)

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VonRA Moegelin

Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist durch Klageerhebung

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CoD-fsfe-calendarGemäß § 167 ZPO kann durch die Klageerhebung eine Frist gewahrt werden, z.B. die Verjährung gehemmt werden. Das BAG hatte zu entscheiden, ob § 167 ZPO auch auf tarifliche Ausschlussfristen, die durch eine bloße schriftliche Geltendmachung gewahrt werden können, anwendbar ist.

Der Kläger begehrt von seinem Arbeitgeber eine Entgeltdifferenz für den Monat Juni 2013. Den Anspruch hat er erstmals mit seiner bei Gericht am 18. Dezember 2013 eingegangenen und dem beklagten Arbeitgeber am 7. Januar 2014 zugestellten Klage geltend gemacht. Nach dem auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden § 37 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten – im konkreten Fall für die klägerische Forderung: bis zum 30. Dezember 2013 – schriftlich geltend gemacht werden. Der Kläger hat gemeint, zur Wahrung dieser Ausschlussfrist habe der fristgerechte Eingang der Klageschrift bei Gericht ausgereicht. § 167 der Zivilprozessordnung (ZPO), der dies jedenfalls für bestimmte Maßnahmen gegen den Ablauf von Verjährungsfristen ausdrücklich regele, sei auch auf die Einhaltung tariflicher Verfallfristen anzuwenden. Der beklagte Arbeitgeber hat dem entgegengehalten, es komme bei außergerichtlichen Fristen allein auf den tatsächlichen Zugang des Geltendmachungsschreibens an. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Die hiergegen gerichtete Revision des beklagten Landes hatte Erfolg. Gilt in einem Arbeitsverhältnis eine tarifliche Ausschlussfrist, innerhalb derer ein Anspruch gegenüber dem Vertragspartner schriftlich geltend gemacht werden muss, reicht es zur Fristwahrung nicht aus, dass das Anspruchsschreiben vor Ablauf der Frist bei Gericht eingegangen ist und dem Anspruchsgegner ggf. später zugestellt wird. Entscheidend ist der Zugang beim Anspruchsgegner selbst. § 167 ZPO findet für die Wahrung einer einfachen tariflichen Ausschlussfrist bei der außergerichtlichen Geltendmachung keine Anwendung.

Damit folgt der Vierte Senat der langjährigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der der Gläubiger einer Forderung sich den Zeitverlust durch die – in der Sache nicht zwingend erforderliche – Inanspruchnahme des Gerichts selbst zuzurechnen hat. Die Zustellung der Klageschrift am 7. Januar 2014 war danach verspätet und die Klage abzuweisen.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. März 2016 – BAG 4 AZR 421/15; Pressemitteilung Nr. 12/16)

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VonRA Moegelin

Ausschlussfrist im Insolvenzplan für Klage bei bestrittener Forderung

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Vulture_Im Rahmen des Insolvenzverfahrens kann ein sogenannter Insolvenzplan mit dem Ziel der Sanierung des Unternehmens aufgestellt werden. Die Frage, ob eine Klausel in einem Insolvenzplan, nach der bestrittene Forderungen bei der Verteilung nur berücksichtigt werden, wenn innerhalb einer Ausschlussfrist Klage auf Feststellung zur Tabelle erhoben wird, den materiell-rechtlichen Anspruch des Arbeitnehmers regelt, wurde nun vom Bundesarbeitsgericht entschieden.

Über das Vermögen der Beklagten wurde am 1. Juni 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet und am 6. August 2012 wieder aufgehoben. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde am 11. Juli 2012 mit der im Insolvenzverfahren geltenden Höchstfrist von drei Monaten zum Monatsende zum 31. Oktober 2012 gekündigt. Außerhalb eines Insolvenzverfahrens hätte die Kündigungsfrist sechs Monate zum Quartalsende betragen. Der Kläger meldete den wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses in § 113 Satz 3 InsO vorgesehenen Schadensersatzanspruch zur Tabelle an. Die Forderung wurde bestritten. Der Insolvenzplan sah vor, dass Klagen gegen bestrittene Forderungen innerhalb von einem Monat nach Bestandskraft des den Plan bestätigenden gerichtlichen Beschlusses anhängig zu machen seien; anderenfalls werde die Forderung bei der Verteilung in analoger Anwendung des § 189 InsO nicht berücksichtigt. Der Kläger erhob erst im Juli 2013 Klage. Er hat die Auffassung vertreten, die Ausschlussfrist im Insolvenzplan sei unwirksam. Nach Aufhebung des Verfahrens könne er seinen Anspruch im Wege der Leistungsklage verfolgen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Sie haben die im Insolvenzplan geregelte Ausschlussfrist für wirksam gehalten und angenommen, ihre Versäumung habe den Verfall des Schadensersatzanspruches zur Folge. Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts teilweise Erfolg.

Eine Klausel in einem Insolvenzplan, nach der bestrittene Forderungen bei der Verteilung nur berücksichtigt werden, wenn innerhalb einer Ausschlussfrist Klage auf Feststellung zur Tabelle erhoben wird, regelt lediglich die Verteilung der Masse, berührt aber nicht den materiell-rechtlichen Anspruch. Die Forderungen der aufgrund einer solchen Klausel zunächst nicht berücksichtigten Insolvenzgläubiger werden nicht dauerhaft entwertet. Insbesondere hindert eine solche Klausel die Durchsetzung der Planquote nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Wege der Leistungsklage nicht. Eine solche Klausel ist daher in der Regel wirksam, so wie im hier einschlägigen Fall.

Die Ausschlussfrist betrifft jedoch allein die Verteilung auf der Grundlage des Insolvenzplans und steht deshalb der Klage auf Zahlung der Quote, die der Gläubigergruppe zusteht, der der Kläger nach dem Insolvenzplan angehört, nicht entgegen. Die Höhe der Quote und des Schadensersatzanspruches steht allerdings noch nicht fest. Es muss noch geklärt werden, welcher Gläubigergruppe der Kläger angehört und welche Einkünfte und Ersparnisse er sich auf den Schaden anrechnen lassen muss. Der Senat hat den Rechtsstreit darum insoweit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. November 2015 – BAG 6 AZR 559/14; vgl. Pressemitteilung Nr. 58/15)

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