Schlagwort-Archiv Arbeitsunfähigkeit

VonRA Moegelin

Fette Schlampe als Kündigungsgrund

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Ein Hausmeister erhielt eine Kündigung wegen Beleidigung und auch noch wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit. Beim Arbeitsgericht Bonn (3 Ca 681/17) erhob er Kündigungsschutzklage.  Siehe hierzu die Pressemitteilung vom 27. Juli 2017:

Der Rechtsstreit beim Arbeitsgericht Bonn über eine Kündigung nach der Bezeichnung einer Arbeitskollegin als „fette Schlampe“ endete mit einem Vergleich: Das Arbeitsverhältnis endet fristgemäß und der Kläger erhält eine Abfindung.

Eine Bonner Privatklinik hatte ihren Hausmeister fristlos gekündigt. Zur Begründung berief sie sich auf eine Beleidigung einer Arbeitskollegin und eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit. Dieser wehrte sich beim Bonner Arbeitsgericht.

Seit 2011 war der Kläger bei der Klinik beschäftigt. Im März 2017 musterte der Hausmeister eine
Arbeitskollegin und sagte zu ihr: „Du bist ‘ne richtig fette Schlampe geworden.“
Zur Rede gestellt, berief sich der Hausmeister auf seinen bekannt flapsigen Ton und meldete sich
krank. Als dann die Klinik die fristgemäße Kündigung durch eigene Mitarbeiter bei dem Hausmeister
zustellen wollte, gab es eine Überraschung. Der Hausmeister öffnete zwar nicht die Tür,
sprang aber in voller Arbeitsmontur von dem Gerüst an seinem Wohnhaus, das er gerade neu
verklinkerte. Darauf folgte die fristlose Kündigung der Klinik wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit.
Der Hausmeister verwies darauf, dass er sich bei der Kollegin für seinen lockeren Umgangston
entschuldigt habe. Seine Arbeitsunfähigkeit sei nicht vorgetäuscht worden. Sein Arzt habe ihn
nach der angedrohten Kündigung wegen psychosomatischer Störungen krankgeschrieben und
ihm empfohlen, nicht an die Kündigung zu denken und sich durch andere Beschäftigungen
abzulenken.

Im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht Bonn verwies der Richter darauf, dass zunächst die
fristlose Kündigung und das Vortäuschen der Arbeitsunfähigkeit zu prüfen seien. Es sei schwierig,
dies zu beweisen. Letztlich müsse der behandelnde Arzt bestätigen, ob der Kläger tatsächlich
krank gewesen und das Klinkern seines Hauses damit vereinbar gewesen sei. Danach stimmten
beide Parteien dem vorgeschlagenen Vergleich zu.

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VonRA Moegelin

Teilnahme an einem Personalgespräch trotz Arbeitsunfähigkeit

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1272529201Ist ein Arbeitnehmer krank, braucht er nicht zu arbeiten. Das BAG hat klargestellt, dass er auch nicht zu Personalgesprächen im Betrieb erscheinen muss, es sei denn, er ist gesundheitlich dazu fähig und es ist ist aus betrieblichen Gründen unverzichtbar für den Arbeitgeber.

Ein durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhinderter Arbeitnehmer ist regelmäßig nicht verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, um dort an einem Gespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit teilzunehmen.

Der Kläger war bei der Beklagten zunächst als Krankenpfleger und zuletzt – nach einer längeren unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit – befristet bis zum 31. Dezember 2013 als medizinischer Dokumentationsassistent eingesetzt. Von Ende November 2013 bis Mitte Februar 2014 war der Kläger erneut arbeitsunfähig krank. Die Beklagte lud ihn mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 „zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“ zu einem Personalgespräch am 6. Januar 2014 ein. Der Kläger sagte unter Hinweis auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit ab. Die Beklagte übersandte ihm eine neuerliche Einladung für den 11. Februar 2014, die mit dem Hinweis verbunden war, der Kläger habe gesundheitliche Hinderungsgründe durch Vorlage eines speziellen ärztlichen Attests nachzuweisen. Auch an diesem Termin nahm der Kläger unter Hinweis auf seine Arbeitsunfähigkeit nicht teil. Daraufhin mahnte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 18. Februar 2014 ab.

Die Vorinstanzen haben der auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte gerichteten Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.

Die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers umfasst die Pflicht zur Teilnahme an einem vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit im Betrieb angewiesenen Gespräch, dessen Gegenstand Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung ist, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht anderweitig festgelegt sind (§ 106 Satz 1 GewO) . Da der erkrankte Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss, ist er grundsätzlich nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige, mit seiner Hauptleistung unmittelbar zusammenhängende Nebenpflichten zu erfüllen. Während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist es dem Arbeitgeber allerdings nicht schlechthin untersagt, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt zu treten, um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber hierfür ein berechtigtes Interesse aufzeigt. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet, hierzu auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, es sei denn, dies ist ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer ist dazu gesundheitlich in der Lage.

Nachdem die für die Unverzichtbarkeit des Erscheinens im Betrieb darlegungs- und beweispflichtige Beklagte solche Gründe nicht aufgezeigt hat, musste der Kläger der Anordnung der Beklagten, im Betrieb zu einem Personalgespräch zu erscheinen, nicht nachkommen. Die Abmahnung ist daher zu Unrecht erfolgt, weshalb der Kläger ihre Entfernung aus der Personalakte verlangen kann.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 2. November 2016 – BAG 10 AZR 596/15; Pressemitteilung Nr. 59/16)

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VonRA Moegelin

Entgeltfortzahlung für Aufenthalt im Wellnesscenter

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beach-sceneEine ambulante Kur die der Vorsorge dient, begründet nach Ansicht des BAG keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für den Arbeitnehmer, wenn sie den Charakter von Urlaub hat. Zwar haben gesetzlich Versicherte während einer ambulanten Vorsorgekur gegen ihren Arbeitgeber ausschließlich dann Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn die vom Sozialleistungsträger (zB Krankenkasse) bewilligte Maßnahme in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation iSd. § 107 Abs. 2 SGB V durchgeführt wird. Erforderlich ist zudem, dass die Maßnahme keinen urlaubsmäßigen Zuschnitt hat. Genau das trifft jedoch auf den hier entschiedenen Fall der Klägerin zu, die seit 2002 beim beklagten Land als Köchin beschäftigt ist. Vom 4. bis zum 24. Oktober 2013 unterzog sie sich einer von der AOK Niedersachsen bezuschussten ambulanten Kur auf der Insel Langeoog. Im dortigen Kur- und Wellnesscenter erhielt sie nach ihrem Vorbingen insgesamt 30 Anwendungen, nämlich je sechs Meerwasserwarmbäder, Bewegungsbäder, Massagen, Schlickpackungen und Lymphdrainagen. Außerdem sollte sie täglich in der Brandungszone inhalieren. Das beklagte Land weigerte sich im Vorfeld, die Klägerin für die Dauer der Kur unter Fortzahlung ihrer Vergütung freizustellen. Daraufhin beantragte die Klägerin Urlaub, der ihr bewilligt wurde. Mit ihrer Klage hat sie geltend gemacht, der genommene Urlaub dürfe nicht auf den Urlaubsanspruch angerechnet werden. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision der Klägerin ist erfolglos geblieben. Besteht – wie im Streitfall – keine Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, dürfen Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation nach § 10 Bundesurlaubsgesetz nicht auf den Urlaub angerechnet werden, wenn ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht. Ein solcher Anspruch setzt bei gesetzlich Versicherten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EFZG voraus, dass die vom Träger der Sozialversicherung oder einem sonstigen Sozialleistungsträger bewilligte ambulante Vorsorgekur in einer Einrichtung der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation durchgeführt wird. Das sind nur Einrichtungen, die den Anforderungen des § 107 Abs. 2 SGB V genügen.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Mai 2016 – BAG 5 AZR 298/15; Pressemitteilung Nr. 25/16)

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VonRA Moegelin

Heimliche Videoaufnahmen vom Arbeitnehmer

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DooFi_Consulting_detective_with_pipe_and_magnifying_glass_silhouette_Ein Arbeitgeber kann grundsätzlich Arbeitnehmer überwachen lassen, wenn er wie im hier einschlägigen Fall den Verdacht hat, dass eine Krankheit nur vorgetäuscht ist. Wenn der Verdacht aber nicht auf konkreten Tatsachen beruht, droht ihm Schmerzensgeld wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts seines Arbeitnehmers.

Dem zugrunde lag der einer Arbeitnehmerin (Klägerin), die bei ihrem Arbeitgeber (Beklagten) seit Mai 2011 als Sekretärin der Geschäftsleitung tätig war. Ab dem 27. Dezember 2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt, zunächst mit Bronchialerkrankungen. Für die Zeit bis 28. Februar 2012 legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, zuerst vier eines Facharztes für Allgemeinmedizin, dann ab 31. Januar 2012 zwei einer Fachärztin für Orthopädie. Der Geschäftsführer der Beklagten bezweifelte den zuletzt telefonisch mitgeteilten Bandscheibenvorfall und beauftragte einen Detektiv mit der Observation der Klägerin. Diese erfolgte von Mitte bis Ende Februar 2012 an vier Tagen. Beobachtet wurden ua. das Haus der Klägerin, sie und ihr Mann mit Hund vor dem Haus und der Besuch der Klägerin in einem Waschsalon. Dabei wurden auch Videoaufnahmen erstellt. Der dem Arbeitgeber übergebene Observationsbericht enthält elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen. Die Klägerin hält die Beauftragung der Observation einschließlich der Videoaufnahmen für rechtswidrig und fordert ein Schmerzensgeld, dessen Höhe sie in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Sie hält 10.500 € für angemessen. Die Klägerin habe erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten, die ärztlicher Behandlung bedürften.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 1.000 € stattgegeben. Die Revisionen beider Parteien blieben vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. Ein Arbeitgeber, der wegen des Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit einem Detektiv die Ãœberwachung eines Arbeitnehmers überträgt, handelt rechtswidrig, wenn sein Verdacht nicht auf konkreten Tatsachen beruht. Für dabei heimlich hergestellte Abbildungen gilt dasselbe. Eine solche rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann einen Geldentschädigungsanspruch in Form von Schmerzensgeld begründen (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 19. Februar 2015 – 8 AZR 1007/13).

Die Observation einschließlich der heimlichen Aufnahmen war rechtswidrig. Der Arbeitgeber hatte keinen berechtigten Anlass zur Überwachung. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen war weder dadurch erschüttert, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten, noch durch eine Änderung im Krankheitsbild oder weil ein Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes war revisionsrechtlich nicht zu korrigieren. Es war nicht zu entscheiden, wie Videoaufnahmen zu beurteilen sind, wenn ein berechtigter Anlass zur Überwachung gegeben ist.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Februar 2015 – BAG 8 AZR 1007/13

Siehe auch Pressemitteilung Nr. 7/15 des Bundesarbeitsgerichts.

 

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VonRA Moegelin

Entgeltfortzahlung bei Alkoholabhängigkeit des Arbeitnehmers

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Caution-alcoholismBei Arbeitsunfähigkeit erhält der Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung, wenn ihn kein Verschulden hierfür trifft. Das folgt aus § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Das BAG hatte zu entscheiden, inwieweit eine Alkoholabhängigkeit zur schuldhaft verursachten Arbeitsunfähigkeit führt.

Zugrunde lag der Fall eines alkoholabhängigen Arbeitnehmers, der war seit dem Jahr 2007 bis zum 30. Dezember 2011 in einem Arbeitsverhältnis war.  Sein Arbeitgeber wurde von seiner  gesetzlichen Krankenkasse auf Entgeltfortzahlung verklagt und zwar aus übergegangenem Recht (§ 115 SGB X) wegen Krankengelds von 1.303,36 € für die Zeit vom 29. November bis zum 30. Dezember 2011. Diesen Betrag leistete die Krankenkasse an den alkoholabhängigen Arbeitnehmer. Ursache hierfür war, dass betreffender Arbeitnehmer am 23. November 2011 mit einer Alkoholvergiftung (4,9 Promille) in ein Krankenhaus eingeliefert und in der Folge für über zehn Monate arbeitsunfähig erkrankt war. Zuvor hatte er zwei stationäre Entzugstherapien durchgeführt. Es kam jedoch immer wieder zu Rückfällen.

Die Krankenkasse hat in allen Instanzen gewonnen. Auch das BAG folgte der Argumentation der Krankenkasse, wonach es an einem Verschulden des Arbeitnehmers für seinen Alkoholkonsum am 23. November 2011 fehle.

Das BAG hat klargestellt, dass es sich bei einer Alkoholabhängigkeit es sich um eine Krankheit handelt. Wird ein Arbeitnehmer infolge seiner Alkoholabhängigkeit arbeitsunfähig krank, kann nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Erkenntnisse nicht von einem Verschulden im Sinne des Entgeltfortzahlungsrechts ausgegangen werden. Die Entstehung der Alkoholsucht ist vielmehr multikausal, wobei sich die unterschiedlichen Ursachen wechselseitig bedingen. Dies gilt im Grundsatz auch bei einem Rückfall nach einer durchgeführten Therapie. Im Hinblick auf eine Abstinenzrate von 40 bis 50 % je nach Studie und Art der Behandlung kann nach einer durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme jedoch ein Verschulden des Arbeitnehmers an einem Rückfall nicht generell ausgeschlossen werden. Der Arbeitgeber kann deshalb in diesem Fall das fehlende Verschulden bestreiten. Das Arbeitsgericht hat dann ein medizinisches Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob der Arbeitnehmer den Rückfall schuldhaft iSd. § 3 Abs. 1 EFZG herbeigeführt hat. Lässt sich dies nicht eindeutig feststellen, weil ein Ursachenbündel hierfür vorliegt, geht dies zulasten des Arbeitgebers. Das im konkreten Fall eingeholte sozialmedizinische Gutachten hat ein Verschulden des Arbeitnehmers unter Hinweis auf die langjährige und chronische Alkoholabhängigkeit und den daraus folgenden „Suchtdruck“ ausgeschlossen.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 18. März 2015: BAG 10 AZR 99/14

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VonRA Moegelin

Krankheitsbedingte Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen

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cgbug-Halloween-Tombstone-Angry-FaceEine Hilfsgärtnerin wehrte sich gegen die außerordentliche Kündigung ihrer Arbeitgeberin die Friedhöfe betreibt. In den letzten rund 11 Jahren war die Klägerin wegen unterschiedlicher Erkrankungen wiederholt arbeitsunfähig. Sie stellte sich mehrfach beim Personalärztlichen Dienst vor, der ihr stets eine positive Prognose attestierte. Zuletzt war die Klägerin in der Zeit vom 16.11.11 bis zum 19.12.11 arbeitsunfähig erkrankt.

Mit Schreiben vom 9.12.11 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie nunmehr abschließend entschieden habe, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Gleichzeitig unterbreitete sie ihr ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Dieses halte sie bis zum 06.01.12 aufrecht. Die Klägerin nahm das Angebot nicht an. Am 16.01.12 beantragte die Beklagte beim Personalrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist. Der Personalrat teilte mit Schreiben vom 19.01.12 mit, dass er seine Zustimmung verweigert habe. Mit Schreiben vom 02.02.12 rief die Beklagte die Einigungsstelle an. Diese ersetzte die Zustimmung am 27.03.12.

Noch am selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Die Vorinstanzen haben der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben. Das BAG hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Häufige Kurzerkrankungen können ein Dauertatbestand sein, der den Lauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB ständig neu in Gang setzt, sobald und solange wie sie den Schluss auf eine dauerhafte Krankheitsanfälligkeit zulassen und damit eine negative Gesundheitsprognose begründen (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Januar 2014 – 2 AZR 582/13).

Nach der Rechtsprechung gilt bei Dauertatbeständen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sich der Kündigungssachverhalt und seine betrieblichen Auswirkungen fortwährend neu verwirklichen, dass sich der Fristbeginn nach § 626 Abs. 2 BGB nicht eindeutig fixieren lässt. Liegt ein solcher Tatbestand vor, reicht es zur Fristwahrung aus, dass die Umstände, auf die der Arbeitgeber die Kündigung stützt, auch noch bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung gegeben waren. Maßgebend ist vielmehr allein, ob der Kündigungsgrund, dh. die auf der fortbestehenden Krankheitsanfälligkeit beruhende negative Prognose sowie die sich daraus ergebende erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen, noch bis mindestens zwei Wochen vor Zugang der Kündigung fortbestanden hat. Eine Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit steht dem nicht zwangsläufig entgegen. Der Dauertatbestand endet erst, wenn der Kündigungsgrund als solcher entfällt.

Die Mitteilung der Beklagten, sie „habe nunmehr abschließend entschieden“, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, ändere nichts daran, dass sich auch dann der Kündigungsgrund, sollte er bestehen, fortlaufend neu verwirklicht. Daraus ließe sich nicht entnehmen, die Beklagte werde nach Ablauf weiterer zwei Wochen aus den krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen mehr ziehen. Aus dem gleichzeitig unterbreiteten und bis zum 6. Januar 2012 aufrecht erhaltenen Auflösungsangebot konnte die Klägerin ersehen, dass die Beklagte vor diesem Zeitpunkt eine Kündigung nicht erklären würde. Da die Beklagte den Personalrat bereits am 16. Januar 2012 um Zustimmung zur nunmehr beabsichtigten Kündigung ersucht hat, durfte die Klägerin auch nach dem Ablauf der Frist zur Annahme des Angebots am 6. Januar nicht darauf vertrauen, die Beklagte werde von einer Kündigung Abstand nehmen. Nach alldem ist der Kündigungsgrund nicht entfallen, so dass die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten hat.

Es fehlt nach Ansicht des BAG aber an einer negativen Gesundheitsprognose. Der Verlauf der krankheitsbedingten Fehlzeiten rechtfertige nicht die Prognose, die Klägerin werde künftig im gleichen Maße fehlen wie in den vergangenen mehr als zehn Jahren. Ebenso erscheint die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar. Die künftig zu erwartenden Fehlzeiten der Klägerin führen auch dann nicht zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung der Beklagten, wenn diese für sämtliche Krankheitszeiten das Entgelt fortzahlen müsste. Der Jahreslohnsumme auf Seiten der Beklagten stehe nach wie vor eine nennenswerte Arbeitsleistung auf Seiten der Klägerin gegenüber.

Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts:  BAG, Urteil vom 23. Januar 2014 – 2 AZR 582/13

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