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VonRA Moegelin

Vorzeitige Wiederbestellung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft

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ProfitChartCurve-Simpletutorials_netDer BGH hatte zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft vorzeitig wiederbestellt werden kann.

Der Kläger ist Mitglied des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft, an der zwei Familienstämme beteiligt sind. Am Tag vor der Hauptversammlung vom 7. Juli 2007 beschloss der Aufsichtsrat, zwei Vorstandsmitglieder, die einem Familienstamm zuzurechnen waren, unter „einvernehmlicher Aufhebung“ ihrer noch bis zum Januar 2010 laufenden Bestellung für jeweils fünf Jahre bis Juli 2012 erneut zu Vorstandsmitgliedern zu bestellen.

Der für diesen Fall streitentscheidende § 84 Abs. 1 AktG (Bestellung und Abberufung des Vorstands) ist wie folgt gefasst:

„Vorstandsmitglieder bestellt der Aufsichtsrat auf höchstens fünf Jahre. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils für höchstens fünf Jahre, ist zulässig. Sie bedarf eines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, der frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefaßt werden kann. Nur bei einer Bestellung auf weniger als fünf Jahre kann eine Verlängerung der Amtszeit ohne neuen Aufsichtsratsbeschluß vorgesehen werden, sofern dadurch die gesamte Amtszeit nicht mehr als fünf Jahre beträgt. Dies gilt sinngemäß für den Anstellungsvertrag; er kann jedoch vorsehen, daß er für den Fall einer Verlängerung der Amtszeit bis zu deren Ablauf weitergilt.“

Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass die Aufsichtsratsbeschlüsse über die Wiederbestellung der beiden Vorstandsmitglieder nichtig sind. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Nach seinen Feststellungen wurden die Beschlüsse über die vorzeitige Wiederbestellung für fünf Jahre vor dem Hintergrund von Streitigkeiten zwischen den Familienstämmen gefasst, um für den am nächsten Tag von der Hauptversammlung zu wählenden neuen Aufsichtsrat „vollendete Tatsachen“ zu schaffen.

Die Wiederbestellung eines Vorstandsmitglieds für (höchstens) fünf Jahre nach einverständlicher Amtsniederlegung früher als ein Jahr vor Ablauf der ursprünglichen Bestelldauer ist grundsätzlich zulässig und stellt auch dann, wenn für diese Vorgehensweise keine besonderen Gründe gegeben sind, keine unzulässige Umgehung des § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG dar (Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. 7. 2012 – II ZR 55/11).

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass nach § 84 Abs. 1 AktG eine Wiederbestellung des Vorstandsmitglieds für (höchstens) fünf Jahre nach einverständlicher Amtsniederlegung auch ohne besondere Gründe zulässig ist.

Eine – unzulässige – Gesetzesumgehung liegt dann vor, wenn der Zweck einer zwingenden Rechtsnorm dadurch vereitelt wird, dass andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten missbräuchlich verwendet werden. Diese Voraussetzungen sieht der BGH in Bezug auf § 84 Abs. 1 Satz 3 AktG als nicht erfüllt an.

Insbesondere der Sinn und Zweck des § 84 Abs. 1 AktG lassen diese Möglichkeit zu. Entscheidend ist für den BGH danach, dass der Aufsichtsrat sich nicht länger als nach § 84 Abs. 1 AktG zulässig bindet und mindestens alle fünf Jahre über die Verlängerung der Amtszeit des Vorstandsmitglieds eine Entscheidung trifft. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Dass der neue Aufsichtsrat durch die Entscheidung gebunden wird, macht sie nicht unzulässig. Denn der Aufsichtsrat in seiner jeweiligen personellen Zusammensetzung hat kein Recht, den Vorstand ohne Rücksicht auf die Laufzeit der Bestellungen mit Mitgliedern seines Vertrauens zu besetzen. Gründe, aus denen die Wiederbestellung im konkreten Fall rechtsmissbräuchlich hätte sein können, waren nicht ersichtlich.

Volltext des Urteils des Bundesgerichtshofs: BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 – II ZR 55/11

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