Rechtsmittel einlegen – Gerichtstermine wahrnehmen: Hochschulbildung nicht erforderlich

VonRA Moegelin

Rechtsmittel einlegen – Gerichtstermine wahrnehmen: Hochschulbildung nicht erforderlich

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glassy-smiley-failureEine juristische Sachbearbeiterin für das Sozialversicherungsrecht erhielt zuletzt von ihrem Arbeitgeber 4.765,00 € brutto monatlich, basierend auf der Entgeltgruppe 8 des Entgelttarifvertrages der Deutschen BKK. Nach Ansicht der Volljuristin müsste sie aber nach der Entgeltgruppe 9 bezahlt werden.

Besagter Tarifvertrag regelt auszugsweise wie folgt:

„Entgeltgruppe 8: Beschäftigte mit Tätigkeiten, die sich durch das Maß der Verantwortung aus der EGr 7 herausheben, z. B.:  1. Teamleiter, dem mindestens 8 Sachbearbeiter bis EGr 7 ständig unterstellt sind, 2. Sachbearbeiter mit besonderen Aufgaben der Sachbearbeitung, der sich durch besondere Schwierigkeit oder Bedeutung oder das Maß der Verantwortung aus der EGr 7 heraushebt, 3. Fachreferent, z. B. Grundsatz für spezielle Aufgabengebiete.

Entgeltgruppe 9: Beschäftigte mit Tätigkeiten, die eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung oder gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern. z. B.:  1. Leiter einer Filiale, 2. Leiter bei der Zentrale, 3. Fachreferent der sich durch besondere Schwierigkeit oder Bedeutung oder das Maß der Verantwortung aus der EGr 8 heraushebt, z.B. Grundsatz für umfassende Aufgabengebiete und Revision, 4. Teamleiter, die sich durch das Maß der Verantwortung aus der EGr 8 herausheben (Abwesenheitsvertreter in größeren Filialen und Abteilungen), 5. Verkaufsleiter.“

Ihre beim Arbeitsgericht geltend gemachte Eingruppierungsklage begründet die Juristin unter anderem damit, dass die ihr zugewiesenen Aufgaben zu 75 % in der eigenverantwortlichen Bearbeitung und Durchführung von zivilrechtlichen Klageverfahren. Soweit streitwertabhängig oder in Berufungssachen die Zuständigkeit der Landgerichte gegeben sei, erteile sie den konkreten Klageauftrag an Anwälte und führe die Korrespondenz. Verantwortlich und selbständig betreibe sie die gerichtlichen Verfahren, die in die Zuständigkeit der Amtsgerichte fallen und führe Beweissicherungsverfahren durch.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Bearbeiten von zivilrechtlichen Klageverfahren (unter anderem das Beurteilen der Wirtschaftlichkeit und die Erfolgsaussicht einer Klage; Erstellen von Klageschriften, Schriftsätzen und Repliken; Recherchieren von Beweismitteln; Korrespondieren mit Anwälten; Wahrnehmen von Gerichtsterminen; Einlegung von Rechtsmitteln) rechtfertigt nicht die Eingruppierung nach der Entgeltgruppe 9 des Entgelttarifvertrages der Deutschen BKK. Es handelt sich nicht um Tätigkeiten, die eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung oder gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten im Sinne der Tarifvorschrift erfordern (Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 9. Juli 2014 11 Ca 732/14).

Bei der Durchführung von Klageverfahren handele es sich nicht um Tätigkeiten im Sinne der tariflichen Entgeltgruppe 9, die eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung oder gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten erfordern. Eine solche Qualifikation sei keine formale Voraussetzung für die Tätigkeit der Klägerin. Insbesondere sei das Einreichen von Schriftsätzen bei den Amtsgerichten nicht daran gebunden. Erst die den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit vor den Landgerichten setze eine wissenschaftliche Hochschulbildung voraus. Die Gleichstellung gleichwertiger Kenntnisse und Fähigkeiten belege, dass es nicht darauf ankommt, dass die Klägerin tatsächlich eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung hat.

Volltext des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart: ArbG Stuttgart, Urteil vom 9. Juli 2014 – 11 Ca 732/14

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