Diplomat darf wegen immunität Arbeitnehmerin ausbeuten

VonRA Moegelin

Diplomat darf wegen immunität Arbeitnehmerin ausbeuten

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flower-behind-barsDer akkreditierte Attaché der Botschaft des Königreichs S. soll seine mit Arbeitsvertrag angestellte Haushaltshilfe in ausbeuterischer Weise beschäftigt haben, vergleichbar mit einer Sklavin. Diese habe den Haushalt des Beklagten nicht verlassen dürfen und sei zur Arbeitsleistung an sieben Tagen in der Woche mit Arbeitszeiten von bis zu zwanzig Stunden am Tag angehalten worden; hierbei sei es ständig zu körperlichen Misshandlungen und Erniedrigungen seitens des Beklagten und seiner Familienangehörigen gekommen. Entgegen der vertraglichen Vereinbarung sei eine eigene Unterkunft nicht gewährt worden; ihre Rechtsvorgängerin habe vielmehr ohne Matratze und warme Kleidung mit einer dünnen Decke auf dem Boden des Kinderzimmers schlafen müssen. Die zugesagte Verpflegung habe aus Essensresten bestanden. Eine Vergütung habe ihre Rechtsvorgängerin bis zu ihrer Flucht nicht erhalten.

Die Haushaltshilfe und spätere Klägerin macht deswegen den Ausgleich von Entgeltansprüchen, Schmerzensgeld und Schadensersatz geltend. Ihre Klage wurde in 1. Instanz abgewiesen.

Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage wegen der Immunität des Attachés bestätigt. Demnach sei die deutsche Gerichtsbarkeit gemäß § 18 GVG nicht zuständig. Die Verletzung der Rechte der Klägerin, unter anderem wegen der nicht möglichen Rechtsverfolgung in Deutschland wiegen nicht so schwer wie die diplomatischen Beziehungen Deutschlands zu den jeweils beteiligten Staaten (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. November 2011 – 17 Sa 1468/11).

Die Mitglieder der in der Bundesrepublik Deutschland errichteten diplomatischen Missionen sind gemäß § 18 Satz 1 GVG nach Maßgabe des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Der beklagte Attaché genießt daher als Diplomat nach Ansicht des Gericht Immunität (auch) vor der Arbeitsgerichtsbarkeit.

Der Ausschluss des Zivilrechtswegs sei schließlich bei einer Abwägung der Belastungen der Partei, die ihre Ansprüche nicht gerichtlich geltend machen kann, mit den Vorteilen, die die Diplomatenimmunität für die Allgemeinheit mit sich bringt, verhältnismäßig. An der Sicherung der diplomatischen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland besteht angesichts ihrer Stellung in der internationalen Gemeinschaft ein überragendes Gemeinwohlinteresse, hinter dem das Interesse des Einzelnen, einen durch § 18 GVG geschützten Diplomaten zu verklagen, zurückstehen müsse. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Diplomatenimmunität nicht zu einem Anspruchsverlust führe. Der Diplomat genieße ferner im Entsendestaat keine Immunität gemäß Art. 31 Abs. 4 WÜD, d.h., ein gegen ihn gerichteter Anspruch könne dort gerichtlich geltend gemacht werden.

Das LAG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Volltext des Urteils Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. November 2011 – 17 Sa 1468/11

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