Das Verlangen nach Kündigung des Vorgesetzten wegen sexuellen Missbrauchs

VonRA Moegelin

Das Verlangen nach Kündigung des Vorgesetzten wegen sexuellen Missbrauchs

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paragrafDas Arbeitsgericht Solingen hat mit zweifelhafter Begründung die Klage eines Arbeitnehmers abgewiesen, der von seinem Arbeitgeber die Kündigung seines Vorgesetzten verlangte, der ihn auf einer gemeinsamen Dienstreise sexuell missbraucht haben soll.

Der Kläger hat geltend gemacht, sein Vorgesetzter habe ihn auf einer gemeinsamen Dienstreise sexuell missbraucht. Der Vorgesetzte ist mit Urteil des Amtsgerichts Solingen am 14.11.2014 wegen schweren sexuellen Missbrauchs zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten verurteilt worden. Der Vorgesetzte hat hiergegen Rechtsmittel eingelegt.

Das Arbeitsgericht Solingen hat die Klage abgewiesen.

Ein Arbeitnehmer hat gemäß § 12 Abs. 3 AGG nur dann Anspruch auf Entlassung eines anderen Arbeitnehmers, wenn nur dies das Ergebnis einer rechtsfehlerfreien Ermessensentscheidung sein kann. Täuscht ein Vorgesetzter seinen Mitarbeiter, so dass beide auf einer Dienstreise in einem Hotelzimmer übernachten, und missbraucht ihn dann sexuell, liegen die Voraussetzungen vor. Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Arbeitnehmer. Regelmäßig besteht keine Plficht zur Entlassung, wenn nur ein Verdacht vorliegt (Arbeitsgericht Solingen vom 24. Februar 2015 – 3 Ca 1356/13).

Der Kläger habe im Grundsatz Anspruch auf die Ausübung rechtsfehlerfreien Ermessens durch den Arbeitgeber, so auch wie im hier einschlägigen Fall bei einem sexuellen Missbrauch. Hierbei ist nach Ansicht des Gerichts eine Ermessensreduzierung möglich, die auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines anderen Arbeitnehmers abzielt.

Das Gericht hat Beweis erhoben, unter anderem durch Vernehmung des Vorgesetzten sowie des Vaters des Klägers. Aufgrund der Beweisaufnahme steht nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass der Vorgesetzte den Kläger sexuell missbraucht hat. Im Rahmen einer Analyse der Zeugenaussagen und der Anhörung des Klägers sei zwar die Darstellung des Klägers überwiegend wahrscheinlich, da diese mehr sogenannte Realkennzeichen aufweise, die für die Glaubhaftigkeit sprechen. Allerdings verbleiben Zweifel, so dass der Kläger das Beweislastrisiko zu tragen habe.

Die Darstellung des Klägers erachtet das Gericht „überwiegend wahrscheinlich“, aber anscheinend doch nicht so wahrscheinlich, denn es „verbleiben Zweifel“. Das Gericht bezieht sich wie folgt auf auf die Rechsprechung: „Für die von § 286 ZPO geforderte Ãœberzeugung des Tatrichters bedarf es aber keiner absoluten oder unumstößlichen Sicherheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises, sondern nur eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BAG, 23.10.2014 – 2 AZR 865/13).“

Wenn es keiner absoluten Sicherheit zum Nachweis bedarf, erscheint überwiegende Sicherheit durchaus als ausreichend, um den Nachweis als geführt zu sehen. Daher erscheint es widersprüchlich, aufgrund von „Zweifeln“ als Tatrichter nicht vom Nachweis überzeugt zu sein, wenn andererseits „überwiegend wahrscheinlich“ der Nachweis erbracht wurde.

In der Presse ist der Fall als irritierend angesehen worden.

Volltext des Urteils des Arbeitsgericht Solingen: ArbG Solingen, Urteil vom 24. Februar 2015 – 3 Ca 1356/13

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